9. März 2002

Siebenbürger bei Olympia 2002 dabei

Willy Schneider wurde auf seinem Skeleton-Schlitten Neunter bei der Winterolympiade 2002 in Salt Lake City. Seit mehr als 13 Jahren betreibt er diese Wintersportart – den „gefährlichsten Sport bei Olympia“, wie die "Bild"-Zeitung meinte. Unzählige Titel, Pokale und Meisterschaften hatte er bisher schon gewonnen (die SbZ-Online vom 18. März 2001 berichtete).
Seit fast zehn Jahren hatte der gebürtige Mediascher, der seit über zwanzig Jahren in Waldkraiburg lebt und mit Radsport begann, einen Traum: einmal bei einer Winter-Olympiade mit seinem Skeleton-Schlitten dabei sein zu dürfen. Bei Skeleton rast der Rodler auf dem Bauch liegend, mit dem Kopf voran, auf einem nur 20 cm hohen und bis zu 100 cm langen Schlitten mit einer Geschwindigkeit von bis zu 130 km/h den ca. 1,5 km langen Eiskanal bergab.
Willy Schneider belegte Platz 9 beim Sketeton-Rennen der Winterolympiade.
Willy Schneider belegte Platz 9 beim Sketeton-Rennen der Winterolympiade.


Doch wie sollte der Siebenbürger mitmachen, wenn Skeleton gar nicht olympisch ist? Nach 1928 und 1948 in St. Moritz wurde Skeleton aus dem olympischen Programm gestrichen, da es zu gefährlich sei. 1996 in Lillehammer und 1998 in Nagano sollte es wieder als olympische Disziplin eingeführt werden, wurde es aber nicht. Im Februar 2002 in Salt Lake City war es endlich soweit. Für Deutschlands erfolgreichsten Skeletoniten, Willy Schneider, schien endlich eine langjährige Hoffnung in Erfüllung zu gehen. Doch zunächst musste sich der 38-jährige technische Zeichner aus Waldkraiburg qualifizieren. Da half auch nichts, dass er schon acht Mal deutscher Meister war, dass er 1993, 1997 und 2000 Fünfter bei der Weltmeisterschaft und 1999 Dritter bei der WM war oder dass er 1998 die Weltmeisterschaft und den Gesamtweltcup gewonnen hatte, um nur einige seiner Erfolge zu nennen. Willy „Kiki“ Schneider musste sich für Olympia qualifizieren. Und das schaffte er mit Bravour. Zusammen mit Frank Kleber (21) aus München durfte Willy Schneider aus Waldkraiburg - als erster Waldkraiburger, vermutlich auch als erster Siebenbürger bei einer Winterolympiade - die deutschen Farben bei Olympia in Salt Lake City vertreten.
Bei der Präsentation der deutschen Olympia-Mannschaftskleidung im Bogner-Haus in München, von links nach rechts: Willy Schneider, Diana Sartor (Vierte beim Sketeton-Rennen der Frauen in Salt Lake City) und Willy Bogner, Designer.
Bei der Präsentation der deutschen Olympia-Mannschaftskleidung im "Bogner-Haus" in München, von links nach rechts: Willy Schneider, Diana Sartor (Vierte beim Sketeton-Rennen der Frauen in Salt Lake City) und Willy Bogner, Designer.

Allerdings machte ihm eine Grippe eine Woche vor dem Start schwer zu schaffen. Die dünne Luft in 2 100 Meter Höhe auf der Park-City-Bahn bei Salt Lake City tat ihm nach der schweren Erkrankung auch nicht gut, so dass er am Ende den neunten Platz unter 28 Teilnehmern belegte. Wenn man sein Handicap in Betracht zieht, hat Willi Schneider ein beachtliches Ergebnis erzielt - und vor allem wenn man das Ganze unter dem olympischen Motto betrachtet: „Hauptsache dabei gewesen!“
Laut ARD betrugen die TV- Einschaltquoten beim Skispringen 11,2 Millionen Zuschauer, beim Skeleton 11 Millionen und beim Rodeln 6 Millionen. Skeleton befindet sich also deutlich auf dem Vormarsch und findet immer mehr Anhänger. Da Willy Schneider erst nach der Eröffnungsfeier angereist war, konnte er nur die Abschlussfeier der Olympiade von Salt Lake City live miterleben und mit seiner Videokamera festhalten. Die „gewaltigen“ Showeffekte, die „einmalige“ Atmosphäre, die Gespräche mit vielen deutschen Medaillenträgern und Jon Bon-Jovi im Stadion live miterleben – all das wird Willy Schneider noch lange in Erinnerung behalten. Dass die Folgen des 11. September 2001 auch jetzt noch zu spüren sind, merkte Schneider spätestens als er, kurz nach Bundespräsident Johannes Rau, das Eisstadion verließ, nachdem Claudia Pechstein über 5 000 m Eisschnelllauf Gold gewonnen hatte. Die Sicherheitsvorkehrungen waren enorm. Sportler und Besucher wurden zum bis zu dreimal durchleuchtet. Aber auch sonst vermittelten die 18 000 Sicherheitskräfte ein gutes Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit, zumal sämtliche Kraftfahrzeuge via Satellit überwacht wurden. Alle diese Eindrücke schildert Willy Schneider in sächsischer Mundart, bescheiden und ohne Starallüren.
Während Willy Schneider sich auf sein Rennen in Salt Lake City vorbereitete, organisierte seine Fan-Gemeinde eine Olympia- Party im Foyer des Rathauses in Waldkraiburg. Über 100 Personen verfolgten auf einer überdimensionalen Leinwand voller Begeisterung die beiden Läufe ihres Skeleton-Helden.
Willy Schneider möchte dieses Jahr auf alle Fälle mit seinem Skeleton-Schlitten weitermachen, auch wenn er nicht mehr der Jüngste ist. Er kann sich aber durchaus vorstellen, dieser Sportart, die auch durch seine Mithilfe immer bekannter wird, auch nach der aktiven Laufbahn verbunden zu bleiben.

Herbert Liess


(Gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 4 vom 15. März 2002, Seite 11)

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