19. Januar 2005

Zusammengetrieben und nach Russland verschleppt

Aus Anlass der 60 Jahre seit der Deportation der Deutschen aus Rumänien zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion richteten die Kreisgruppe Drabenderhöhe der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen und der Adele-Zay-Verein am 13. Januar 2005 eine Gedenkveranstaltung in Drabenderhöhe aus.
Nach einem Orgelvorspiel von Christian Orben und dem Gemeindegesang begrüßte Pfarrer Hans Klein als Heimvater die Gäste, die recht zahlreich zu dieser Feier erschienen waren, vor allem die, die diese Deportation am eigenen Leib erfahren hatten. Begrüßt wurden ferner den Bürgermeister der Stadt Wiehl, Werner Becker-Blonigen, Wilfried Hahn als Vertreter des Kreistages, Pfarrer Frank Müllenmeister sowie die Verantwortlichen der Veranstaltung, Pfarrer i.R. Kurt Franchy als Vertreter des Adele-Zay-Vereins und des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und die Kreisgruppenvorsitzende Enni Janesch.

Der Landrat Hagen Jobi gedachte schriftlich dieser Feier, da er nicht anwesend sein konnte. Hans Klein betonte, dass der 13. Januar 1945 für die Siebenbürger Sachsen ein „ganz, ganz schwarzer Tag“ gewesen sei. Er machte aber auch deutlich, dass ein Verdrängen der Ereignisse die Sicht auf die Zukunft nur verstellen und alles noch schwerer machen würde.

Der Honterus-Chor unter der Leitung von Regine Melzer schaffte mit dem Lied „Schenke uns deinen Frieden“ einen passenden Übergang zur Ansprache, die Enni Janesch der Deportation in die Sowjetunion widmete.

Und als sie jetzt - sie war damals ein vierjähriges Kind - einen Auszug aus dem Tagebuch eines jungen Mädchens aus Hermannstadt vorlas, gingen die Worte „Sonnabend, der 13. Januar 1945, 9.00 Uhr, es klopft an die Tür, sie sind da, ein rumänischer Kadett, ein Polizist und ein russischer Soldat“ sicher allen Zuhörern „unter die Haut“. Man spürte förmlich die Panik, Hektik und Angst, die in diesen wenigen Worten mitschwang. Man sah im Geiste die Menschen durch das Haus hasten, um dem jungen Mädchen die wichtigsten Sachen in einen Koffer zu packen, bevor sie abgeführt wurde. Und so ging es vielen Tausenden von Volksdeutschen auch aus Ungarn und Jugoslawien, die zusammengetrieben und nach Russland verschleppt wurden, und den Kindern, die weinend und winkend vor den Häusern standen, um Abschied zu nehmen. 15 Prozent der deutschen Einwohner Siebenbürgens – vor allem viele Frauen, da die Männer ja bereits im Krieg waren – wurden in die Arbeitslager im ukrainischen Donezbecken sowie in die Uralregion verschleppt zum Wiederaufbau dessen, was deutsche, rumänische und sowjetische Truppen im Laufe des Krieges zerstört hatten. Knapp zwölf Prozent aller deportierten Siebenbürger Sachsen haben die fünfjährige Deportationszeit nicht überlebt, aber auch viele der Heimkehrer erfuhren so viel körperliches und seelisches Leid, dass sie auch heute noch nicht darüber sprechen können.

Enni Janesch hatte, wie sie sagte, „noch Glück“. Sie wuchs - wie so viele andere Kinder – bei den Großeltern auf. Erst 1958 durfte sie als 17-Jährige zu ihren inzwischen in Oberhausen lebenden Eltern und der Schwester ausreisen.

Nach dem Gemeindegesang fand Pfarrer Franchy Worte des Gedenkens für die vielen Toten, die bezahlt haben für etwas, was sie selbst nicht verschuldet hatten. Der Honterus-Chor trug den Choral „Dona pacem domine“ vor. Während die Heimatglocke läutete, sprach Kurt Franchy Gebet und Segen und beendete diese Gedenkfeier im Zeichen des Andenkens, aber auch der Ermutigung.

Helga Bosch

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