18. Januar 2023

Landler erwandern Urheimat im Salzkammergut

„Ein neues Jahr ist angefangen, / lass es ein Jahr der Gnade sein! / Ein jeder blicket …“ (H. Puchta) – So oder so ähnlich haben auch schon die Landler bei der Transmigration vor fast 300 Jahren aus dem Salzkammergut und Kärnten nach Siebenbürgen gebetet. Nicht nur einen tiefen Glauben haben sie von Generation zu Generation weitergegeben, sondern auch den landlerischen Dialekt, verschiedene Speisen und Gebäck. Selbst die Sehnsucht nach der (Ur)Heimat wurde ins Herz gelegt.
Nach der Wende kam es schnell zu Verbindungen und darauf folgten Feste, Jubiläen und seit 2010, immer am ersten Wochenende im Juli, die (Ur)Heimat-Wanderung im Salzkammergut. Bitte vormerken: (Ur)Heimatwanderung von Freitag, dem 30. Juni, bis Sonntag, den 2. Juli 2023, in Gosau/Salzkammergut.

Lesen Sie im Folgenden einen Bericht über die letzte Wanderung.

Kathi Mai

Landler-Wanderung im Salzkammergut 2022

Am ersten Juli-Wochenende 2022 kamen in Bad Goisern im Salzkammergut Landler aus den drei Gemeinden Neppendorf, Großau und Großpold zusammen, um miteinander nun schon zum zwölften Mal auf den Spuren ihrer Vorfahren zu wandern und der Transmigration der evangelischen Landler nach Siebenbürgen vor fast 300 Jahren zu gedenken. Organisiert wurde diese Veranstaltung vom Evangelischen Bildungswerk Oberösterreich (EBW OÖ), seit 2022 unter der Leitung von Andrea Greinecker.
Landler wanderten im Juli 2022 in ihrer Urheimat. ...
Landler wanderten im Juli 2022 in ihrer Urheimat. Foto: Katharina Scheiber
Ein Teil der Gäste traf schon am Freitag in Bad Goisern im Luise-Wehrenfennig-Haus ein. Ein erster gemütlicher Abend voller Wiedersehensfreude, umrahmt von Ziehharmonika-Klängen, Flöten- und Trompetenspiel, in welches die Anwesenden freudig mit einstimmten. Die beiden Musikanten Josef Schilcher und Lektor Gerhard Scheutz, der als Kind erblindete und zurzeit Chorleiter in Bad Goisern ist, freuten sich über die Singbereitschaft der Landler.

Am nächsten Morgen erschienen 95 wanderfreudige Menschen am Treffpunkt und wurden mit zwei Bussen nach Hallstatt gefahren, wo die Wanderung startete. Auch diesmal hatten wir professionelle und ortskundige Begleiter an unserer Seite. Kurator Pilz und Pfarrer Kirsch führten uns auf der westlichen Seite aus Hallstatt hinaus ins Echerntal. Wir konnten die Hirlitzwand bestaunen mit dem Schleierfall (einem dünnen Wasserfall, der 50 m herabstürzt und wie ein Schleier verstaubt) und immer wieder Gletschertöpfe, die der Waldbach über Jahrtausende schuf. Auch kamen wir bei Kraftplätzen vorbei, am sogenannten Kreuzstein, einem Felsblock, der sich vor ca. 12000 Jahren aus der Echernwand löste. Im 19. Jahrhundert wurde dort ein Kruzifix angebracht, und in dieser „Kirche“ hielt Pfarrer Kirsch die erste Andacht. Er sprach darüber, wie wichtig es ist, in dieser lauten, schnellen Zeit zu beten und zu bitten: Gott gib mir Ohren, die hören, und Augen, die sehen, und einen wachen Geist, um die Wanderung symbolisch, als rückblickenden Zeitraffer zu nutzen, aber mit Blick nach vorne.

Alle Wanderer sangen gemeinsam „Nun danket alle Gott“ und dann ging es weiter ins Echerntal hinein. Bei der Weggabelung, wo es steil bergauf zum Wasserfall und geradeaus zum Malerweg über eine Brücke geht, versammelten wir uns zur zweiten Rast.

Hier stellte uns Pfarrer Kirsch die Frage, was wir wohl im Wanderrucksack mit uns tragen, was wir davon loswerden möchten. Er betete mit uns, die Kraft zu empfangen, Ballast abzuwerfen, Sinn und Wahrheit auf unseren Wegen zu erkennen und uns von der Verblendung abzuwenden. Seine Worte ermutigten uns beide mit meinem Mann Martin, mit einem Lied das Gebet zu bekräftigen. „Noch immer hält der Herr die Welt in seinen Händen, was im Leben auch kommen mag“, so heißt es im Refrain, ein Lied mit der Einladung, sich Zeit zu nehmen, still zu werden, um zu hören und zu sehen, wie reich uns Gott beschenkt.

Danach ging es über den schmalen Steig hinauf zum Waldbachsstrub. Wir mussten einzeln aufsteigen, jeder in seinem Rhythmus, mit seinen Gedanken, seinem Rucksack, mit oder ohne Ballast. Da oben sammelt der Waldbach alle seine Tropfen und allen Mut, er stürzt die 240 m hohe Wand hinab, schwillt weiter an und rauscht mit viel Getose durchs Tal und mündet still in den Hallstätter See.

Nach dem Abstieg wanderten wir über den Malerweg zurück nach Hallstatt. Kurator Pilz, ein enthusiastischer Kenner seiner Heimat, lenkte unsere Blicke auf seltene Orchideen, Lilien und heimische Bergblumen und Pflanzen am Wegesrand und wusste auch viel über ihre heilende Kraft zu erzählen. In Hallstatt wurden wir zur Badeinsel geführt, wo fleißige Helferinnen vom EBW in einem der Seehäuschen Kaffee und Kuchen für uns bereithielten. Das war eine willkommene Stärkung mit schönstem Ausblick auf den See und die umliegenden Berge, inklusive Abtauchen und Erfrischung im kühlen Nass.

Mit Schiff und Bahn und passenden Liedern ging es nach Bad Goisern zurück. So waren wir schon gut eingestimmt, als wir alle um 19.00 Uhr zu einem bunten Abend bei gutem Essen, Musik und Tanz im Luise-Wehrenfennig-Haus eintrafen. Eine Besonderheit war das Harfenspiel der Conny Kirsch aus Hallstatt. Ihre sanften Melodien waren eine angenehme Begleitung zu den Gesprächen mit alten und neuen Freunden.

Es dauerte nicht lange, da stand plötzlich, wie aus dem Nichts, eine Neppendorfer Schrammel bereit, so dass auch die Harfe mit einstimmte. Die Tische mussten weichen, eine Tanzfläche musste her und man konnte nach Herzenslust tanzen. Von der Nacht blieb wenig zum Schlafen übrig.

Den Gottesdienst am dritten Sonntag nach Trinitatis, zum Abschluss dieses Gedenkwochenendes, feierten die Landler und Gäste des EBW OÖ gemeinsam in der Evangelischen Christuskirche in Hallstatt. Die Geschichte vom verlorenen Sohn aus dem LukasEvangelium und die Parallelen zu Jesus am Kreuz, verachtet und verstoßen, waren Thema der Predigt. Jesus starb für uns am Kreuz und hat uns durch seinen Tod den Weg zur Umkehr gegeben. Wer die Wahrheit in Gottes Wort erkennt, wird die Angstmacherei durch die Medien nicht beachten noch fürchten. Mit guten Wünschen für viel Kraft in unserem Alltag und die Gewissheit haben zu können, von unserem himmlischen Vater, wie der verlorene Sohn, mit offenen Armen empfangen zu werden, beendete Pfarrer Kirsch die Predigt.

Renate Bauinger aus Neppendorf, die seit Juli 2021 als erste Frau das höchste weltliche Amt der Superintendentialkuratorin der Evangelischen Kirche in Oberösterreich inne hat und vor zwölf Jahren, damals als Leiterin des EBW OÖ, die Wanderung in der Urheimat ins Leben gerufen hatte, sprach anschließend über ihre Erlebnisse und Erfahrungen im Laufe der Jahre. Wir haben Renate als Freundin kennen und schätzen gelernt, die fest verankert im Glauben die drei Landler-Gemeinden wieder etwas näher zusammengebracht hat.

Durch das gemeinsame Bekennen unseres Glaubens im Anschluss bekräftigten wir alle, was unsere Vorfahren im Herzen in ihre neue Heimat nach Siebenbürgen trugen. Nachdem ich mit Martin das Vaterunser gesungen hatte, wollten wir die Landler noch zusätzlich mit einem landlerischen Lied verabschieden.

In Gedenken an die Zeiten von damals erklang unser Lied aus Kärnten:

„Wia die Zeit duch so schnell verfliagt, wia a Wolkn im Wingd,
‘s wor erscht gestern so kummts mir vir, doss i g’spilt hon, ols Kingd.
In der Fremd sein, wor oft a Plog, liaber wor i derhuam
und a so frai, wia i g’wesn bin, wor nur nuch’s Vogerl am Pam.
Uamol nur, wonn i a so nochdenk alluan,
tat i dos Rarel der Zeit, zruckzua drahn.“


Ich möchte noch allen danken, die uns diese herrlichen Tage in der Urheimat ermöglicht haben, und auch all denen, die mit offenen Ohren und Augen dabei waren.

Schian wors und i grfrei mi schuan aufs nächsti Mol!

Katharina Scheiber, geboren in Großpold

Schlagwörter: Landler, Wanderung, Salzkammergut

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