28. April 2002

Eine Meisterin nonfigurativer Malerei

Die Malerin Susanne Schunn zeigt bis zum 5. Mai „Gemalte Abstraktionen“ in der Galerie "Ildiko Risse", Hauptstraße 57, in Weßling am See.
Die Ausstellung ist donnerstags bis sonntags zwischen 15.00 und 18.00 Uhr zu besichtigen. Die Vernissage fand am 13. April statt. Im Folgenden werden Auszüge aus der Einführungsrede der Münchener Kunsthistorikerin Carola Schenk abgedruckt.
Für alle, die die Künstlerin noch nicht so gut kennen, möchte ich den Werdegang Susanne Schunns kurz zusammen fassen:
Susanne Schunn wurde 1929 im siebenbürgischen Kronstadt geboren. Bereits in jungen Jahren erhielt sie von ihrem Vater Heinrich Schunn, der ebenfalls Maler war, Mal- und Zeichenunterricht. Zwischen 1950 und 1956 erwarb sie in Bukarest und Klausenburg eine akademische künstlerische Ausbildung.
Susanne Schunn mit der jungen Kunsthistorikerin Carola Schenk. Foto: Konrad Klein
Susanne Schunn mit der jungen Kunsthistorikerin Carola Schenk. Foto: Konrad Klein

Als Mitglied im Verband Bildender Künstler Rumäniens beteiligte sie sich Mitte der 50er Jahre als freischaffende Künstlerin an zahlreichen privaten und staatlichen Ausstellungen. 1960 erhielt sie aus politischen Gründen in Rumänien Ausstellungsverbot und siedelte 1965 nach einer schweren persönlichen Zeit nach Deutschland um. Da ihr rumänisches Diplom in Deutschland nicht anerkannt wurde, entschloss sie sich erneut für ein Studium, das sie an der Akademie der Bildenden Künste und der Universität in München absolvierte. Nach Erlangung des Staatsexamens lehrte sie bis 1989 an verschiedenen bayerischen Gymnasien Kunsterziehung. Seit nunmehr 13 Jahren ist sie wieder ausschließlich als Künstlerin tätig.
In den 90er Jahren widmete sich Schunn verstärkt der Aktzeichnung. Anregend wirkte sich auch die Teilnahme an den Kursen der Sommerakademie in Starnberg aus. In dieser Zeit war sie zudem Mitglied einer Malergruppe in Feldafing unter Leitung der Malerin Ruth Kohler. Weiterhin experimentierte Frau Schunn mit japanischen Pinseltechniken, denen sie einen großzügigeren Pinselschwung verdankt.
Ihre letzte Einzelausstellung fand 1998 in der Galerie im Schlosspavillon in Ismaning unter dem Titel „Vom Akt zur Abstraktion" statt.

Künstlerische Entwicklung

In ihrer frühen künstlerischen Schaffenszeit bediente sich Susanne Schunn vorwiegend einer naturalistisch-realistischen Ausdrucksweise. Sie malte mit ihrem Vater viel in der freien Natur, vor allem Tierdarstellungen und Landschaftsaquarelle. In dieser Zeit war es in Rumänien schwierig, sich mit abstrakter oder zeitgenössisch-moderner Kunst auseinander zu setzten, sei es im Studium von Publikationen oder in der Betrachtung von Originalen. Vorherrschend war in Rumänien, wie im gesamten Ostblock auch, der staatlich geförderte sozialistische Realismus.
Erst mit der Übersiedlung nach Deutschland vollzog sich bei Susanne Schunn die Hinwendung zur abstrakten Kunst. Die Malerei von Susanne Schunn zeichnet sich besonders durch eine leuchtend-starke Farbigkeit aus. Die Kompositionen lassen gelegentlich an Werke Franz Marcs denken, ohne jedoch Gefahr zu laufen, sie nachzuahmen. Den Farben kommt in ihren Werken eine selbständige Funktion als Ausdrucksträger zu. Die Künstlerin entwickelte ihr Farbgefühl u.a. in der Auseinandersetzung mit rumänischen und orientalischen Teppichen, und zur Darstellung bevorzugt sie eine Gouache-Technik. Die abstrakten Kompositionen werden aus räumlich wirkenden, oftmals kristallinen Formen gebildet. Diese Formen werden jedoch von der Künstlerin nicht zusammengesetzt, nein, sie entwachsen einer räumlichen Tiefe.
Charakteristisch für die Malerei Susanne Schunns ist auch die Betonung der Konturen der einzelnen Formen. Dabei grenzt sie die jeweiligen Farbflächen aber nicht völlig ab. Die Formen wirken miteinander fest verankert, geben einander Halt. Einige ihrer Arbeiten weisen zusätzlich eine Spachteltechnik auf: Mit pastösem Farbauftrag überdeckt sie Konturen oder verleiht dem Werk ausdrucksstarke Akzente. Die abstrakten Formgefüge in Susanne Schunns Malerei stehen also auf der einen Seite in einem spannungsreichen Gegensatz zueinander - sind auf der anderen Seite aber unlösbar miteinander verbunden. Diese Spannung, zusammen mit intuitiver Farbgebung, machen den expressiven Stil von Susanne Schunns Malerei aus.
Der Künstlerin ist besonders wichtig, dass ihre abstrakten Gemälde auch als wirklich abstrakt angesehen werden - also völlig losgelöst vom Gegenständlichen. Auch wenn der Betrachter gelegentlich versucht ist figurative Kompositionen darin zu suchen. Zur Entstehung ihrer abstrakten Arbeiten erklärt die Künstlerin, dass sie aus der Beschäftigung mit Stilleben entwachsen sind, also aus der künstlerischen Auseinandersetzung damit, wie Gegenstände räumlich zueinander stehen. Der besondere Charakter ihrer Kompositionen liegt auch darin, dass sie sich erst aus dem Malvorgang selbst entwickeln und nicht von vornherein streng geplant sind. Von der völligen Abstraktion ausgeschlossen sind bis heute die Akt-Aquarelle der Künstlerin. Sie sind in einem spontanen Pinselduktus ohne Vorzeichnung rasch auf das Papier geworfen und drücken Sinnlichkeit und Emotionalität aus.
In der heutigen Ausstellung zeigt Susanne Schunn „gemalte Abstraktionen“ die in den letzten zwei Jahren entstanden sind. Man kann die Gemälde von Susanne Schunn nicht „verstehen", sondern man muss sich auf sie einlassen, sie sprechen und auf sich wirken lassen. Ich wünsche Ihnen dabei viel Vergnügen.

Carola Schenk

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