2. Februar 2019

Peter Boehm ist neuer Senator der Provinz Ontario im kanadischen Parlament

Dr. Peter Boehm, einer der herausragendsten Diplomaten Kanadas, beendete im September 2018 seine Beamtenlaufbahn und wurde im Oktober letzten Jahres zum Senator der Provinz Ontario im kanadischen Parlament ernannt. Er wurde 1954 in Kitchener, Ontario, als ältester Sohn von Michael und Anna Boehm, die aus Waltersdorf und Draas in Siebenbürgen stammen, geboren. Boehm studierte Englisch und Geschichte an der Wilfrid Laurier University in Waterloo, beendete sein weiterführendes Studium an der Carleton University in Ottawa mit einem Magister in Internationalen Beziehungen und promovierte im Fach Geschichte an der University of Edinburgh in Schottland. Von 2008 bis 2012 war er als Botschafter Kanadas in Berlin und danach als Staatsekretär und Vizeaußenminister im Außenministerium Kanadas tätig. Im Interview mit SbZ-Chefredakteur Siegbert Bruss zieht Dr. Peter Boehm eine Bilanz seiner diplomatischen Karriere und spricht über seine Pläne als Senator.
Im September 2018 haben Sie Ihre Tätigkeit als Staatssekretär im kanadischen Außenministerium beendet. Welches waren die Höhepunkte Ihrer sechsjährigen Amtszeit?

Während meiner diplomatischen Laufbahn, die ich 2018 nach meinem Rücktritt aus dem öffentlichen Dienst Kanadas beendet habe, gab es viele Höhepunkte. Ich bin für alle dankbar, da jeder eine wertvolle Gelegenheit zum Lernen und zur Entwicklung bot. In dieser Zeit war es mir eine besondere Ehre, zwei Mal als Botschafter gedient zu haben: bei der Organisation Amerikanischer Staaten in Washington und, etwas ganz Besonderes für mich, in Deutschland. Meine Zeit als Staatssekretär im Außenministerium bot mir weitere Möglichkeiten, auf globaler Ebene zu arbeiten.
Im Zeitraum 2012-2018 habe ich die größte Ehre für einen Beamten erlangt, als ich als persönlicher Vertreter des Premierministers und Staatssekretär für den G7-Gipfel 2018 ernannt wurde, der in Quebec stattfand. Die Verantwortung für die Organisation und Verhandlungen eines internationalen Gipfeltreffens wie des G7 und das Vertrauen meines Landesführers dafür zu genießen, waren vielleicht die größte Herausforderung und das Privileg meiner langen Karriere. In meinem Beruf hatte ich die besondere Ehre, mit leidenschaftlichen und talentierten Menschen zusammenzuarbeiten – einige von Kanadas besten und klügsten –, das wird immer einer der denkwürdigsten Aspekte meiner diplomatischen Tätigkeit bleiben.
Dr. Peter Boehm. Foto: Senat von Kanada ...
Dr. Peter Boehm. Foto: Senat von Kanada
Ihre diplomatische Laufbahn haben Sie schon 1981 begonnen. Wie schätzen Sie die Bedeutung des diplomatischen Dienstes ein?

Nach 37 Jahren im kanadischen Auslandsdienst ist es mir klar, dass die Männer und Frauen, die in Kanadas diplomatischem Korps dienen, zu den allerbesten Diplomaten der Welt gehören. Das Leben eines Diplomaten, ohne Rücksicht auf die Nationalität, ist nicht ohne Opfer und die Menschen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, waren stets mit Begeisterung dabei, ohne Ruhm oder Lob zu erwarten.
Ich bin überzeugt, dass es nach meiner internationalen Erfahrung nur wenige Länder gibt, in denen die Erwartung nachweisbarer Ergebnisse außergewöhnlich hoch ist und in denen staatliche Maßnahmen von anderen Staaten genau beobachtet und sogar nachgeahmt werden. Kanada ist ein solches Land ebenso wie Deutschland. Unsere moralische Autorität ist hoch, unabhängig davon, welche politische Partei unsere jeweiligen Regierungen bildet. Ich bin immens stolz darauf, Kanadier zu sein, auf meine deutschen sprachlichen Wurzeln und auf den positiven Ruf, den beide Länder genießen. Ich bin auch stolz darauf, dass Kanada und Deutschland sich gegen die Verbreitung des Rechtspopulismus in der ganzen Welt entschieden haben, sich für Vielfalt einsetzen sowie Migranten und Flüchtlinge willkommen heißen, anstatt unsere jeweiligen Grenzen für Bedürftige zu schließen.

Im Oktober 2018 wurden Sie zum Senator ernannt, der die Provinz Ontario im Oberhaus des kanadischen Parlaments vertritt. Welches sind die wichtigsten Ziele, die Sie sich als Parlamentarier gesetzt haben?

Es gibt einige Themen, die ich im Senat vertreten möchte: Ich beabsichtige, die Interessen der Männer und Frauen des kanadischen Auswärtigen Dienstes zu verteidigen und zu fördern, die unermüdlich daran arbeiten, Kanadas diplomatische, kommerzielle, internationale Entwicklung und konsularische Interessen auf der ganzen Welt voranzutreiben. Diese entscheidende Arbeit zu unterstützen, ist heute wichtiger denn je.
Als Vater eines Sohnes mit Autismus plane ich, zusammen mit anderen Senatoren, auf Autismus und auf psychische Probleme im Allgemeinen aufmerksam zu machen.
Während meiner Karriere als Diplomat habe ich auch ein starkes Interesse an Welthandel, internationaler Entwicklung, Gleichstellung der Geschlechter, Umwelt und Klimawandel erlangt, zudem möchte ich die Jugend für den öffentlichen Dienst motivieren und die Versöhnung mit den indigenen Völkern Kanadas fördern. Ich unterstütze sehr ein aktuelles Gesetz vor dem Senat, das die innerstaatlichen Gesetze Kanadas mit der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker in Einklang bringen würde. Ich hoffe, dass wir auf eine vollständige Versöhnung hinarbeiten können.

Wieviel Siebenbürger Sachsen und deren Nachkommen leben schätzungsweise in der Provinz Ontario, wo u.a. siebenbürgische Kulturgruppen in eigenen Klubs in Kitchener und Aylmer aktiv sind?

Die letzte Volkszählung in Kanada wurde 2016 abgeschlossen. Sie ergab, dass mehr als 3,3 Millionen Menschen, die in Kanada leben – fast 10% der Landesbevölkerung – deutschsprechende Vorfahren haben. Von den Millionen Einwohnern Kanadas, die das deutsche Erbe in Anspruch nehmen, sind in Ontario fast 1,2 Millionen Menschen zu Hause. Wie viele Siebenbürger Sachsen und deren Nachkommen in Ontario leben, ist eine gute Frage. Wir wissen es einfach nicht, aber ich rechne an die 20.000.

Als Ehrengast des Heimattages 2015 in Dinkelsbühl sagten Sie, dass siebenbürgisch-sächsische Identität sich auszahlt und unser Leben bereichert. Werden Sie den Kontakt zu den Landsleuten in Europa auch künftig pflegen?

Ich schätze meine siebenbürgisch-sächsischen Wurzeln sehr. Die Erfahrung meiner Eltern, die als Flüchtlinge nach Kanada kamen, spielte eine wichtige Rolle in meinem Wunsch, mein Leben einem Beruf zu widmen, in dem ich neben anderen wichtigen Themen die Menschenrechte unterstützt und verteidigt habe. Als stolzes Mitglied dieser Gruppe hoffe ich sicherlich, meine persönlichen Bindungen und die der lebendigen siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft in Ontario zu unseren Landsleuten in Europa zu stärken, während ich meine Senatskarriere fortsetze. Ich würde gerne zum Heimattag in Dinkelsbühl zurückkehren und stehe mit meinen Freunden im Verband der Siebenbürger Sachsen in gutem Kontakt.

Schlagwörter: Politik, Diplomat, Parlament, Kanada, Botschafter, Peter Boehm

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