21. Februar 2005

Die Urzeln und ihre Freunde

„Wie kann ich euch helfen?“ fragten einige im Vorfeld des 6. Februar, als sich in Nürnberg der „älteste Fastnachtszug der Welt“, wie die Organisatoren verlauten ließen, wieder mit vielen Karnevalsgesellschaften und bunten, fröhlichen Gruppen, ganz besonders aber auch mit den traditionsreichen Urzeln schmückte.
Auf der Homepage des organisierenden Fördervereins www.fastnachtszug.de waren zu dem Zeitpunkt die siebenbürgisch-sächsischen Urzeln die Einzigen, die sich vorgestellt und ein Brauchtum aufzuweisen haben. Die Urzelnfreunde können dort nachlesen, was es mit dem Handwerkerbrauch der Urzeln auf sich hat.

Im Haus der Heimat Nürnberg, das zusammen mit der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen aus dem Großraum Nürnberg die Teilnahme am Fastnachts-Umzug der Stadt Nürnberg fördert, begann der herbeigesehnte Urzel-Tag mit fröhlichen Urzeln, die aus der Umgebung und sogar aus Heilbronn angereist waren und von mehreren Helfern herzlich begrüßt und u.a. mit Hanklich, Krapfen (ohne Marmelade – so sind richtige Urzelnkrapfen), Schnaps und Wein bewirtet wurden. Die Bäckerei „Ludwig“ hatte Krapfen für den Umzug geliefert, die in einem Handwagen mitgenommen werden, um sie einigen der ca. 100 000 Zuschauer zu schenken. Der Handwagen bietet später den kleinsten Urzeln – Selina Rehm (4) und Michaela Roth (5) – einen Platz zum Ausruhen und für die durstigen Urzeln, die laufend knallen oder die Zuschauer von den durch die Luft sausenden Peitschen und von der Reifenschwingerin fern halten, werden Getränke mitgeführt. Ebenso die teuren Gläser für Gitte Henning, die 19-jährige Reifenschwingerin aus Uehlfeld, die so abgeschliffen sind, dass sie im Reifen gut stapelbar sind. Zu den Klängen des Akkordeons, gespielt von Reinhold Burkart, dem urzelbegeisterten Franken aus Weisendorf, schwang Gitte fehlerfrei im Umzug je ein mit Wein gefülltes Glas, nachher im Haus der Heimat für die Helfer und mit dem nötigen Freiraum dann drei volle gestapelte Gläser. Viel Applaus ernteten sie und die tüchtigen Urzeln für ihr beeindruckendes Knallen.



Urzeln pflegen siebenbürgisch-sächsisches Brauchtum öffentlichkeitswirksam auch in der neuen Heimat, hier vor dem Umzug am Stadtpark in Nürnberg. Foto: Sigrid Roth
Urzeln pflegen siebenbürgisch-sächsisches Brauchtum öffentlichkeitswirksam auch in der neuen Heimat, hier vor dem Umzug am Stadtpark in Nürnberg. Foto: Sigrid Roth


Bei Kälte und Sonnenschein, die beste Mischung für die Urzeln, wurde der Umzug wieder zum schönen Erlebnis für alle Beteiligten. Die Jugend reihte sich diszipliniert ein. Peter Kreußel trug stolz das Schild „Haus der Heimat Nürnberg, URZELN aus Siebenbürgen“ und bei der Urzel-Taufe nach dem traditionellen Urzel-Kraut sprachen alle den Urzelspruch in Agnethler Mundart auf. Der Urzelbrauch ist in ähnlicher Form in Agnetheln gepflegt worden und bekommt durch die spezifische Mundart eine auch von der Jugend akzeptierte deftig-persönliche Note. Inge Alzner, Vorsitzende der Kreisgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen, genoss als Ehrengast das von Martina Kreußel, Mathilde Kenzel, Gertrud Sturm, Hidi Baumann und Hedi Müller zubereitete Urzel-Kraut und die gute Stimmung und lobte den Einsatz der rund 50 Urzeln und deren Freunde beim Erhalt eines alten und sehr interessanten Brauchs. Die Unterhaltung im Haus der Heimat wurde durch Tanz bereichert und am Ende räumten wieder fleißige Hände auf. Allen Helfern und Spendern von Krapfen, Hanklich, Getränken, Kuchen, Brötchen u. a. sei hiermit herzlich gedankt: Hedda Zinz, Hermi Sitorius, Gundi Henning, Monika Kenzel, Erika, Sigrid, Elke und Helene Roth, Manne Brenner, Elke Homm, Hedi Sill, Hiltrud Theiss, Karin Wonner, Dodo Oczko, Hans Maurer, Manfred und Renate Kellner, Jürgen Fernengel, Wilhelm Hoss, Helmut Kreußel und Werner Buchholzer. Hirräi!

Nach einem Ruhetag stiegen am Faschingsdienstag 23 Urzeln zum Teil erneut in ihre Anzüge, um in Weisendorf am „Gaudiwurm“ teilzunehmen. Sehnlichst erwartet, aber von vielen Kindern doch auch gefürchtet, führten die Urzeln den Umzug an. Katharina Ziegler (16) aus Münchaurach spielte für Gitte auf der Klarinette die traditionelle Reifenschwingermelodie. Sie alle wurden bestaunt und ernteten viel Lob, vor allem vom organisierenden Heimatverein. Herta Burkart, Kind einer bukowinadeutschen Mutter, hatte die Urzeln 2004 erstmals für den Umzug gewonnen und für das heurige Jahrbuch von Weisendorf eine Beschreibung des Brauchs angeregt. Sie und Ehemann Reinhold, der als Strohbären-Treiber einen alten fränkischen Brauch pflegt, waren ebenso Gäste im Hause Brigitte und Gerhard Berner wie auch die Urzeln. Die Gastgeber kommen aus Fogarasch und stellten nicht nur ihr Haus zur Verfügung, sondern vor dem Umzug auch ein selbst gemachtes Urzel-Kraut (Krautwickel) auf den Tisch, das mit Genuss verzehrt wurde! Nach dem Umzug wurde bei Berners Kaffee getrunken und u. a. Brigitte mit Sohn Matthias als Urzeln getauft. Etwas verschämt sprach das kleinste Urzelchen, Selina (4), bei ihrer Taufe den deftigen Spruch, auch in Agnethler Mundart. Herzlichen Dank allen, die mitgefeiert und dazu beigetragen haben, dass Brauchtumspflege weiterhin als etwas Schönes, Besonderes und Lebenswertes erlebt wird.

Doris Hutter


Bewerten:

1 Bewertung: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.