11. Januar 2020

Unter der Sonne Gottes: Nachruf auf den Kronstädter Stadtpfarrer i.R. Mathias Pelger

Am 23. November 2019 verabschiedeten sich Familienangehörige, Freunde und Bekannte von Mathias Pelger, der am 10. desselben Monats plötzlich verstarb. Der Trauergottesdienst fand in der katholischen Kirche von Rimsting statt, die Urne wurde auf dem nahe gelegenen Friedhof beigesetzt.
In Meschen, am 6. Juni 1938 geboren, wuchs Mathias Pelger mit zwei Brüdern und einer Schwester auf, umsorgt von der alleinerziehendenden Mutter, da der Vater kriegsbedingt fehlte. Familienzusammenhalt, die siebenbürgische Dorfgemeinschaft und Frömmigkeit prägten und begleiteten seinen Lebenslauf. Nach dem Besuch der Volksschule in Meschen war Mediasch die nächste Bildungsstätte. Im Herbst 1954 begann sein Theologiestudium in Klausenburg, das er 1958 in Hermannstadt beendete. Nach einem Zusatzjahr in Klausenburg und dem Vikariat in Schäßburg trat er 1960 seinen Dienst in Absdorf bei Agnetheln an. Mathias übte seinen Dienst, gemäß dem Ordinationsgelöbnis und seiner festen Glaubenshaltung, gewissenhaft und mit viel jugendlichem Elan aus. Er geriet dadurch sehr früh in das Blickfeld der „Securitate“. In seinem Buch „Im Schatten der Securitate –unter der Sonne Gottes“ hat er seine Erfahrungen mit dieser menschenverachtenden Organisation festgehalten.
Stadtpfarrer Mathias Pelger bei einer ...
Stadtpfarrer Mathias Pelger bei einer Gedenkveranstaltung zum 500. Geburtstagsjubiläum von Johannes Honterus im Mai 1998. Bei dieser Gelegenheit wurde auf dem Kirchhof auch Walther G. Seidners Theaterstück „Kein Denkmal für Honter“ aufgeführt. Im Hintergrund die wegen Restaurierungsarbeiten eingerüstete Schwarze Kirche mit dem Honterus-Denkmal. Foto: Waldemar Stadler (Bildarchiv Konrad Klein)
Die Beschäftigung mit der Theologie Dietrich Bohoeffers, insbesonders mit dem Sammelband Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft „Widerstand und Ergebung“ beeinflussten sein Denken und Handeln. Mathias hat aber auch erfahren, „dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.“ Dem „Schatten“ der Securitate ausgesetzt, erfuhr er immer wieder das „Gehaltenwerden“, also die „Sonne Gottes!“ 1968 wurde er Stadtprediger in Martinsberg/Kronstadt und 1976 wurde er in das Stadtpfarramt der „Honterusgemeinde“ berufen. Die Vielseitigkeit in der Gemeindearbeit, das Miteinander in der Ökumene und der jüdischen Gemeinde, die Restaurierungsarbeiten an der Schwarzen Kirche nehmen ihn ganz und voll in Anspruch. Seine Heirat mit Irmgard geb. Fleischer, „Imma“ 1969 gibt im zusätzlich Halt, denn sie ist bereit mit ihm auch in den „Dschungel“ zu gehen! Die Adoption von „Stefi“ vervollständigt das Familienglück, und als auch seine Mutter nach Kronstadt übersiedelt, wird das Stadtpfarrhaus zu einer Oase des Ausruhens und der Geborgenheit. Das Singen im „Bachchor“ machte ihm viel Freude und gab ihm Auftrieb in seinem verantwortungsvollen Dienst!

Nach seinem Eintritt in den Ruhestand 2001 wanderten Mathias und Imma aus familiären Gründen aus. Solange es sein Gesundheitszustand zuließ, übernahm er auch in Deutschland Vertretungsdienste, vor allem im Augsburger Raum, und sang gemeinsam mit Imma in verschiedenen Chören. Auch die Gemeinschaft mit siebenbürgischen Landsleuten lag ihm sehr am Herzen. Sein letzter Aufenthalt war das Altenheim In Rimsting. Imma ist ihm bis zu seinem Ende, zusammen mit „Stefi“, hilfreich und liebevoll zur Seite gestanden.
Anwerbung als Informant kategorisch abgelehnt: ...
Anwerbung als Informant kategorisch abgelehnt: Pfarrer Mathias Pelger (rechts) veröffentlichte 2016 ein akribisch recherchiertes Buch über seine Erfahrungen mit den Praktiken des rumänischen Geheimdienstes. Das Bild entstand bei der legendären Securitate-Tagung in München im Dezember 2009. Neben Pelger der im Dezember letzten Jahres verstorbene Dr. Andreas Möckel und die Malerin Marianne Simtion-Ambrosi. Foto: Konrad Klein
Nach seiner Beisetzung kamen Familienangehörige und Freunde im Siebenbürgischen Altenheim zusammen und gedachten des Heimgegangenen! Schwester Adelheid, erinnerte in einfühlsamer Weise an die Verwurzelung ihres Bruders in der Familie. Mathias sei für sie nicht nur der ältere Bruder gewesen, sondern habe versucht, auch die Vaterstelle zu ersetzen. Ein gewesener Konfirmand erinnerte an den Erzieher und Seelsorger Mathias Pelger in schwieriger Lebenslage.

Schwägerin Gerhild schilderte emotional das beherzte und mutige Eintreten ihres Schwagers beim Sturz der Ceaușescu-Diktatur in Kronstadt (1989). Es gelang ihm, die aufgebrachten Volksmassen vor einer Eskalation zu bewahren, indem er sie zu Gebet und Versöhnung aufrief! Der Schreiber dieser Zeilen, dankte dem „Freund und Bruder“ für jahrzehntelange Gemeinschaft mit Worten Davids: „Es tut mir leid um dich, mein Bruder, ich habe große Freude und Wonne an dir gehabt.“(2. Sam. 1,26) Seit dem Theologiestudium habe diese innige Freundschaft der „fünf Brüder“ Bestand gehabt. Bei unserm letzten Telefongespräch sagte Mathias zum Schluss: „Danke, und ruf noch mal an!“ Es sollte nicht mehr dazu kommen! Mit einem Vers von Paul Gerhardt nehmen wir Abschied von Mathias Pelger:

„Ich lag in tiefer Todesnacht, du wurdest meine Sonne,
die Sonne, die mir zugebracht, Licht, Leben, Freund und Wonne.
O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht,
wie schön sind deine Strahlen.“ (E.G. 37,4)

Gerhard Thomke, Pfarrer i.R.


(Der Nachruf erschien in der Beilage „Kirche und Heimat“, Siebenbürgische Zeitung, Folge 20 vom 15. Dezember 2019)

Schlagwörter: Nachruf, Stadtpfarrer, Kronstadt, Securitate, Kirche und Heimat

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