7. Dezember 2001

Siebenbürgenforum nahe dem Bankrott?

Was des einen Freud', ist offenbar des anderen Leid: die voraussichtliche Aufhebung der Visapflicht ab kommendem Jahr für alle Staatsbürger Rumäniens. Landesweit eigentlich begrüßt, dürfte die wohlwollende Geste der Schengener Vertragsländer die deutschen Interessengemeinschaften Rumäniens demnächst in Bedrängnis bringen. Das zumindest befürchteten die Vertreter des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen (DFDS) auf ihrer Vollversammlung im verstrichenen November in Hermannstadt.
Mit der Visafreiheit dürfte diese wichtige Dienstleistung für die lokalen Foren, die vielen Mitgliedern bisher bei der Vermittlung der Sichtvermerke waren, bald wegfallen. Fallen werden aber mithin die Mitgliederzahlen und deren Zahlungen, von den Einnahmen für diesen Service mal abgesehen. Die Schäßburger beispielsweise rechnen so mit einem Schwund von derzeit etwa 800 Mitglieder auf rund 300 treue Anhänger und einem entsprechenden Loch in der ohnehin mageren Haushaltskasse. An Abgaben an das übergeordnete Gremium sei kaum noch zu denken.
Doch dabei steht gerade das übergeordnete Regionalforum in Siebenbürgen (DFDS) vor dem finanziellen Bankrott, hieß es auf der Vertreterversammlung. Ein Schuldenberg von knapp 60 Millionen Lei ist sich seit Jahresbeginn in der hauseigenen Kassa entstanden - mit steigender Tendenz bis zum Jahresende. Die Zuschüsse von der Regierung, die über die Geschäftsstelle des Landesforums (DFDR) nur für Verwaltungskosten an das DFDS monatlich in Höhe von etwa drei Millionen Lei vermittelt werden, sind bloß ein Tropfen auf den heißen Stein und wurden schon ganz aufgebraucht. Die ausstehenden Rückstände an Beitragszahlungen, auch wenn sie eingetrieben werden sollten, können nicht einmal die noch ungedeckten Ausgaben für das Sachsentreffen 2001 in Birthälm in Höhe von etwa 20 Millionen Lei wettmachen. Zudem steht man bei den Verwaltungskosten mit 20 Millionen Lei in der Kreide beim Hermannstädter Forum für die hier genutzten Räumlichkeiten und andere Dienstleistungen. Der Fuhrpark hat desgleichen die DFDS-Finanzen mit Auslagen für Reparaturen, Steuern, Versicherungen und Reisespesen überstrapaziert. Der Kassasturz am Tag der Vertreterversammlung brachte so noch eine verfügbare Summe von sage und schreibe 347 000 Lei (umgerechnet 25 DM) ans Tageslicht in dieser düsteren Situation.
Allein so düster sahen die DFDS-Vertreter die Lage dann doch nicht, zumal sich die hauseigene Wirtschaftskommission einige Tage zuvor gemeinsam mit dem DFDS-Vorstand Gedanken über Auswege aus dieser Notsituation gemacht hatte und den Sachsenvertretern Lösungen unterbreitete. Ein realistisch fundierter Haushalt könne in Zukunft Abhilfe leisten, hieß es, nur muss diese Realität über die erwähnte DFDR-Schaltstelle, den Minderheitenrat und Minderheitendepartement letztendlich der Regierung vorgelegt werden. Die Forumsvertreter beschlossen, den Mitgliedsbeitrag zu erhöhen, und wollen die Fuhrparknutzer künftig stärker in die Pflicht nehmen. Auch die über das Forum und die "Saxonia"-Stiftung mit BMI- und anderen Mitteln geförderte Unternehmer will man anders als bisher als Sponsoren gewinnen. Und nicht zuletzt: Sparen sei die beste Einnahmequelle, hieß es in vieler Munde, doch ließ man sich den etwa vier Millionen teueren Imbiss bei diesem Treffen noch rasch munden.
Sparen an Gedanken will man jedoch nicht. Ein so genanntes Brainstorming über die Zukunft der Sachsen, schon vor Jahren vom Kronstädter Zahnarzt und Unternehmer Albrecht Klein den Sachsenvertretern vorgeschlagen, dürfte demnächst stattfinden. Die ersten Teilnehmer für besagte Klausurtagung in Kleins Villa von Sovata haben sich bereits gemeldet.
Somit hatte der Rückblick auf die seit der letzten Vertreterversammlung verstrichene Zeit im Rechenschaftsberichts des DFDS-Vorsitzenden Paul Jürgen Porr eher eine zweitrangige Wirkung auf die Diskussionsfreudigkeit der Teilnehmer, die zwar zahlreicher als üblich, aber wie immer nicht vollzählig erschienen sind. Der Kontakt zum Zentrum werde nämlich von einigen - es sind fast immer die Gleichen - nach wie vor gemieden. Auch das dürfte sich mit der angenommenen Satzungsänderung demnächst zum Besseren wenden. Denn ab kommendem Jahr dürfen zusätzlich die Zentrumsforen Hermannstadt, Mediasch, Schäßburg, Kornstadt, Bistritz und Hunedoara je einen Vertreter in den DFDS-Vorstand entsenden und an der Beschlussfassung mitwirken, andere Lokal- und Zentrumsforen können durch Zusammenschluss auf dem Papier die hierfür notwendige Fünf-Prozent-Klausel erreichen und die dortige Basis an Entscheidungen teilhaben lassen.
Seit dem Frühjahr, so der Rechenschaftsbericht, seien zwar nicht viele Entscheidungen angefallen, aber von allgemeinem Interesse für die Sachsenvertreter seien dennoch u.a. die Föderationsgespräche beim Heimattag in Wels gewesen, wobei zur Sprache kam, dass der Vorsitzende dieses weltweiten Sachsengremiums, Volker Dürr, die Demarchen des DFDR-Abgeordneten Wolfgang Wittstock in Sachen Bodenrückgabe tatkräftig unterstützt. Porr erwähnte ferner die Aufnahme unserer Landeskirche und des Siebenbürgenforums in den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat, die sich anbahnende Partnerschaft zwischen Schäßburg und Dinkelsbühl sowie Gespräche, die er hüben wie drüben mit deutschen Politikern geführt hatte. Wohlwollend haben die zuständigen Stellen überdies alle vorgelegten Wirtschaftsprojekte aus Siebenbürgen, und zufriedenstellend für alle sei der Sachsentag in Birthälm heuer über die Bühne gegangen.
Jörg Prohaszka, der neue Geschäftsführer des Deutschen Wirtschaftsklubs Siebenbürgen, berichtete schließlich über die Bemühungen um eine kaufmännische Ausbildung in deutscher Sprache für Jugendliche in Siebenbürgen. Nach langen Gesprächen und zähen Verhandlungen sei die Anschubfinazierung nun von deutscher Seite gesichert, der einjährige duale Kurs, mehr aus der Verwaltungspraxis inspiriert und von daher auch mehr auf die Praxis ausgerichtet, steht somit kurz vor dem Start.

Martin Ohnweiler

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