1. November 2001

Städtepartnerschaft mit Hermannstadt in Sicht

Die Partnerschaft zwischen Hermannstadt und der niederbayerischen Stadt Landshut gibt es offiziell auf dem Papier zwar noch nicht, doch auf Hochglanzprospekte könnte sie bereits jetzt ohne Risiko gebracht werden. Denn die Bemühungen beider Städte um eine echte Vermählung "gestalten sich hervorragend". Das ist das Fazit eines Gesprächs-Marathons mit führenden Hermannstädter Kommunalpolitikern, den Oberbürgermeister Josef Deimer zusammen mit einer 32-köpfigen Landshuter Delegation im Laufe einer dreitägigen Präsentation Landshuts in der siebenbürgischen Stadt absolvierte.
Vom 8. bis 10. Oktober waren Oberbürgermeister Deimer mit seiner Frau Hildegard, Bürgermeister Ludwig Zellner, Vertreter aus allen Fraktionen des Landshuter Stadtrats, des Freundeskreises Landshut-Sibiu, von Hochschule und Schulen, Kirche, Feuerwehr, Selbsthilfegruppen, Klinikum und Landsmannschaften sowie Geschäftsleuten in Hermannstadt zu Gast. "Landshuter Delegation freundschaftlich und warmherzig empfangen", schrieb die rumänische Tageszeitung Tribuna in großen Lettern auf ihre Titelseite. Und so empfanden es auch die Landshuter, nicht nur bei der Begrüßung und dem Abschied von Oberbürgermeister Klaus Johannis auf dem Rollfeld des Hermannstädter Flughafens. In vielen öffentlichen Diskussionen und persönlichen Gesprächen sind sich in den drei Tagen auch viele Bürger beider Seiten näher gekommen. Dazu beigetragen haben sicherlich drei interessante Landshuter Ausstellungen und die mit viel Beifall bedachte Big-Band der Städtischen Musikschule unter der Leitung von Martin Stefani. Die Musiker spielten sich bei mehreren Konzerten geradezu in die Herzen der Hermannstädter, so dass sie am Ende sogar noch an dem bedeutenden Jazzfestival in Sibiu teilnehmen durften.
Oberbürgermeister Josef Deimer und sein Hermannstädter Amtskollege Klaus Johannis bei der Landshuter Ausstellungseröffnung im Brukenthalmuseum. (Foto: Christoph Reich)
Oberbürgermeister Josef Deimer und sein Hermannstädter Amtskollege Klaus Johannis bei der Landshuter Ausstellungseröffnung im Brukenthalmuseum. (Foto: Christoph Reich)

"Wir sind nicht mehr auf Brautschau, sondern schon einen Schritt weiter", machte Deimer bereits am ersten Abend bei einer Landshuter Ausstellungseröffnung im Brukenthalmuseum deutlich. Den Grundstein für eine anzustrebende Partnerschaft hätten bereits vor einigen Monaten die Stadträte beider Städte durch entsprechende Beschlüsse gelegt. Mittlerweile sei es auch ein psychologisch ganz wichtiger Zeitpunkt. Denn gerade die Ereignisse des 11. September in New York und Washington hätten gezeigt, wie bedeutend es sei, Verbindungen zwischen den Völkern zu schaffen. "Wir brauchen ein erweitertes Europa, um den komplizierter werdenden Sicherheitsfragen gerecht zu werden", sagte Deimer. Die Ausstellung im Brukenthalmuseum am Großen Ring präsentierte Arbeiten um 1903 von Willi Geiger, dem bekannten Landshuter Grafiker und Maler, und Fotos mit Landshuter Stadtansichten, die Kulturbeauftragter Helmut Stix zusammengestellt hatte.
Großes Interesse zeigten die Hermannstädter auch für die gemeinsame Ausstellung im großen Saal der Stadt zum Thema Altstadtsanierung, organisiert von Verkehrsdirektor Kurt Weinzierl und dem Hermannstädter Tourismusbüro. Vielen der 20 000 Bewohner, die im Bereich des Stadtkerns wohnen (Hermannstadt hat insgesamt 170 000 Einwohner), brennt dieses Thema unter den Fingernägeln. Die Crux der Hermannstädter: eine hohe Wohndichte, mangelnde Geldquellen und die daraus resultierenden schlechten Wohnbedingungen, die in der über 70 Hektar großen Altstadt von Hermannstadt zunehmend zum Verfall der baulichen Substanz führen. "Da können wir sicherlich von den Landshutern eine ganze Menge lernen", sagte der deutsche Bürgermeister von Hermannstadt. Die Altstadt von Landshut sei mittlerweile ein Juwel Europas, dem man auf dem Gebiet der Sanierung sicherlich nur in kleinen Schritten folgen könne, meinte Klaus Johannis. Zwar habe man kleine Erfolge erzielt und mit der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) einen wichtigen Partner gewonnen, doch an Finanzen fehle es weitgehend.
Abgerundet wurde das Ausstellungsprogramm durch Fotografien in Schwarz-Weiß von Dr. Karl Heinz Rothenberger, Chefarzt am Klinikum Landshut, im Franz-Binder-Museum, der Hermannstadt mit den Augen eines Freundes fotografiert hatte. "Man kann hier nicht anders als Fotos zu machen", sagte Dr. Rothenberger. Man erlebe in Hermannstadt zwar die lange Geschichte auf Schritt und Tritt, trotzdem befinde man sich nicht in einem Museum, sondern in einer aktiven, jungen Stadt. Im nächsten Jahr will auch Helmut Stix die Kamera in die Hand nehmen: "Ich bin begeistert von der Stadt, sie inspiriert auf vielfältige Weise", bemerkte der Landshuter Kulturbeauftragte.
Zufriedene Gesichter auf allen Seiten gab es auch nach einer Podiumsdiskussion zum Thema ‚Städtepartnerschaft‘. Dabei wurden nicht nur die bereits seit Jahrzehnten bestehenden Einzelinitiativen und Partnerschaften als wichtige Bausteine für das Vorhaben gewertet. Der Vorsitzende des Freundeskreises Landshut-Sibiu/Hermannstadt, Klaus Wegmann, zählte wichtige Begegnungen der letzten Monate dazu. Im April habe ein gemeinsames Theaterfestival stattgefunden, im Juli ein Streetball-Cup mit 84 Mannschaften und am Montag ein "fruchtbares Gespräch" zwischen Professor Dr. Erwin Blum, Präsident der Fachhochschule Landshut, und dem Rektor der Universität Hermannstadt. "In Kürze wird es einen Partnerschaftsvertrag zwischen den beiden Hochschulen geben", gab Wegmann bekannt. Die evangelische Kirche Hermannstadt habe signalisiert, ein Gebäude zur Verfügung zu stellen, das als offene Anlaufstelle für die gesamten Aktivitäten im Zuge der Städtepartnerschaft umfunktioniert werde. Fest eingeplant sei bereits im November eine gemeinsame Weihnachtsfeier in Landshut zwischen Musikern beider Städte. Intensive Gespräche habe es auch bezüglich der Renovierungs- und Restaurierungsprojekte gegeben. Und die beiden evangelischen Kirchen wollen enger zusammenarbeiten, gab Landshuts Dekan Helmut Völkel nach einem Treffen mit Bischof Dr. Christoph Klein bekannt. Selbst im Bereich der Feuerwehr und des Tourismus will man sich näher kommen.
"Wir wollen alle diese Initiativen mit der Städtefreundschaft fördern und zu einem guten Ergebnis bringen", sagte Oberbürgermeister Josef Deimer bei einer Pressekonferenz in Hermannstadt. Die Landshuter Delegation habe schon grünes Licht signalisiert. In einigen Wochen soll die endgültige Entscheidung im Stadtrat gefällt werden. Im Oktober will auch Hermannstadt einen entsprechenden Beschluss fassen. Fällt das Votum positiv aus, wäre es für die Stadt Landshut nach Elgin (Schottland), Compiègne (Frankreich), Ried im Innkreis (Österreich) und Schio (Italien) die fünfte Städtepartnerschaft.

Christoph Reich

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