10. Dezember 2002

Beitrag zur Sozialgeschichte Siebenbürgens

Manfred Copony dokumentiert in seiner Diplomarbeit das soziale Engagement der Siebenbürger Sachsen im Laufe der Jahrhunderte.
Nach seinem zweisemestrigen Praktikum in einem Behindertenheim in der Nähe von Wolkendorf im Jahr 1999 (die Siebenbürgische Zeitung berichtete) legte Manfred Copony Anfang dieses Jahres seine Diplomarbeit an der Fachhochschule in Würzburg vor. Im Rahmen des Studiengangs Soziale Arbeit verfasste er eine Abhandlung zum Thema "850 Jahre soziales Engagement der Siebenbürger Sachsen". In liebevoller Kleinarbeit hat der Verfasser zahlreiche Details über das Pflegewesen und soziale Einrichtungen in Siebenbürgen vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart zusammengetragen.

Nach einem geschichtlichen Abriss Siebenbürgens von der ersten Besiedlung 1142 bis zu den Auswanderungswellen Mitte und Ende des 20. Jahrhunderts werden die verschiedensten Humanitätsanstalten im Laufe mehrerer Jahrhunderte vorgestellt. Hospitäler, Armen-, Siechen- und Krankenhäuser finden ebenso Eingang in die Darstellung wie die großen Pestepidemien im 16. und 17. Jahrhundert, die die verschiedenen Einrichtungen erst nötig machten. Lagebeschreibungen der einzelnen Häuser in den Städten und auf dem Land erlauben eine genaue räumliche Vorstellung.

Weiterhin behandelt der in Brenndorf gebürtige Copony die Entwicklung der medizinischen Ausbildung von Chirurgen, Hebammen und Apothekern in Siebenbürgen, die bis ins Jahr 1581 zurückreicht. Fürst Stefan Bathory gründete damals in Klausenburg eine Jesuitenschule, an der die ersten elementaren medizinischen Vorlesungen gehalten wurden. In diesem Zusammenhang werden auch die Bevölkerungsentwicklung und das siebenbürgische Fürsorgesystem eingehend behandelt. Statistiken dokumentieren den Anteil deutscher, rumänischer und ungarischer Bevölkerung in Siebenbürgen, Tabellen zu Geburten- und Sterberaten runden die Darstellung ab. Armen-, Krüppel-, Alters- und Kinder- und Jugendfürsorge werden ebenso ausführlich behandelt wie die Situation in Waisenhäusern und den Kinderschutzvereinen. Unter Einbeziehung der großen historischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts - des 1. und 2. Weltkriegs und der daraus folgenden Wirtschaftskrisen - zeichnet Copony ein lückenloses Bild des Fürsorgesystems in siebenbürgischen Kirchen, Gemeinden und Städten.

Dem Nachbarschaftswesen, dessen Wurzeln bis ins späte 15. Jahrhundert zurückreichen und das heute noch ein wichtiges Mittel zum Zusammenhalt der Siebenbürger darstellt, ist das vierte große Kapitel der Diplomarbeit gewidmet. Organisation, Satzungen, verbindliche Weisungen und nachbarliche Hilfe in ihren verschiedensten Ausführungen werden eingehend behandelt.

Im fünften Kapitel geht Copony ausschließlich auf die Rolle der siebenbürgischen Frauen in den sozialen Einrichtungen ein. Über Jahrhunderte nur zuständig für "Kinder, Kirche und Küche" schafften sich die Frauen spätestens 1884 mit der Gründung des Allgemeinen Frauenvereins der evangelischen Landeskirche A.B. in Hermannstadt eine Lobby. Armenpflege, Unterstützung von Erziehungs- und Unterrichtsanstalten für Mädchen, Hilfe bei der beruflichen Ausbildung von Mädchen und die Pflege von Kirchen und Friedhöfen wurden zu den Hauptaufgaben des Vereins. Wenig später entstanden nach diesem Vorbild Bezirks- und Ortsfrauenvereine in ganz Siebenbürgen. Auch auf dem Feld der diakonischen Arbeit wurden Frauen im 19. Jahrhundert zu unerlässlichen Kräften.

Abschließend wird die soziale Arbeit in Siebenbürgen vom Ende des 2. Weltkriegs bis heute dargestellt. Besonders hervorgehoben werden die Einrichtungen, die sich gegenwärtig für die verbliebene deutsche Minderheit in der alten Heimat einsetzen: das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR), die Saxonia-Stiftung, das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (DWR), das Alten- und Pflegeheim "Dr. Carl Wolff" und verschiedene Sozialstationen, die großartige Arbeit leisten und dennoch mehr denn je auf Unterstützung angewiesen sind.

Manfred Copony hat mit seiner Diplomarbeit eine aufschlussreiche Abhandlung zum sozialen Engagement und einen wertvollen und detaillierten Beitrag zur Sozialgeschichte der Siebenbürger Sachsen geliefert. Die Arbeit zeigt deutlich, dass man die eigene Vergangenheit nicht aus den Augen verlieren sollte und dass auch heute noch großer Bedarf an Hilfe auf dem Gebiet der sozialen Leistungen in Siebenbürgen besteht.

Doris Roth

Schlagwörter: Burzenland, Brenndorf, Soziales

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