19. Oktober 2025

Schirkanyer trauern um Pfarrer Johann Rehner

Aus der Siebenbürgischen Zeitung vom 15. April 2025 konnte ich entnehmen, dass Pfarrer Johann Rehner im Alter von 69 Jahren in Nürnberg verstorben ist. Pfarrer Rehner (1955-2025) war Gemeindepfarrer in Deutsch-Tekes und der letzte Pfarrer, der die Kirchengemeinde Schirkanyen von 1987 bis zur Massenaussiedlung unserer Landsleute 1990 nach Deutschland betreut hat. Mit diesem Artikel möchte ich an Pfarrer Johann Rehner in seiner Vertretungs- und Amtszeit in Schirkanyen gedenken und auch etwas über das kirchliche Gemeindeleben der letzten Jahre in der evangelischen Kirchengemeinde Schirkanyen bis Frühjahr 1990 berichten.
Im April 1984 siedelt unser letzter Schirkanyer Ortspfarrer Kurt Wolff mit seiner Familie nach Deutschland aus. Dessen Nachfolger wird Pfarrer Hans-Martin Trinnes aus Weidenbach, der als „Pfarrverweser“, so die Bezeichnung für den Vertreter der kirchlichen Betreuung, unsere Kirchengemeinde betreut. Pfarrer Trinnes kann durch den guten Bahnanschluss zwischen Weidenbach und Schirkanyen ganz gut in unsere Gemeinde kommen, um den Gottesdienst und andere nötige Amtshandlungen in der Gemeinde durchzuführen. Er hält alle kirchlichen Amtshandlungen im Verlauf des Jahres wie Taufen, Konfirmation, Trauungen und Beerdigungen ab. In dessen Amtszeit ist Walter Gross Kurator, die beiden Kirchenväter sind Johann Kirr (Kassier) und Karl Birk­ner (Wirtschafter).

Im Oktober 1986, in einer Sitzung des Presbyteriums, werde ich von Pfarrer Trinnes zur Aufnahme ins Presbyterium dem Presbyterium vorgeschlagen und als jüngstes Mitglied des Presbyteriums als Berater und Schriftführer gewählt und am 25. Oktober 1986 offiziell aufgenommen, da ich vorher unterschiedlich aktiv in unserer Kirchengemeinde war, so die Begründung. Am 31. Dezember 1986 zählt unsere Kirchengemeinde laut kirchlicher Statistik 217 Seelen (100 Männer und 117 Frauen). Es gibt vier Geburten, drei Konfirmanden, vier Trauungen, zwei Beerdigungen.

Am 24. Mai 1987 wird Pfarrer Hans-Martin Trinnes von unserer Gemeinde in Anwesenheit der Gemeindevertretung und des Presbyteriums festlich im Pfarrhaus verabschiedet. Er übergibt die Vertretung unserer Gemeinde an den Deutsch-Tekeser Ortspfarrer Johann Rehner, der am 25. Mai 1986 die Betreuung unserer Kirchengemeinde offiziell übernimmt.
Pfarrer Johann Rehner bei der letzten ...
Pfarrer Johann Rehner bei der letzten Konfirmation am 19. März 1989 in der Schirkanyer Kirche, bevor die massenweise Aussiedlung 1990 nach Deutschland begann.
Am 25. Oktober 1987 verabschiedet sich Kirchenvater Johann Kirr nach zwanzig erfüllten Tätigkeitsjahren als Kassier vom Presbyterium und von der Gemeinde. Am gleichen Abend wird die Wahl der Gemeindevertretung in der Kirche abgehalten, und am 6. Dezember 1987 wird Ludwig Schüller zum neuen Kirchenvater in sein Amt eingesegnet. Am 20. Dezember 1987 singen angehende Konfirmanden aus Fogarasch in unserer Kirche, geleitet von Pfarrer Heinz-Karl Heinrich. Die Orgel spielt die Organistin Melitta Seiwert, beide aus Fogarasch. Am 2. Juli 1988 – Feier des 90. Geburtstags von Altkurator Johann Farsch mit dem Presbyterium im Pfarrhaus. Ein besonderes Ereignis ist am 31. Juli 1988 die Einweihung des Kirchenturms in Deutsch-Tekes, in der Gemeinde von Pfarrer Rehner, mit Bischof Albert Klein. (Das ehemalige Turmdach der Kirche, das mit Biberschwanzziegeln bedeckt war, wird durch ein Kupferdach ersetzt). Dies ist ein sehr schöner und festlicher Sommertag mit Gottesdienst in der Kirche, es predigt Bischof Klein, anschließend gibt es ein Festessen in einem kleineren Kreis mit Bischof Klein im Pfarrhaus.

Schon bei der Ankunft in Deutsch-Tekes bin ich sehr beeindruckt von dem sich zeigenden festlichen Bild dieses Tages. Jeweils sechs bis acht Mädchen und Jungen in Volkstracht stehen Spalier vor dem Kircheneingang. Dann in der Kirche, auf der Empore, alte Männer in weißem Kirchenmantel mit schwarzem Filzhut am Kleiderrahmen, hinter ihnen an der Wand hängend. Und dann im Festraum im Pfarrhaus ein großes Bild unseres Reformators Johannes Honterus an der Wand, das mich sehr beeindruckt.

Für mich aus Schirkanyen, geographisch jenseits von Alt und Halmagener Wald gelegen, ist dieses wunderschöne Fest in der zu diesem Zeitpunkt noch starken sächsischen Gemeinde ein unvergesslicher schöner sächsischer Festtag, ohne zu ahnen und zu wissen, dass es das letzte große kirchliche Fest außerhalb von Schirkanyen vor meiner Aussiedlung im Frühjahr 1990 sein wird. Am 31.Dezember 1988, laut kirchlicher Statistik, hat unsere Kirchengemeinde 180 Seelen. Durch die anhaltende Aussiedlung von Familien und Einzelner nach Deutschland und durch Sterbefälle wird unserer Seelenzahl immer geringer, unsere Gemeinde immer kleiner, aber gefestigter. Fast alle jüngeren und älteren Mitglieder sind nun in das aktive Gestalten unseres Gemeindelebens eingebunden.

Unser Organist Hans Kirr tut seinen Dienst bis zuletzt im Heimatort. Oft wird er, in Vertretung oder aus Mangel an Organisten, auch in andere Nachbardörfer von den Pfarrherren mitgenommen. Der Kirchenchor und die Blaskapelle haben Bestand bis 1990, als sie aufgelöst werden. Ihre Leiter sind Musiklehrer Alfred Farsch (Blaskapelle) und Karl Birkner (Kirchenchor und Blaskapelle).

Am 18. März 1989 gibt es die letzte Konfirmation vor 1990 mit vier Konfirmanden: Helge Teutsch, Christian Zall, Christa Tontsch und Gunthard Kirr. Am 15. Oktober 1989 wird bei den Kirchenwahlen Gerhard Kirr zum neuen Kirchenkurator für vier Jahre nach Kurator Walter Gross gewählt, der von einem Deutschlandbesuch nicht mehr zurück in den Heimatort gekommen ist. Am 22. Dezember 1989 breitet sich die vor Tagen begonnene Revolution auf das ganze Land aus. In einem Rundschreiben von Bischof Albert Klein werden alle Kirchengemeinden aufgefordert, still und ruhig zu bleiben, Heiligabend und Weihnachten den Gottesdienst ganz normal zu halten und zu besuchen. Diese Rundmitteilung wird in Schirkanyen über das Nachbarschaftszeichen der vier Nachbarschaften bekannt gegeben. Die weihnachtlichen Gottesdienste werden in gewohnter Form und Gestaltung abgehalten, ohne Störungen und irgendwelche Zwischenfälle. Es sollte für die meisten von uns das letzte Weihnachtsfest in unserer Gemeinde werden.

In der ganzen Zeitspanne, in der wir ohne eigenen Ortspfarrer geblieben sind, wird der Gottesdienst an Feiertagen wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten von Studenten vom Theologischen Institut in Hermannstadt gehalten, da andere Pfarrer in ihrer eigenen Gemeinde dienstlich verpflichtet sind. Es ist immer wieder eine schöne Gelegenheit in dieser schweren Zeit des zahlenmäßigen Schrumpfens, neue junge und motivierte Menschen von auswärts im Dorf zu haben und kennenzulernen. Ihre Betreuung an dem Tag fand durch Mitglieder des Presbyteriums statt, die sie nach dem Gottesdienst zu sich nach Hause zum Mittagessen einladen. Es gibt auch einen Theologieprofessor, der in unsere Gemeinde kommt und die Gottesdienstvertretung gerne übernimmt. In der politischen Wendezeit im Dezember 1989 kommen Lebensmittel als Hilfsgüter an unsere Kirchengemeinde. Wir Mitglieder des Presbyteriums erstellen Listen mit dem Namen der Empfänger, die den Erhalt der Päckchen gegenzeichnen, die wir vorher gleichmäßig und gerecht an sie verteilt übergeben haben.

Pfarrer Johann Rehner ist mir durch unsere vielen Begegnungen in guter Erinnerung geblieben. Er war immer freundlich und angenehm für uns Schirkanyer da. Sehr schön fand ich, dass er sich als gebürtiger Nordsiebenbürger den Tekeser Ortsdialekt in seiner Amtszeit im Dorf angeeignet hatte, der uns Schirkanyern vertraut war. Gott lasse ihn ewig ruhen.

Hans-Günther Kessler, Mitglied des Presbyteriums von 1986 bis 1990

Schlagwörter: Schirkanyen, Rehner, Pfarrer, Nachruf

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