3. November 2000

Gelungener Volkstanzwettbewerb der SJD

Die Kürzungen der rot-grünen Bundesregierung lösen Alarm bei Trägern der siebenbürgisch-sächsischer Jugendarbeit aus: die Teilnehmerzahl ist beim Volkstanzwettbewerb der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) auf die Hälfte gesunken. Sieger des neunten Wettbewerbs, der am 28. Oktober in Kösching bei Ingolstadt stattfand, wurde bereits zum fünften Mal die Jugendtanzgruppe Ingolstadt. Die Plätze zwei und drei belegten die Jugendtanzgruppen Heilbronn und Stuttgart.
Der diesjährige Volkstanzwettbewerb der SJD, übrigens der neunte seiner Art, war, wie die der letzten Jahre auch, ein voller Erfolg. Tolle Stimmung, frenetischer Jubel für die mitwirkenden Gruppen und ein ausgeprägtes siebenbürgisch-sächsisches Gemeinschaftsgefühl der anwesenden Jugendlichen sorgten dafür. Für alle Anwesenden war es eine gelungene Veranstaltung, jede aktiv teilnehmende Tanzgruppe konnte, wenn auch nicht als Sieger, jedoch erhobenen Hauptes von der Tanzfläche abziehen. Das beachtliche Niveau unserer jugendlichen Tanzbewegung der vergangenen Jahre scheint sich fortzusetzen. Ein Alarmzeichen für die Veranstalter war allerdings die geringe Zahl der teilnehmenden Gruppen. Nach 13 Tanzgruppen im vergangenen Jahr beteiligten sich am 28. Oktober in der Amberger Halle zu Kösching bei Ingolstadt nur sieben Tanzgruppen an dem Wettbewerb. Hauptgrund dafür war eindeutig das Ausbleiben der Förderung derartiger Veranstaltungen durch den Kulturbeauftragten der Bundesregierung.
Diese Zeitung hat sich wiederholt kritisch über die drastische Kürzung der Fördermittel zur kulturellen Breitenarbeit durch die Bundesregierung geäußert, die SJD-Bundesjugendleitung sich in jeder ihrer letzten Tagungen mit diesem leidigen Thema befasst. Mehrere Tanzgruppen, hauptsächlich die vom Veranstaaltungsort weiter entfernt angesiedelten Gruppen, mussten ihre Teilnahme wegen der ausbleibenden Förderung absagen. Hinzu kamen im Spätherbst mittlerweile unvermeidliche Terminüberschneidungen, die ebenfalls mehrere Tanzgruppen von einer Teilnahme abhielten. Nicht verschwiegen werden darf aber auch das Desinteresse einiger Gruppen an dieser oder anderen gemeinschaftlichen Veranstaltungen der SJD. Diesen Gruppen sei auch von dieser Stelle aus gesagt, dass wir nur gemeinsam stark sind: Nur eine geschlossen agierende siebenbürgisch-sächsische Jugend kann gegen die ungerechtfertigten Kürzungen der Bundesregierung antreten. Letztendlich wird nur eine starke, an einem einzigen Strang ziehende Jugend in der Lage sein, einmal erfolgreich in die Fußstapfen der Vorgänger in der landsmannschaftlichen Arbeit einzutreten.
Nach der Begrüßung der Teilnehmer und Ehrengäste durch Siegfried Schmidt, Bundesjugendleiter der SJD, übermittelte Oberbürgermeister Peter Schnell die Grüße der Stadt Ingolstadt. Schnell freute sich über die aktive siebenbürgische Jugend, die nun schon zum wiederholten Male in Kösching zu Gast sei, und ganz besonders zeigte er sich über die erfolgreiche Jugendtanzgruppe Ingolstadt erfreut, die die Stadt schon unzählige Male bei verschiedensten Anlässen im In- und Ausland vertreten habe. Er erwähnte die aktiven Gruppen der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben in Ingolstadt, auf die man besonders stolz sei, zeigten sie doch der einheimischen Bevölkerung längst verloren geglaubtes Kulturgut.
Kreisgruppenvorsitzender Ludwig Seiwerth hieß die Jugend im Namen der landsmannschaftlichen Kreisgruppe willkommen. Mit den Worten: "Nur wenn der Baum von innen stirbt, dann grünt er nimmer wieder" aus Michael Alberts "Der Birnbaum" rief er den Jugendlichen zu, für das Weiterbestehen siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaftslebens zu sorgen. Jugend bedeute Zukunft, daher müsse wirksam Jugendarbeit betrieben werden. Seiwerth gab den Jugendlichen drei Einsichten mit auf den Weg: wer frei sei, trage Verantwortung; wer Rechte habe, der habe auch Pflichten; wer Ansprüche stelle, der müsse auch bereit sein, Verantwortung zu tragen. Damit wünschte er dem Volkstanzwettbewerb und der Jugend bei ihrem Tun und Handeln vollen Erfolg.
Die Volkskundlerin Irmgard Sedler, die die Trachten der Jugendlichen bewertete und von Siegfried Schmidt als "die Fachfrau in Sachen Trachtenpflege" vorgestellt wurde, zeigte sich beeindruckt davon, dass die siebenbürgisch-sächsische Jugend ihre Wurzeln nicht vergisst und unser Brauchtum hier in eine Vielfalt von Angeboten mit einbringt. Unsere Arbeit solle nicht als folkloristische Show angesehen werden, wie leider das Kulturgut der Hiesigen in der Vergangenheit vermarktet worden sei, diese Arbeit sei vielmehr ein Bekenntnis zu einem bestimmten Kulturkreis. In ihrer neuen Heimat hätten sich die Siebenbürger Sachsen einen Ort der Erinnerung geschaffen.
Dann kamen die Tänzerinnen und Tänzer zum Zuge. Jede Tanzgruppe durfte zwei Tänze nach freier Wahl vorführen. In der Reihenfolge ihrer Auftritte zeigten ihre Darbietungen: die Jugendtanzgruppe Geretsried, die Jugendtanzgruppe Biberach, die Jugendtanzgruppe Stuttgart, die Tanzgruppe Augsburg, die Tanzgruppe Landshut, die Jugendtanzgruppe Heilbronn und die Jugendtanzgruppe Ingolstadt.
Die Jury, die wie in den letzten Jahren auch, aus Vertretern der Tanzgruppen bestand, hatte die tänzerische Darbietung (Schritt, Figurenwechsel, synchrones Tanzen, Harmonie zur Musik), die allgemeine Präsentation, das Raumgefühl und den Publikumskontakt zu bewerten. Kein leichtes Unterfangen, wie jeder, der dieser Jury schon einmal angehört hat, weiß. Das in den letzten Jahren sich mehr und mehr angleichende tänzerische Niveau der Gruppen macht eine Bewertung nicht einfach. Groß war daher auch bei allen Gruppen die Anspannung vor Bekanntgabe der Sieger.
Der erste Platz ging wie eingangs erwähnt nun schon zum fünften Mal an die Jugendtanzgruppe Ingolstadt. Gegründet wurde diese Tanzgruppe 1975, Anfang Oktober diesen Jahres feierte man das 25-jährige Jubiläum. Geleitet wird sie von Christian Zall und Ortwin Rauscher. Mit den Tänzen "Geestländer" und "Holsteiner Dreitour" errangen die Ingolstädter in ihren schönen, hauptsächlich Großscheuerner Trachten 304 Punkte und konnten sich als verdienter Sieger feiern lassen.
Ein knapperes Ergebnis als in diesem Jahr hätte es jedoch nicht geben können. Mit 303 Punkten nämlich belegte die Jugendtanzgruppe Heilbronn den zweiten Platz. Die Gruppe wird von Christine Göltsch und Ines Grempels geleitet, Ines Grempels ist übrigens hier schon seit zehn Jahren als Leiterin tätig. Gegründet wurde die Tanzgruppe ebenfalls 1975, ihr Jubiläum feierte sie Anfang November. Mit dem "Marschkonter" und dem "Hettlinger Bandritter" zeigte sie in Trachten aus der Hermannstädter Gegend ebenfalls eine perfekte Darbietung.
Platz drei belegte die Jugendtanzgruppe Stuttgart; für die Tänzerinnen und Tänzer dieser Gruppe eine schöne Überraschung, damit hatten sie eigentlich nicht gerechnet. Mehrere Aktive mussten an diesem Tag wegen eines familiären Problems vorzeitig nach Hause zurückkehren, so dass die Tanzgruppe ersatzgeschwächt antrat. Ein Dank geht hier an Astrid Kelp aus Heilbronn, die freundlicherweise bei den Stuttgartern einsprang. Die Stuttgarter Jugendtanzgruppe wurde 1998 gegründet, wird von Rainer Lehni geleitet und trägt Trachten aus der Hermannstädter Gegend, dem Unterwald und dem Kokelgebiet. Sie zeigte eine "Schwäbische Tanzfolge" sowie den "Böhmischen Ländler" und errang mit einer lockeren Darbietung 270 Punkte.
Erwähnt sei hier die erstmalige Teilnahme der Jugendtanzgruppe Biberach am Volkstanzwettbewerb. Es ist eine der jüngsten, wenn nicht die jüngste sächsische Jugendtanzgruppe in Deutschland. Ihre Mitglieder sind erst zehn bis 17 Jahre jung, die Gruppe wird von Astrid Göddert und Marion Hann geleitet und erfreute mit einem gekonnten Auftritt.
Einen herzlichen Dank richtete Ines Grempels, stellvertretende Bundesjugendleiterin, an das Moderatorenpaar Adelheid Hanek und Siegfried Schmidt, an die Helfer beim Auswerten der Bewertungsbögen und an der Kasse sowie an die Trachtenjurorin Irmgard Sedler. Frau Sedler sagte zum Abschluss der Veranstaltung, dass sie beschenkt worden sei, mit dem, was sie in Kösching gesehen habe, und zeigte sich tief beeindruckt, wie gewissenhaft die heutige siebenbürgisch-sächsische Jugend ihren Umgang mit der überlieferten Tracht pflege.
Für die Begleitung der Ein- und Ausmärsche der einzelnen Gruppen am Akkordeon sei Hans Otto Zerwes (Augsburg) herzlich gedankt. Beim gemeinsamen Aufmarsch der Tanzpaare und den gemeinsam getanzten Sternpolka und "Reklich Med" hat er Ausdauer bewiesen. Für die Mithilfe bei der Organisation des Wettbewerbs wird auch der Jugendtanzgruppe Ingolstadt gedankt.
Als Fazit des neunten Volkstanzwettbewerbes kann festgehalten werden: Es war eine gelungene Veranstaltung, die trotz der zu Beginn genannten widrigen Umstände ein voller Erfolg war. Dass junge Siebenbürger Sachsen auch ausgelassen feiern können, zeigte sich beim anschließenden Jugendball mit der Band "One Missing".
Zu hoffen bleibt, dass beim zehnten Volkstanzwettbwerb, der 2001 stattfinden wird, die Zahl der teilnehmenden Gruppe wieder ansteigt. Für eine erfolgreiche Zukunft dieser Veranstaltung ist das zu wünschen.

Rainer Lehni

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