3. Oktober 2025
Weltrekord mit 21 Nummer-eins-Alben: Exklusiv-Interview mit Musiker Peter Maffay (76) zum 55. Jubiläum
1970 begann die musikalische Karriere von Peter Maffay (76), der in Kronstadt geboren und 1963 mit seinen Eltern nach Deutschland ausgewandert ist. Er hat über 50 Alben veröffentlicht und mehr als 50 Millionen Tonträger verkauft, stand 21 Mal an der Spitze der deutschen Album-Charts und hat damit einen Weltrekord aufgestellt, der weder Beatles, Elvis Presley, Rolling Stones noch Madonna, Tina Turner oder Michael Jackson gelungen ist. Außer ihm hat kein Künstler in einem anderen Land mehr Nummer-eins-Alben veröffentlicht, für die Maffay zahlreiche Gold- und Platinauszeichnungen erhalten hat, zuletzt Gold für über 300 000 verkaufte Einheiten seiner Version von „Über sieben Brücken musst du gehn“. Bei dieser Gelegenheit sagte Lisanne Dorn Bota, SVP Commercial Division, Sony Music GSA: „Ein Song, den wohl so gut wie jeder kennt, hat nun auch offiziell den Edelmetall-Status, der ihm gebührt. Wir freuen uns sehr, einen weiteren Erfolg mit Peter Maffay feiern zu dürfen. Herzlichen Glückwunsch an Peter und an das gesamte Team!“ Der Banater Journalist Helmut Heimann interviewte den Musiker anlässlich seines 55. Jubiläums.

„Du“ war der Schlüssel zu einer Tür, hinter der sich mein großer Traum verbarg, nämlich das Leben mit der Musik.
Warum ist „Du“ aus Ihrer Sicht weiterhin so beliebt?
„Du“ ist die direkteste, kürzeste und unkomplizierteste Ansprache. Ich glaube, darin liegt ein klein wenig das Geheimnis dieses Liedes und in der simplen Liebeserklärung, die jeder von uns in ähnlicher Form vermutlich erlebt.
Was empfinden Sie, wenn Sie „Du“ nach 55 Jahren immer noch singen?
Ich mache mir ein wenig einen Spaß daraus und amüsiere mich köstlich über die Reaktionen der Menschen, die mit diesem Lied eigene Erlebnisse verbinden.
War Musiker Ihr Kindheitstraum, oder hatten Sie einen anderen Wunschberuf?
Ich wollte nie Lokomotivführer, Astronaut oder Ähnliches werden. Im Alter von 14, 15 Jahren war für mich klar, dass es keinen Plan B oder eine Alternative zur Musik geben würde.
Kamen Sie als Kind in Kronstadt mit Musik in Berührung durch Instrumental- oder Gesangsunterricht, und waren Sie im Schul- bzw. Kirchenchor?
Ich habe als kleiner Bub in Kronstadt Geigenunterricht bekommen und mich für diese aufgezwungene Situation – meine Mutter hatte das Sagen – revanchiert mit fürchterlichem Geigenspiel. Später kam die Gitarre hinzu. Das war viel spannender, und dabei bin ich dann ja auch geblieben.
Hatten Sie ein musikalisches Vorbild?
Als Kinder verdienten wir uns ein kleines Taschengeld mit dem Aufstellen von Kegeln. Davon kaufte ich mir gelegentlich Kinokarten, und eines Tages sah ich im Kino Cliff Richard und die Shadows in einem Film namens „The Young Ones“. Das war für mich ein Schlüsselerlebnis und vielleicht auch das erste Vorbild.
Gefiel Ihren Eltern der eingeschlagene Weg als Schlagersänger, und unterstützten sie ihn?
Meine Eltern haben mich bei meinen ersten musikalischen Schritten immer begleitet und unterstützt.
Wie viele Titel umfasst Ihr Gesamtrepertoire, und haben Sie ein Lieblingslied darunter?
Ich kann nicht wirklich sagen, wie viele Titel mein Gesamtrepertoire umfasst, aber einige Hundert sind es wohl. Natürlich gibt es da Lieder, die man immer noch gerne spielt, genauso wie es auch welche gibt, die man inzwischen vernachlässigen kann.

Es gibt einige Lieder – das geht auch nicht anders –, die Bezug nehmen auf meine Herkunft, zum Beispiel das Lied „So weit“ auf einem unserer letzten Alben. Was aber auf jeden Fall immer eine unquantifizierbare Rolle gespielt hat, waren die Impulse aus der Musik der alten Heimat. Und dazu gehört die ungarische Volksmusik, die rumänische und natürlich unsere traditionell siebenbürgische. Das ist ein Teil meines musikalischen Fingerabdrucks. Die Melancholie, die Fröhlichkeit, die Exotik – vor allem auch in dieser Mischung – war sicherlich treibende Kraft beim Entstehen vieler Lieder.
Haben Sie auch auf Rumänisch und Ungarisch gesungen?
Ich habe Rumänisch und Ungarisch gesungen, wie viele meiner Jugendfreunde. Wir sind dreisprachig aufgewachsen, und insofern war das Teil der gelebten Normalität in Rumänien.
Halten Sie Kontakt zur Gruppe Karat, die in diesem Jahr ihr 50. Jubiläum mit einer Tournee begeht?
Zur Gruppe Karat gibt es nach wie vor freundschaftlichen Kontakt.
Ist Ihnen bekannt, dass Karat 1978 und 1979 durch Siebenbürgen und das Banat getourt ist und dort „Über sieben Brücken musst du gehn“ gespielt hat?
Davon habe ich gehört. Die näheren Umstände allerdings kenne ich nicht.
Werden Sie das Lied nochmal mit Karat singen?
Es ist durchaus vorstellbar, dass wir in Abständen immer mal wieder mit Karat zusammen diesen Song, der absolut zeitlos ist und zu einer kleinen Hymne geworden ist, spielen und singen.
Sind Sie an einem einzigen Tag real über sieben Brücken gegangen?
Daran kann ich mich ehrlich gesagt nicht erinnern, und ich wüsste auch nicht, wo so etwas passiert sein könnte.
Haben Sie Lampenfieber vor Auftritten?
Lampenfieber ist ein Motor, eine treibende Kraft, und gehört einfach auf die Bühne. Wer es aus meiner Sicht nicht mehr spürt, verliert einen wichtigen Impulsgeber. Auch der Effekt – nämlich Adrenalin – und dessen Auswirkungen finden dann auch nicht mehr statt. Sowohl dem Publikum als auch den Künstlern ginge da etwas Maßgebliches verloren.
Werden Sie eine CD mit neuen Songs veröffentlichen?
Wir werden, davon gehe ich aus, eine neue CD einspielen. Wann das aber genau passiert, kann ich im Augenblick nicht sagen.
Wie lange wollen Sie musikalisch aktiv bleiben?
Solange der liebe Gott das zulässt.
Am Musikfestival „Goldener Hirsch” in Kronstadt haben im Laufe der Jahrzehnte Udo Jürgens, Roy Black, Rex Gildo, Tom Jones, Status Quo, Simply Red, Joe Cocker, Cliff Richard, Diana Ross, Ricky Martin oder Julio Iglesias gastiert. Würde Sie ein Auftritt als Stargast beim Festival reizen, wenn es zur Wiederauflage kommen sollte, zumal es der erste in Ihrer Heimatstadt wäre?
Das würde mich sehr reizen und kann ich mir auch gut vorstellen. Wir haben letztes Jahr in Hermannstadt ein wunderschönes Konzert spielen können vor einem fantastischen Publikum, und so etwas in Kronstadt, meiner alten Heimatstadt, zu wiederholen, wäre in der Tat ein großer Wunsch.
Welches war das schönste Erlebnis Ihrer Karriere?
In einer über fünf Jahrzehnte langen Laufbahn ergeben sich immer wieder Höhepunkte, genauso wie auch Tiefpunkte. Mit Sicherheit war die Veröffentlichung meiner ersten Schallplatte eines der herausragendsten Erlebnisse, aber wie gesagt: In völlig anderer Form gab es sehr viele dieser Höhepunkte. Und im Grunde genommen hängt es von einem selbst weitgehend ab, wie man aus einer Situation einen Höhepunkt gestaltet. Das gelingt manchmal – aber natürlich nicht immer. Manchmal tun es andere für einen. Beim Abschiedskonzert unserer Farewell-Tour im Jahr 2024 stand meine kleine Tochter am Bühnenrand mit einem Schild, auf dem stand: „Papa, ich hab dich lieb.“ Das war so berührend und zauberhaft, dass ich für eine kurze Zeit Schwierigkeiten hatte, weiterzusingen.
Wie sehen Sie die Zukunft der Musikindustrie angesichts des digitalen Wandels, besonders den Einfluss von Streaming und die Rolle der sozialen Medien in der Musikszene?
Der digitale Wandel hat zwei Seiten. Eine sehr gute: Noch nie war Musik so vielschichtig einem weltweiten Publikum zugänglich. Und noch nie hatten Nachwuchskünstler eine Einstiegsmöglichkeit, wenn alle anderen Wege verwehrt waren. Die negative Seite dieser Medaille ist, dass der digitale Wandel Geschäftsmodelle der Musikindustrie ermöglicht hat, die Künstler regelrecht ausbeuten. Dabei spielt das weltweite Monopol, das diese Konstrukte darstellen, eine entscheidende Rolle. Dagegen treten weltweit immer mehr Künstler an, um eine faire und transparente Beteiligung an den künstlerischen Ergebnissen ihrer Arbeit zu erkämpfen. Die Gesellschaft – und über sie die Politik – müsste es sich dringend zur Aufgabe machen, das künstlerische Schaffen und dessen Protagonisten durch entsprechende Gesetze und Regularien besser und effektiver zu schützen. Angesichts der zunehmenden Verwerfungen und Konflikte überall auf der Welt ist diese Entwicklung und Problematik leider völlig in den Hintergrund und aus dem Fokus geraten. Das kulturelle Schaffen und eine intakte, selbstbestimmte Künstlergemeinschaft werden immer Spiegelbild einer gesunden Gesellschaft bleiben. Sie zu erhalten, ist daher eine unverzichtbare Verpflichtung.
Vielen Dank für das Gespräch.
Schlagwörter: Peter Maffay, Interview, Musik, Kronstadt
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