24. Februar 2002

Die Urzeln in Franken

Die „Nürnberger Nachrichten“ hatten den Faschingszug in Nürnberg für den 10. Februar mit folgenden Worten angekündigt: "Passt das Wetter, rechnet der Förderverein Nürnberger Fastnachtszug mit über 100 000 Zuschauern. Mit dabei sind 70 Gruppen, darunter klangvolle Namen wie die Pleinfelder Hummeln und die Siebenbürger Urzeln."
Zuerst sah es wettermäßig recht trüb aus. Im Nieselregen warteten die Urzeln auf ihren Auftritt. Doch dann, als letzte Gruppe im Umzug, wobei sie öfters kurz stehen bleiben und sich besser präsentieren konnten, vertrieben sie mit unseren Peitschen und Kuhglocken erfolgreich den Regen. Der Großteil der Zuschauer jubelte den Siebenbürger Urzeln freudig und wurde mit gehörigem Knallen belohnt. Schließlich waren viele der 47 Urzeln schon am Samstag, dem 9. Februar, am Treiben in und um Sachsenheim bei Stuttgart beteiligt gewesen und recht gut trainiert. Thomas Hoss (10) hätte am liebsten das Schild „Haus der Heimat Nürnberg, Urzeln aus Agnetheln, Siebenbürgen“ selbst getragen, weil er so ein begeisterter Urzel ist. Wir konnten ihn jedoch mit den Worten überzeugen: „Dich brauchen wir beim Knallen, damit alle Leute sehen, wie geschickt auch unser Nachwuchs ist!“ Er legte sich mächtig ins Zeug und erntete viel Zuspruch. Die anderen Urzel-Kinder sind auch auf dem Weg, hervorragende Knaller zu werden, und es machte großen Spaß, sie dabei zu haben.
Reifenschwinger Frieder Zimmer (aus Uhingen) im Einsatz mit drei vollen Gläsern. Foto: Doris Hutter
Reifenschwinger Frieder Zimmer (aus Uhingen) im Einsatz mit drei vollen Gläsern. Foto: Doris Hutter

Die beiden Profi-Reifenschwinger, Maja Fielk, geborene Bitto, aus Gundelsheim und Frieder Zimmer aus Uhingen, überzeugten durch souveränes Schwingen, mussten aber auch ständig aufpassen, nicht von allzu neugierigen Zuschauern oder allzu begeisterten Urzeln in der Arbeit behindert zu werden. Unterwegs wird grundsätzlich nur ein Glas geschwungen und gleich danach den Zuschauern zum Austrinken gereicht. So können diese nämlich sehen, dass das volle Weinglas lose im Reifen steht.
Fest verbunden mit den Nürnberger Urzeln ist die Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg e.V. unter der Leitung von Richard Taub und mit dem Dirigenten Hans Welther, die den Reifenschwingern die notwendige Musik und uns allen einen festlichen und hoch geschätzten Rahmen bieten.
Nach dem Umzug traten die Urzeln mit der U-Bahn den Rückweg ins "Haus der Heimat" an. Wie das Knallen im U-Bahnschacht klingt! Die Zuschauer hörten gebannt zu, aber Hunde mögen diese Art von Krach überhaupt nicht.
Im "Haus der Heimat" erwartete sie das traditionelle und köstliche Urzelnkraut, das Martina Kreußel, geborene Kenzel, mit ihrer Mutter für uns zubereitet hatte. Einige fleißigen Helferinnen hatten inzwischen gedeckt und trugen auf, so dass die rund 70 Aktiven bestens versorgt wurden. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für Kipfel, Hanklich, Krapfen und Hilfe jeglicher Art! Es hatten sich auch weitere Gäste, meist Angehörige und Freunde der Urzeln im kleineren Saal eingefunden. Sie wurden von den Urzeln mit Knallen, einer extra Show der Reifenschwinger und Blasmusik begrüßt. Die Kinder und Jugendlichen durften kurz kegeln, währenddessen sich ihre Eltern entspannt mit Freunden unterhielten. Beim Abschied wurde der Wunsch laut, den Urzelauftritt um weitere Traditionsfiguren zu erweitern. Da haben wir sicherlich noch einiges auf Lager.

Zottelgestalten auch in Herzogenaurach

Nach einem Tag Ruhepause schlüpften die meisten Urzeln erneut ins Zottelkleid. Auf dem Marktplatz in Herzogenaurach wurden sie mit großer Ungeduld erwartet, sind sie doch der Höhepunkt des dortigen Faschingstreibens. In diesem Sinne sei Georg Hutter für seine Idee und Tatkraft gedankt, wodurch die Urzeln in Herzogenaurach ein respektables Zuhause gefunden haben. Da das Urzelkraut in Gesellschaft besser schmeckt, wurde das von Maria Hutter und Karin Wonner zubereitete Kraut im Saal des Kindergartens „St. Martin“ gereicht, wonach die Urzeln unter Knallen und ohrenbetäubendem Schellengeläut zum Markt liefen. Am Vormittag hatte es noch geregnet, inzwischen war es trocken und nicht zu warm. Der Verfasserin dieser Zeilen machte es großen Spaß, vor etwa 400 Zuschauern von unserem Handwerkerbrauch zu erzählen! Umso mehr, da es Zugänge bei den Urzeln zu verzeichnen gab. on den 23 Urzeln seien stellvertretend nur die Jüngsten erwähnt, denen die Freude ins Gesicht geschrieben stand: Yannik (4) und Tobias (5) Wayand aus Herzogenaurach.
Auf dem Markt überzeugten die Erwachsenen beim Knallen wieder mal durch Professionalität. Großen Beifall ernteten auch die Urzeldame Karin Bucholzer (26), Katrin Orend (11) und Thomas Hoss (10), als sie sich in den von den Urzeln gebildeten Kreis stellten und alleine das Knallen vorführten. Der routinierte Reifenschwinger Kurt Filp aus Heilbronn schwang wegen Überanstrengung in Sachsenheim diesmal „nur“ drei volle Gläser. Die frisch gebackene Reifenschwingerin Sabine Herberth (11) aus Raindorf, die sich erst am Sonntag im Haus der Heimat dazu entschlossen und gleich das Üben begonnen hatte, absolvierte problemlos das Kunststück, mit einem vollen Glas zu den Klängen des Akkordeonspielers Christian Fuss (Großscheuern/ Herzogenaurach) zu schwingen. Das machte Mut und heizte die ohnehin schon gute Stimmung beim Kaffeetrinken an! Nach kurzem Verweilen auf dem Markt traten die Urzeln den Rücklauf zum Saal an, wo auch unsere Senioren beim Feiern gern gesehen waren. Zu den Akkordeonklängen tanzten wir dann noch ein letztes Mal, bevor der Fasching begraben wird. Von dieser Stelle sei allen Helfern gedankt, denn ohne sie wäre es nie so schön geworden. Abschließend ein Zitat aus meiner Urzelrede:
Nachdem der Brauch viel hundert Jahr
bei uns in Siebenbürgen war,
haben wir Folgendes gemacht:
den Brauch hierher zurückgebracht.
Denn offensichtlich fehlt euch Krach...
In der Silvesternacht war – ach!-
das falsche Feuerwerk in Gang,
nur eine Fehlzündung gelang...
Doch ihr wollt es spektakulär!
Na dann, passt auf und hört mal her: Hiräii!

(Während einige Urzeln knallten, knieten die anderen im Kreis)

Doris Hutter


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 3 vom 28. Februar 2002, Seite 12)

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