4. Oktober 2014

Führungswechsel in der Saxonia Stiftung/Interview mit Klaus-Harald Sifft

Rund 1200 Projekte hat die Kronstädter Saxonia Stiftung in mehr als zwei Jahrzehnten ihres Bestehens gefördert. Sie hat für die soziale Betreuung zahlreicher Menschen in Not gesorgt, die in Siebenbürgen lebenden Sachsen unterstützt, kulturelle Initiativen mitfinanziert, sich als Schaltstelle zwischen ausländischen Förderern und siebenbürgischen Empfängern etabliert. Entsprechend vielfältig und anspruchsvoll sind nun die Erwartungen an den neuen Geschäftsführer, der Anfang dieses Jahres die Nachfolge von Karl-Arthur Ehrmann angetreten hat. Der 45-jährige Kronstädter Klaus-Harald Sifft bringt neben wirtschaftlichem Wissen auch langjährige Management-Erfahrung mit. Für die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft setzt er sich seit Frühjahr 2014 auch als Vorstandsmitglied des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt ein. Er ist Absolvent des Honterus-Gymnasiums, hat Maschinenbau studiert und leitet seit mehr als 15 Jahren sein eigenes Unternehmen, das Kleinwasserkraftwerke baut und verwaltet. Auswandern war für ihn keine Option. Die Begründung? „Mir hat hier nichts ­gefehlt.“ SbZ-Korrespondentin Christine Chiriac sprach mit Klaus-Harald Sifft im Saxonia-Sozialzentrum in Rosenau.
Herr Sifft, welches ist der aktuelle Stand der Dinge bei der Saxonia?
In der „neuen“ Stiftung sind wir zurzeit mit drei Projekten für das laufende Jahr beschäftigt, die vom Bundesinnenministerium (BMI) gefördert werden. Wir freuen uns auf Antragsteller aus den Reihen der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Wir arbeiten nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst” – also kann ich die Firmenbesitzer, die die BMI-Förderkriterien erfüllen, nur ermutigen, ihre Anträge einzureichen. Außerdem ist momentan viel im Hotel zu tun, wir hatten im Sommer zahlreiche Gäste und sind auch im September gut ausgelastet.

Sie haben die Koordination aller drei Sektionen der Saxonia übernommen. Inwiefern gehören die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche zusammen?
Schon immer war es für mich klar, dass aus Sicht der Gemeinschaft die Saxonia ein und dasselbe ist und bleibt. Das ist für mich sehr wichtig. Es stellt sich höchstens die Frage, ob wir angesichts der vielfältigen Aufgaben noch zusätzliches Personal einstellen sollen. Erst bei meiner Nominierung durch das Direktorium Anfang dieses Jahres wurde mir nämlich klar, dass nicht nur mein Vorgänger im Amt, Karl-Arthur Ehrmann, geht, sondern auch mehrere unserer Mitarbeiter. Hier müssen wir eine Lücke überbrücken.

Klaus-Harald Sifft hat die Leitung der Saxonia ...
Klaus-Harald Sifft hat die Leitung der Saxonia Stiftung übernommen. Fotos: Christine Chiriac
Wie viele Mitarbeiter zählt Ihr Team zurzeit?
Neben unserer engagierten und verlässlichen Sekretärin, Eszter Piroska, haben wir eine Buchhalterin, einen Referenten und gelegentlich – unter Zeitvertrag – einen Handwerker für kleine Reparaturen. Im Monat August wurde unser Team durch eine Empfangsdame im Hotel ergänzt, und es wurde ein Manager für das Hotel vertraglich verpflichtet.

Welche Bedeutung messen Sie der Hilfe und den Spenden der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Österreich und Übersee bei, die über das Sozialwerk laufen?
Die Hilfe und die Spenden aller unserer Spender sind für die deutsche Minderheit, die wir betreuen, sehr wichtig – und für die Saxonia Stiftung eine Existenzgrundlage. Ohne diesen selbstlosen Einsatz der Spender könnte die Stiftung gar nicht mehr existieren, da sie über keine andere Einnahmequelle verfügt. Wir versuchen, die Spenden so sparsam wie möglich zu verwalten, um sie den rechtmäßigen Empfängern zu übergeben. Ab und zu erreichen uns Dankesbriefe, die wir unseren Spendern weiterleiten, damit sie die Gewissheit haben, dass ihre Aktionen den Bedürftigen zu Hilfe kommen, für die sie bestimmt wurden. Im Juni hatte ich die Chance, Dr. Johann Kremer, den Vorsitzenden des Sozialwerks, und seine Ehefrau kennenzulernen. Anfang September besuchte uns Peter Pastior, Ehrenvorsitzender des Sozialwerks, mit Familie, und erzählte mir freundlicherweise aus der Geschichte und Tätigkeit des Sozialwerks und des Verbandes der Siebenbürger Sachsen. Natürlich muss auch hier das Bundesinnenministerium (BMI) erwähnt werden, da von dort jährlich Geldmittel an das Sozialwerk übergeben werden, um Hilfsprojekte in Siebenbürgen zu unterstützen. Ich bedanke mich auch auf diesem Weg recht herzlich bei allen unseren Spendern und versichere ihnen, dass die Stiftung ihre Arbeit weiterführen wird, so lange es Bedürftige in den Reihen der deutschen Minderheit in Siebenbürgen gibt.

Mit welchen Summen werden die Projekte gefördert, die bei der Saxonia eingereicht und genehmigt werden?
Das Bundesinnenministerium, vertreten durch Baden-Württemberg International, begutachtet und genehmigt Projekte, die bis höchstens 35000 Euro gehen. Es gibt aber zusätzlich Projekte, die nicht direkt vom BMI, sondern aus Rückflussgeldern finanziert werden. Die Geförderten zahlen ihre Kredite in maximal fünf Jahren zurück und aus diesen Mitteln können wir weitere Projekte im Höchstwert von 20000 Euro fördern. Nicht zu vergessen sind auch die gemeinschaftsfördernden Maßnahmen, die für das Forum und die Kirche bestimmt sind. Diese machen höchstens ein Viertel der jährlich erhaltenen „Frischgelder“ aus, werden aber aus den Rückflussmitteln finanziert.
Das Hotel „Casa Saxonia“ und der Sitz der ...
Das Hotel „Casa Saxonia“ und der Sitz der Stiftung in Rosenau
Welche von der Saxonia geförderten Projekte sind besonders erfolgreich?
Wir haben zahlreiche Projekte in den Bereichen Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe, Kleinindustrie sowie Dienstleistungswesen unterstützt, unabhängig von der Nationalität des Antragstellers. Mein Lieblingsbeispiel ist die Gießerei „Select Metlemplast“ in Oderhellen, die ich unlängst besucht habe. Diese Firma hat sämtliche Punkte erfüllt, die in der Evaluation des BMI vorgesehen sind, und ist sehr erfolgreich. Der Firmeninhaber, Imre Lázár, hat vor zwanzig Jahren in einer Garage mit zwei ausrangierten spanabhebenden Maschinen begonnen. Heute beschäftigt er 190 Mitarbeiter und besitzt mehrere Werkhallen, etwa eine Stahlgießerei, eine Gusseisengießerei und eine Nichtmetallgießerei. Er arbeitet viel mit Siemens zusammen und exportiert 80 Prozent seiner Produktion nach Deutschland. Ein weiteres Beispiel ist der Landwirtschaftsbetrieb „Taragona“ in Neustadt, der rund 90 Hektar eigenen und zusätzlich gepachteten Boden bearbeitet. Die Felder sehen aus wie in Westeuropa – und das ist hierzulande nicht selbstverständlich.

Haben Sie auch unter den Förderern der „alten“ Saxonia ein Lieblingsbeispiel?
Die Familie Margret und Heinrich Däuwel aus Germersheim. In mehr als zwei Jahrzehnten haben sie rund 40 Transporte mit 185 Tonnen Hilfsgütern im Gesamtwert von 35 Millionen Euro nach Siebenbürgen vermittelt. Das bereits erwähnte Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen, die Neue Kronstädter Zeitung und die Familie Krauss aus Sankt Englmar gehören ebenfalls zu unseren treuesten Unterstützern.

Was wünschen Sie der Saxonia für die Zukunft? Dass uns das BMI und das Sozialwerk auch weiterhin unterstützen, damit wir unseren Landsleuten weiterhin helfen können und weitere Projekte angehen können. Das ist meine größte Hoffnung. Und dass unser Hotel auch in Zukunft eine gut besuchte Unterkunft für Landsleute von nah und fern bleibt.

Schlagwörter: Interview, Saxonia, Geschäftsführer

Bewerten:

15 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.