13. November 2004

Märchensammlung von Claus Stephani / Judaicatitel 2004

Vor kurzem fand in Klausenburg die 14. Internationale Tagung zum Thema „Jüdische Beiträge zu den modernen Kunstbestrebungen des 19. und 20. Jahrhunderts“ statt. Veranstalter waren die Babes-Bolyai-Universität und das „Dr. Moshe Carmilly“-Institut. Dieses 1990 gegründete Institut für Hebräische und Jüdische Geschichte – Leiter Prof. Ladislau Gyémánt – befindet sich in einer ehemaligen Synagoge und gehört heute zu den renommiertesten wissenschaftlichen Einrichtungen Europas in diesem Fachbereich.
Unter den Referenten, Kunsthistorikern und Vertretern berühmter Universitäten, die aus New York (Prof. Emily Braun, Prof. Moshe Weinberger), Los Angeles (Prof. Moshe Lazar), London (Prof. Pauline Paucker), Jerusalem (Prof. Emily Bilski, Prof. Richard Cohen), Budapest (Dr. Rita Horvát, Dr. Kinga Frojimovics), Ljubliana/Laibach (Dr. Janez Premk) und Piatra Neamt (Dr. Emanuel Nadler) angereist waren, befand sich auch als einziger geladener bundesdeutscher Gast, Dr. Claus Stephani (München), der über „Daniel Spoerri und das Konzept der Eat-Art. ‚Alltagskultur’ und zeitgenössische Kunst“ referierte. Daniel Spoerri, der nach 1942 in der Schweiz und später in Deutschland lebte und 1988 im norditalienischen Seggiano den weltberühmten Kunstgarten „Il Giardino“ eingerichtet hat, stammt aus der Hafenstadt Galatz.



In Klausenburg: Prof. Alexandru Singer (rechts) und Dr. Claus Stephani. Foto: Ion Felecan
In Klausenburg: Prof. Alexandru Singer (rechts) und Dr. Claus Stephani. Foto: Ion Felecan


Im Rahmen der dreitägigen Veranstaltungen wurden sodann in festlichem Rahmen, in der „Glaspyramide“ des Universitätshauses, im Beisein diplomatischer Vertreter, Wissenschaftler, Künstler, internationaler Presse- und Fernsehjournalisten, die vier wichtigsten Buchveröffentlichungen des Jahres 2004 zum siebenbürgischen und rumänischen Judentum vorgestellt. In seiner Ansprache würdigte Prof. Nicolae Bocsan, Rektor der Universität Babes-Bolyai, die besonderen Verdienste der vier Buchautoren, deren Werke nun auch in englischer bzw. rumänischer Fassung vorliegen: Prof. Ernö Lázárovits, Budapest (Reise durch die Hölle. Erinnerungen an den Holocaust), Prof. Ladislau Gyémánt (Die Juden Siebenbürgens. Geschichte und Schicksal), Dr. Claus Stephani (Ostjüdische Märchen aus den Karpaten) und Dr. Emanuel Nadler (Victor Brauner. Ein Künstler der Avantgarde).

Prof. Alexandru Singer, Leiter des bekannten Bukarester Hasefer Verlags, wo Stephanis Sammelband „Basme evreiesti“ – nach den erfolgreichen deutschen und italienischen Ausgaben im Diederichs Verlag, München, bzw. Newton & Compton Editori, Rom – nun auch in rumänischer Sprache (Übersetzerin: Ruxandra G. Hosu) erschienen ist, würdigte in einer ausführlichen Buchpräsentierung die Leistungen des Ethnologen und Schriftstellers und sagte unter anderem: „Claus Stephani war der erste Erzählforscher, der mit Tonband und Fotokamera die letzten jüdischen Handwerker, Bauern und Hirten in Nordsiebenbürgen und in der Maramuresch aufgesucht hat, um ihre Märchen und Sagen aufzuzeichnen und sie so vor dem Vergessen zu bewahren (...). Eine Welt, farbig und phantasievoll, ist bald danach aus unserem Blickfeld verschwunden, doch sie lebt nun weiter in den Texten und Bildern eines einmaligen Buches.“

In einem Interview für die rumänische Fernsehsendung „Shalom“ berichtete Stephani über seinen Weg zur jüdischen Märchenwelt, der beim Aufzeichnen von siebenbürgisch-sächsischen Volkserzählungen im Nösnerland begonnen hatte. In einigen ländlichen Ortschaften, wo vor dem Holocaust Sachsen und Juden in guter Nachbarschaft beisammen gelebt hatten, erhielt Stephani die ersten Hinweise auf eine Erzählwelt, die bis dahin in jenen Teilen Siebenbürgens noch nicht aufgezeichnet worden war. An beide traditionsgeprägten Ethnien und ihre jahrhundertjährige Präsenz erinnern heute oft nur noch „die letzten stummen Zeugen“ – Friedhöfe und leere Gotteshäuser. Daher sind solche Erzählungen, Geschichten und Erinnerungen für die Nachwelt von großer Bedeutung.

Maja Wassermann


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