17. April 2005

Neue Transsylvanica auf der Musikmesse Frankfurt

Siebenbürgen war auch auf dem diesjährigen weltweit größten Musikforum vom 6.-9. April in Frankfurt am Main gut vertreten. Zwei Schwerpunkte verdienen besondere Aufmerksamkeit: eine Dissertation über das Musikleben in Kronstadt und Waldemar von Baußnerns Kammersymphonie "Himmlische Idylle".
Im Mittelpunkt einer Dissertation des jungen binnendeutschen Musikwissenschaftlers Wolfgang Sand steht das Musikleben Kronstadts von seinen Anfängen bis zum Ende des Habsburgerreiches. In Band VIII der Reihe "Musikgeschichtliche Studien" des Gehann-Musik-Verlags, herausgegeben im Auftrag der "Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa e.V." und gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, zeigt der Autor, dass ihn auch das Neben- und Miteinander der verschiedenen Ethnien besonders fasziniert hat. Das darf uns Siebenbürger Sachsen weder verwundern, noch schockieren. Es tut auch uns gut, einer sorgfältig vor Ort recherchierten Dokumentation, die viele bisher wenig erforschte Details zutage fördert, unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Dass die Siebenbürger Sachsen die abendländisch geprägte kulturelle Tradition Siebenbürgens maßgeblich geprägt haben, steht außer Zweifel. Dass aber im Musikleben ein schon früh einsetzendes Miteinander für alle Teile äußerst fruchtbar war, dürfte nicht so allgemein bekannt sein.

Wer weiß schon, dass bereits der Hermannstädter Stadtrichter Martin Drotleff von Friedenfels 1804 von den Zigeunern schreibt, dass sie "von jeher die Musici der Landesbewohner waren"? Oder wem ist bekannt, dass der bedeutende rumänische Komponist Gheorghe Dima ein gebürtiger Kronstädter und Namenspatron der Klausenburger Musikakademie, am Leipziger Konservatorium seine Ausbildung erhielt, anschließend in Kronstadt eine überaus fruchtbare Tätigkeit entfaltete und 1885 auch noch das Amt des Chormeisters im deutschen Hermannstädter Männergesangverein übernahm? Oder dass der ebenfalls in Kronstadt geborene rumänische Komponist, Dirigent und Sänger Jacob Muresianu ebenfalls am Leipziger Konservatorium studiert hat? Dass sich zu Rudolf Lassel, dem Mentor des Kronstädter Musiklebens, der ebenfalls an der gleichen Institution seine Ausbildung erhalten hatte, gute kollegiale Beziehungen und oft auch Zusammenarbeit ergab, war in Musikerkreisen nichts Außergewöhnliches.

Wer weiß aber, dass ein so durch und durch rumänischer Musiker wie der im Buchenland geborene Ciprian Porumbescu, der Namenspatron der Bukarester Musikakademie, in Wien seine Ausbildung erhielt, vermutlich sogar bei Anton Bruckner, und dass er anschließend eine fruchtbare Tätigkeit ebenfalls in Kronstadt entfaltete, wo er freundschaftliche Beziehungen zu den deutschen Kollegen pflegte. Die Uraufführung der ersten rumänischen Operette "Crai nou" wurde auch vom gesamten Kronstädter musikliebenden Publikum mit großer Anteilnahme gefeiert. Dass andererseits deutsche Chorleiter, wie z.B. Emil Honigberger, die ungarische Chorvereinigung leiteten, gehört ebenso in den Kontext ethnischen Miteinanders, wie die Teilnahme aller Musikbegeisterten und -befähigten im Rahmen der 1876 gegründeten Philharmonischen Gesellschaft, unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit. Das und viel mehr hat der Autor zutage gefördert, der bereits mit seiner Magisterarbeit über "Rudolf Lassel und die evangelische Kirchenmusik in Kronstadt (Siebenbürgen) an der Schwelle zum 20. Jahrhundert" (GMV 070) sein Interesse an der siebenbürgischen Musikgeschichte bekundet hat. Umfangreiche Register, Verzeichnisse wie zahlreiche Illustrationen geben dem 388 Seiten starken Band (GMV 107) dokumentarisches Gewicht.

Waldemar von Baußnern, dem aus Anlass seines 60. Geburtsjahres in Siebenbürgen 1926 ein umfangreiches Musikfest in mehreren Städten gewidmet war - siehe den Doppelband Karl Teutsch / Monica Vlaicu: Waldemar von Bausznern (GMV VIa+b) -, komponierte die Kammersymphonie "Himmlische Idylle" für zehn Solostreicher und Orgel 1916. Sie wurde im Rahmen eines Festkonzerts des Dr. Hoch's Conservatorium in Frankfurt am Main, dessen Leiter Baußnern zu der Zeit war, zu seinem 50. Geburtstag uraufgeführt. An der Aufführung waren so prominente Musiker wie Paul und Rudolf Hindemith und Walter Davisson beteiligt. Da die autographe Partitur verschollen ist, konnte dieses entzückende Werk in letzter Zeit nicht mehr aufgeführt werden. Zum Glück verfügt das Archiv der Baußnern-Gesellschaft e.V. über eine Kopie der Partitur. Sie steht nun als Faksimileausgabe, zusammen mit dem in Computersatz angefertigten Stimmenmaterial, unter GMV 106 wieder zur Verfügung.

Als Rahmenprogramm wurden Werke siebenbürgischer Komponisten durch den von Angela Gehann-Dernbach geleiteten Kammerchor "Cantabile" sowie eine Fülle von Wiedergaben auf Tonträger im Rahmen einer Präsentation der Musik deutscher Sprachinseln in Südosteuropa zu Gehör gebracht.

Weitere Informationen können im Internet unter www.G-M-V.de oder telefonisch unter (0 67 63) 21 95, abgerufen werden.

H. G.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 16 vom 15. April 2005, Seite 6)

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