19. Juli 2025

Junge Leute für die Gemeinschaft gewinnen: Interview mit Heidi Mößner

Kinder und Jugendliche für die siebenbürgisch-sächsische Kultur zu begeistern, ist ein aktuelles und brennendes Thema. Auch beim Heimattag in Dinkelsbühl konnte man sehen, wie schön es ist, wenn Jung und Alt gemeinsam unsere Traditionen pflegen. Passend dazu hat Melina Battes ein Interview mit Heidi Mößner geführt. 1984 in Augsburg geboren, ist sie stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., Vorsitzende der Kreisgruppe München und Leiterin der Arbeitsgruppe Mitgliederwerbung des Bundesvorstandes. Außerdem rief sie die Kindertanzgruppe München ins Leben und engagiert sich viel bei der Organisation der Großen Siebenbürgerballs in München u.a. Veranstaltungen.
Heidi Mößner, Selfie vom 3. Mai 2025 ...
Heidi Mößner, Selfie vom 3. Mai 2025
Wie kam es dazu, dass du dich so viel für die Siebenbürger Sachsen engagierst?
Das hat vor allem damit zu tun, dass ich damit von Klein auf aufgewachsen bin. Ich bin hier in Deutschland geboren, und meine Eltern waren im Verband der Siebenbürger Sachsen engagiert, damals in der Jugendtanzgruppe in Augsburg. Mein Papa leitete dort auch den Chor und sie nahmen mich einfach immer mit. Nach der Konfirmation war ich erstmal ehrenamtlich in der evangelischen Jugend aktiv. Meine Eltern redeten etwas länger auf mich ein, ob ich nicht mal zur Jugendgruppe der Siebenbürger Sachsen nach Fürstenfeldbruck gehen würde. Ich zögerte zunächst, habe es aber getan und es ist das passiert, was immer passiert: Wenn man einmal hingeht, ist man sozusagen mit dem Siebenbürger Virus infiziert. Wir haben zusammen Ausflüge unternommen, uns mit der siebenbürgischen Jugend getroffen, waren auf Skilager und so weiter. Und da bist du sofort in dieser Gemeinschaft drinnen. Das hat total viel Spaß gemacht, und so bin ich dabei geblieben. Später wechselte ich dann in die Jugendtanzgruppe nach München, weil ich gerne tanzen wollte. Da ich auch Musik mache, konnte ich das mit dem Tänzerischen auch ganz gut verbinden und auch Schritte und Figuren erklären, dann war ich irgendwann Tanzleitung und habe mir überlegt, es wäre doch ganz gut, wenn es auch eine Kindertanzgruppe in München gäbe. So ist es gekommen, dass ich mich für die Siebenbürger Sachsen engagiere. Es hätte auch ein anderer Verein sein können, wenn meine Eltern nicht schon engagiert und auch ein bisschen hinterher gewesen wären. Aber ich bin sehr froh, dass es ist, wie es ist, und es macht immer noch viel Spaß.

Du kommst mit frischen Eindrücken vom letzten Heimattag. Dein Vater Siegfried Krempels ergriff bei der Podiumsdiskussion am Pfingstmontag das Wort und sagte, wie wichtig der Heimattag für die Vermittlung der siebenbürgisch-sächsischen Kultur an die Kinder sei. Wie hast du als Kind den Heimattag erlebt?
Ich habe das immer als riesengroßes Event erlebt. Es war so wie heute mit sehr vielen Leuten auf der Straße. Ich war meistens dabei, wenn mein Papa mit seiner Musikkapelle spielte. Wir waren oft in der Schranne oder auf dem Siebenbürger Markt und aßen was. Hin und wieder ging auch unsere Heimatortgemeinschaft Girelsau beim Trachtenumzug mit, und da war ich auch als Kind dabei. So ein bisschen mitmachen und mitschauen. Jetzt ist es anders, jetzt mache ich viel Organisatorisches und erlebe den Heimattag auf eine andere spannende Weise.

Wie werden die Kinder heute an die Tradition ihrer Eltern herangeführt?
Ich finde, dass wir heute viel mehr Angebote für die Kinder haben. Früher gab es zum Beispiel noch keine Hüpfburgen und kein Kulturprogramm für die Kinder. Inzwischen hat die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) die Veranstaltung „Unser Nachwuchs präsentiert sich“ übernommen. Am Samstagnachmittag in der Schranne dürfen junge Talente alles zeigen, was sie können: Es muss nicht Tanz sein, es kann auch Musik sein, es kann siebenbürgisch sein, muss es aber nicht. Wir hatten auch schon Showtänze, Gedichte und Theater. Seit einigen Jahren engagieren sich mehrere im Verband für die Kinder, und jetzt gibt es auch ein Raketenbasteln der Carl Wolff Gesellschaft sowie Kindertheater oder Clowns. Auf diese Weise kriegen die Kinder spielerisch die Gemeinschaft mit.

Du warst Leiterin der Kindertanzgruppe München. Wie ist es dir gelungen, die Kinder für deine Tanzgruppe zu gewinnen?
Die Tanzgruppenleitung für die Kindertanzgruppe habe ich mittlerweile an Sandra Hundeshagen und Jessica Barth abgegeben. Sie sind Mitglieder der Jugendtanzgruppe München und machen das so gut, dass ich mich jetzt schon seit einiger Zeit von der Kindertanzgruppe München zurückgezogen habe. Um eine Tanzgruppe gründen zu können, ist einfach viel Werbeaufwand und Mundpropaganda nötig. Zum einen ist es gut, wenn man schon ein paar Eltern kennt und sie anspricht. Oft dauert das ein bisschen, aber es spricht sich herum und dann meldet sich jemand. Wir haben auch einen Aufruf in der Siebenbürgischen Zeitung gestartet und die Mitglieder in München per Brief angeschrieben. Viele Eltern waren schon in einer Tanzgruppe und gaben den Anstoß, dass nun auch ihre Kinder mitmachen. Ohne Unterstützung der Eltern funktioniert es natürlich nicht.

Also ist die Rolle der Eltern sehr groß im Bezug darauf, wie die Kinder zur Kultur der Siebenbürger Sachsen stehen?
Absolut. Also ich glaube, es ist die Basis und das Kernthema. Es gibt natürlich auch Ausnahmen. Es gibt Kinder oder Jugendliche, die vielleicht über ihre Cousins oder über Freunde mal in eine Tanzgruppe oder in unsere Gemeinschaft finden, aber wenn die Eltern davon nichts wissen, sich nicht engagieren oder nicht hingehen, dann wird es auch schwierig für die Kinder. Es gibt ja viele andere Angebote für Kinder und Jugendliche, da wenden sie sich meistens etwas anderem zu.

Gibt es also keine anderen Möglichkeiten, dass die jungen Leute die siebenbürgisch-sächsische Kultur kennenlernen, wenn ihre Eltern nicht engagiert sind?
Das ist eine sehr gute Frage. Es ist tatsächlich schwierig. Wir überlegen uns auch ständig, wie wir diese Kinder und Jugendlichen erreichen, die keinen Bezug haben. Ich habe noch nicht die Idee gefunden. Vielleicht fällt irgendjemandem dazu was ein, dann gerne her mit der Idee. Und vielleicht hilft der Heimattag, weil er ja so groß ist und weil irgendwie doch fast jeder Siebenbürger Sachse mal zum Heimattag kommt. Das ist schon ein großer Anlaufpunkt.

Du leitest die AG Mitgliederwerbung. Wie schafft es die Arbeitsgruppe, auch junge Leute anzusprechen?
Indem wir versuchen, uns in die jungen Leute hineinzuversetzen. Wir haben aber vor allem Natalie Bertleff, Bundesjugendleiterin der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD), in unserem Team. Wir versuchen einfach, eine spritzige, moderne Ansprache zu finden. Wir haben seit neuestem Spaßpostkarten mit lustigen Motiven und Sprüchen, meistens etwas, das aus dem Siebenbürgisch-Sächsischen direkt ins Deutsche übersetzt wurde. Die Postkarten kamen ganz gut an. Beim Heimattag bauten wir große Plakate auf den Bauzäunen auf – mit einem provokanten Spruch. Ich hoffe, dass wir mit diesen Sachen sowie mit Bildern, Wappen oder QR-Codes auch ein paar Jüngere erreichen. Vieles läuft mittlerweile über Social Media. Das meiste ist aber die Arbeit der SJD, die die jungen Leute über ihre Angebote erreicht. Beim Heimattag ist es zum Beispiel der Zeltplatz. Es ist interessant, SJD-Mitglied zu werden, da man dort viel günstiger übernachten kann.

Wie schaffst du es, dein Privatleben mit den vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten zu vereinen?
Indem ich es einfach mache. Mir macht es so viel Spaß, im Verband tätig zu sein, dass es mir gar nicht auffällt, dass es meine Freizeit ist. Es gibt mir so viel Energie, auch für meinen hauptberuflichen Job, dass ich im Moment gar nicht merke, dass es tatsächlich viel ist. Es macht sehr viel Spaß, in unserer Gemeinschaft etwas zu bewirken. Ich habe auch einen Mann, der es gut findet, was ich mache, und mich machen lässt, und es spielt natürlich eine große Rolle, dass meine Familie auch engagiert ist. Es ist viel Freizeit, die draufgeht, aber für mich ist es genau das Richtige.

Schlagwörter: Interview, Mößner, Mitgliederwerbung

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