1. März 2002

Kronstädter starten eigene Dracula-Aktion

Der Subskriptionstermin für die Aktien des geplanten Dracula-Parks bei Schäßburg wurde, wie vorausgesehen, verlängert. Ursprünglich für den 15. Februar dieses Jahres angesetzt, kann man nun bis zum 3. April 2002 solche Wertpapiere bei den Filialen der Rumänischen Handelsbank (BCR) erstehen. Kleine Käufer stehen hier jedoch nicht Schlange.
Das Fußvolk bekundete bislang kein besonderes Interesse an den Dracula-Aktien des Tourismusministers Dan Matei Agathon - zumindest sind diesbezügliche Daten nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Lediglich die Kabinettskollegen des rumänischen Ministers spurten vermutlich, wobei allein Premier Nastase Aktien im Wert von über 100 Millionen Lei (0,7 Prozent des Gesamtpakets) beanspruchte. Der restliche Beitrag der Bukarester Ministerrunde für dies von der Regierung immer wieder gepriesene Projekt bleibt zunächst ein "Staatsgeheimnis" - ganz im Sinne der zurzeit viel diskutierten Gesetzesvorlage über Staatsgeheimnisse in Rumänien.
Nur 40 Prozent der Dracula-Aktien (im Wert von 62 Milliarden Lei) statt die vorgeschriebenen 60 Prozent wurden bis zum 15. Februar gezeichnet. Drei Großaktionäre für "Dracula" sind jüngst in Szene getreten und kauften gleich mehr als ein Drittel der Wertpapiere. Darunter befinden sich - welch Zufall - zwei größtenteils noch staatliche Touristikgesellschaften (Neptun-Olimpia und Mamaia), die besagtem Ministerium untergeordnet sind und nun jeweils fünf Milliarden Lei hierfür aufgebracht haben, sowie der österreichische Bierkonzern Brau-Union, der gut über 15 Milliarden Lei auf den Tisch geblättert haben soll.
20 Prozent der Aktien (im Wert von über 20 Milliarden Lei) sind für Interessenten weiterhin zu haben, der Rest von 40 Prozent des Gesamtwertes des Projekts muss ohnehin von staatlichen wie städtisch-lokalen Institutionen nebst ausländischen Investoren gedeckt werden. Trotzdem hält Minister Agathon weiter an dem von ihm selbst gesteckten Stichtag fest und will den ersten Spatenstich auf der Schäßburger Breite am 15. März 2002 mit größter Wahrscheinlichkeit selbst vornehmen. "Dracula" ist nämlich erklärtermaßen vorerst sein Lieblingskind, auch wenn er weiß, dass um die Patenschaft dieses Sprösslings unterdessen zahlreiche Interessengruppen kämpfen. Sie sind in seinen Augen denn auch schon zum Teil die vermeintlichen Totengräber, obgleich er nach wie vor an die Geburt und nicht an die Kreuzigung dieses Vorhabens glaubt.
In Eigenregie wollen nun auch der Kronstädter Kreisrat und die Bürgermeisterämter von Rosenau, Törzburg und Predeal einen „Dracula“-Themenpark errichten. Sie hatten sich ursprünglich für das Dracula-Projekt beworben, doch eine klare Abfuhr von Minister Agathon erhalten, wahrscheinlich auch darum, weil viele Sach- und Fachkundige aus regierungsfremden Kreisen diesen Standort rund um die Zinne befürworteten. Die Törzburg ist nun einmal mit dem Dracula-Mythos behaftet, die Region ist mit 222 touristischen Einheiten, Hotels und Gaststätten, die 10 000 Betten bieten, erheblich besser für Touristen ausgerüstet als Schäßburg.
Rosenau stellte bereits 400 Hektar kostenlos für den künftigen Unterhaltungspark in dieser Region zur Verfügung, eine Milliarde Lei schießt der Kronstädter Kreisrat noch auf Anhieb zu, und die übrigen Bürgermeisterämter schichten ihren Haushalt im Hinblick auf das Vorhaben um. Die Machbarkeitsstudie, so Pressemeldungen, ist desgleichen in Arbeit, und Arbeit könnten damit hier mindestens 2 500 Personen auf Anhieb finden. Nur ob der rumänische Bürger in dieser seiner Armut so viel Unerhaltung auf einmal verkraften kann, bleibt bis zu den besagten Spatenstichen und darüber hinaus noch offen.

Martin Ohnweiler

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