22. Februar 2013

Kunsthistoriker und Publizist Günther Ott (98) gestorben

Am 6. Februar ist der aus Hermannstadt stammende Kunsthistoriker, Pädagoge und Publizist Günther Ott in Köln gestorben. Er gehörte Jahrzehnte hindurch zu denen, die dazu beigetragen haben, den Ruf der Kunststadt Köln zu festigen und die ost- und südostdeutschen Künstler in sie zu integrieren.
Günther Ott wurde am 18. Januar 1915 in Her­mannstadt geboren, wo er die Brukenthalschule besuchte, um danach Germanistik, Kunstgeschichte und Archäologie in Bukarest zu studieren. Siebzehnjährig schon schrieb er Kunstkritiken für das Bukarester Tageblatt und entwickelte sein Interesse für die künstlerische Aktualität in der rumänischen Hauptstadt und im siebenbürgischen Raum, gepaart mit dem Bestreben, diese einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Der Krieg und die ersten Nachkriegsjahre, in denen er als Gymnasiallehrer in Wuppertal und Köln tätig war, verzögerten den beruflichen Einstieg in die Kunstszene des Rheinlands, in die er immer auch das Siebenbürgische einbezog und zu vermitteln verstand. Als Direktor des Außenreferats der Kölner Museen und später als Dozent für Kunstgeschichte an der Fachhochschule Köln hat sich Günther Ott ideenreich und konsequent dafür eingesetzt, das öffentliche Interesse für die Kunst anzuregen und auszubauen. In gezielten Führungen, Arbeitskontakten mit den Kölner Galerien, Atelierbesuchen sowie in Zusammenarbeit mit den Schulen hat Günther Ott Jahrzehnte hindurch über die Domstadt hinaus gewirkt und sich bleibende Verdienste erworben.

Der Kunsthistoriker Günther Ott (1915-2013) ...
Der Kunsthistoriker Günther Ott (1915-2013)
Unsere besondere Anerkennung und unseren Dank verdient Günther Ott für seine Förderung heimatvertriebener ostdeutscher und südostdeutscher Künstler. Am Rande seiner hauptberuflichen Aufgaben und ohne jeden Auftrag übernahm er einen vor allem publizistischen Mittlerdienst, der die Künstler und ihr Werk weit über den Ausstellungsbereich hinaus bekannt machte. In seiner Essay-Reihe im Pressedienst des Ostdeutschen Kulturrats („Kulturpolitische Korrespondenz“) hat er in über hundert Beiträgen Künstler und ihr Werk einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Hinzu kommen zahlreiche Beiträge für den Westdeutschen Rundfunk, in denen er auch den regionalen und zeitgeschichtlichen Hintergrund in die Darstellung einbezog und somit dem Werk den jeweiligen Kulturraum zuordnete.

1980 erschien im Rau Verlag Düsseldorf der vom Ostdeutschen Kulturrat herausgegebene Band „Künstlerprofile“, in dem Günther Ott 42 ost- und südostdeutsche Künstlerinnen und Künstler porträtiert. Er zeigt sie keineswegs als Randerscheinung, sondern als mitbestimmenden Faktor in der westlichen Kunstwelt. Wie angekommen und über die Grenzen Deutschlands angenommen diese Künstlergeneration und ihr Werk sind, zeigen Bilder, auf denen der aus Böhmen stammende Künstler Otto Herbert Hajek mit der englischen Königin und Prinz Philip im australischen Adelaide zu sehen ist, oder die in Gotha/Thüringen geborene Künstlerin Renate Goebel an der Seite des damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel. Unter den porträtierten Künstlern sind fünf aus dem südosteuropäischen Raum. Im Vorwort zu Günther Otts Buch schreibt der Präsident des Ostdeutschen Kulturrates Götz Fehr, „dass es gerade die Künstler sind, die am überzeugendsten zum Abbau der … Barrieren zwischen Ost und West beigetragen haben“.

Immer wieder hebt der Kunsthistoriker Günther Ott die Verflechtungen der aus Siebenbürgen und dem Banat stammenden Künstler hervor, die sie mit dem Herkunftsland verbinden und sich in ihrem plastischen Werk wiederfinden. In seinem Beitrag über die in Mediasch geborene Bildhauerin Annemarie Suckow von Heydendorff sind die Lebensstationen der Künstlerin als werkbestimmende Komponenten festgehalten: die Jahre in Allenstein/Ostpreußen, wohin sie ihrem Ehemann 1935 gefolgt war, ihre künstlerische Ausbildung in Bukarest, die Begegnung mit dem bildhauerischen Werk von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach. Die Not der vierziger Jahre hat ihrem künstlerischen Werk eine andere Ausrichtung verliehen. „Geblieben ist die Menschlichkeit“, schreibt Günther Ott, „die sich in ihren das Vertreibungsschicksal behandelnden Werken ausdrückt: jede tendenziöse Anklage fehlt.“

Das gehörte auch zum Kern dessen, was Günther Ott publizistisch und beratend (auch den Grundgedanken des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim betreffend) mitgetragen hat: die Aufrichtigkeit sich selbst gegenüber und den Respekt des anderen.

Franz Heinz

Schlagwörter: Nachruf, Kunsthistoriker, Publizist

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