16. November 2004

Herausgeber von niveauvollen Rumänien-Studien

Der deutsche Wissenschaftsbetrieb widmet sich Rumänien nur in geringem Maße. Umso mehr ist die Initiative von Dr. Hans-Christian Maner zu begrüßen, der eine Buchreihe zur Geschichte, Politik und Kultur sowie zur Literatur und Landeskunde Rumäniens initiiert hat und im Gardez!-Verlag betreut.
Der 1963 im siebenbürgischen Martinskirch (Tarnaveni) geborene Maner hat Osteuropäische Geschichte, Mittlere und Neuere Geschichte, Religionswissenschaften und Theologie sowie Politikwissenschaften in Tübingen und Mainz studiert. Nach seiner Promotion im Jahr 1996 war er am Geisteswissenschaftlichen Zentrum für Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas in Leipzig tätig, wo er vor wenigen Monaten auch habilitiert wurde. Seit 2002 arbeitet Dr. Maner als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mainz, wo er sich mit Themen zur Geschichte der Habsburgermonarchie im 18. und 19. Jahrhundert beschäftigt.

Maners Mitherausgeber der Rumänien-Studien ist Serban Papacostea, Jahrgang 1928, Absolvent der Fakultät für Geschichte und Geographie in Bukarest, der nach 1990 Direktor des Geschichtsinstituts „Nicolae Iorga“ war und nach wir vor korrespondierendes Mitglied der Rumänischen Akademie ist.

Bisher sind in der Reihe „Rumänien-Studien“ im Gardez!-Verlag drei Bände erschienen, die nachfolgend kurz vorgestellt werden sollen:

Dietmar Müller: Agrarpopulismus in Rumänien. Programmatik und Regierungspraxis der Bauernpartei und der Nationalbäuerlichen Partei Rumäniens in der Zwischenkriegszeit. Band 1, 2002, 196 Seiten, 29,95 Euro, ISBN 3-89796-068-0. Die Nationalbäuerliche Partei Rumäniens und die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen waren und sind Objekte vielfältiger historischer Mythenbildungen. In der Zwischenkriegszeit habe ein präsozialistischer, linear verlaufender Modernisierungsprozess in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht stattgefunden, wobei die Nationalbäuerliche Partei eine noch positivere Rolle gespielt habe als die Nationalliberale Partei Rumäniens, stellt Müller fest. Auf einer breiten wirtschaftsgeschichtlichen Grundlage werden in dieser Studie die Wirtschaftsdoktrin und -politik der Nationalbäuerlichen Partei analysiert. Dietmar Müller, 1969 in Hermannstadt geboren, studierte Geschichte und Osteuropastudien an der Freien Universität Berlin und der School for Slavonic and East European Studies in London.

Andreas Saurer: Modernisierung und Tradition. Das Rumänische Dorf 1918-1989. Band 2, 2003, 140 Seiten, 24,95 Euro, ISBN 3-89796-096-6. Die Studie untersucht den Wandel der Dorfrealität zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Hinrichtung des autoritären Herrschers Nicolae Ceausescu an Weihnachten 1989. Der vom jeweiligen politischen System gegebene strukturelle gesellschaftliche und ideologische Kontext wird in der vorliegenden Literaturarbeit ebenso beleuchtet wie die individuellen und kollektiven Abwehrstrategien, mit denen die Betroffenen auf diese Integration ohne Partizipation reagiert haben. Deutlich erkennbar werden so über die politische Zäsur von 1944/45 hinaus sowohl Brüche als auch Kontinuitäten im Modernisierungsprozess. Der Schweizer Andreas Saurer, 1963 in Andeer/Graubünden geboren, arbeitet seit 1995 als Auslandsredakteur mit den Schwerpunkten Balkan und Italien bei der Berner Zeitung.

Ulrich Burger: Zwischen Konfrontation und Kooperation. Die „historischen“ Parteien Rumäniens in der politischen Auseinandersetzung mit der Sowjetunion in den Jahren 1944 und 1945. Band 3, 2003, 34,95 Euro, ISBN 3-89796-103-2. Am 23. August 1944 verließ Rumänien das Bündnis mit dem Deutschen Reich, um den Krieg an der Seite der Allierten fortzusetzen. Gleichzeitig geriet das Land durch den Einmarsch der Roten Armee in den unmittelbaren Einflussbereich der Sowjetunion. Die Führer der rumänischen Opposition gegen die Militärdiktatur des Marschalls Ion Antonescu, Iuliu Maniu von der Nationalen Bauernpartei (PNT) und Constantin „Dinu“ Bratianu von der Nationalliberalen Partei (PNL), standen vor dem Dilemma, die Einführung des Kommunismus in Rumänien zu verhindern und gleichzeitig ein Auskommen mit Stalin zu finden. Der 1966 in Bergisch Gladbach geborene Ulrich Burger studierte an der Universität Bonn und promovierte 2001 in Düsseldorf. Gegenwärtig leitet er das Deutsche Kulturzentrum in Klausenburg und ist Lehrbeauftragter an der dortigen Babes-Bolyai-Universität.

Weitere Bücher sind in Vorbereitung, beispielsweise über historische Entwicklungen im 18. und 19. Jahrhundert sowie Übersetzungen und Sammelbände. Im Gespräch erläutert Maner seine Vorstellungen von dem weiteren Ausbau der Studienreihe: Wünschenswert sei eine Ausweitung über den streng historischen Bereich hinaus auf Abhandlungen zu literarischen Themen. Außerdem sollen populärwissenschaftliche Arbeiten aufgenommen werden ebenso Übersetzungen wichtiger rumänischer Sachbücher.

Der Herausgeber Hans-Christian Maner ist an weiteren „veröffentlichungsreifen“ Studien für die Reihe interessiert. Diese sollten dem thematischen Profil der Reihe entsprechen und hohen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Priv.-Doz. Dr. Hans-Christian Maner ist erreichbar unter: Hollerbornstraße 54 a, 65197 Wiesbaden, E-Mail: maner@uni-mainz.de.

Der Gardez!-Verlag wurde 1990 in Mainz von Michael Itschert gegründet, der Hans-Christian Maner während der gemeinsamen Studienzeiten in der rheinland-pfälzischen Hauptstadt kennen lernte. Im Verlag erscheinen mehrere Publikationsreihen, unter anderem aus den Bereichen Germanistik, Philosophie und Publizistik. Wenig bekannt ist dieser Verlag bisher für Veröffentlichungen zu Mittel-, Ost- und Südosteuropa, obwohl neben den „Rumänien-Studien“ auch eine vergleichbare Reihe über Kroatien herausgegeben wird. Die wissenschaftliche Qualität der Schriftenreihen verdient es, stärker in zielgruppenspezifischen Publikationen beworben zu werden.

uk

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 18 vom 15. November 2004, Seite 2004)

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