18. September 2020

Erfolgreicher siebenbürgischer Unternehmer: Nachruf auf Georg Dück

Georg Dück, geboren am 24. Oktober 1924 in Weidenbach, wurde nach erfolgreichem Abschluss der Ackerbauschule in Marienburg als 17-Jähriger eingezogen und zuerst an der Italienfront gegen die Amerikaner und danach an der Ostfront gegen die sowjetischen Truppen eingesetzt. Vier Monate vor Kriegsende wurde er wenige Kilometer vor Budapest durch Granatsplitter verwundet und kam kampfunfähig in ein Lazarett in Bayern. Kaum genesen, geriet er in amerikanische Gefangenschaft, von wo aus ihm der Ausbruch gelang. Auf dem Gut Müllerstadel in Grasselfing konnte er für längere Zeit als Traktorfahrer untertauchen. Erst drei Jahre später, nachdem die Besatzungsmacht die Suche nach flüchtigen deutschen Kriegsgefangenen eingestellt hatte, erhielten wir, seine Familie in Weidenbach, ein erstes Lebenszeichen von ihm. Ende 1947 meldete sich auch unser Vater, der zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt worden war und krankheitsbedingt nach Frankfurt/Oder entlassen worden war. Es gelang ihm, seinen Sohn auf den Gut Müllerstadel zu finden, wo beide zunächst als Traktorfahrer arbeiteten.
Georg Dück als 70-Jähriger ...
Georg Dück als 70-Jähriger
Georg Dück fand kurz danach eine besser bezahlte Anstellung bei einem Schrottverwertungsunternehmen in München. Sein Chef erkannte seine Fähigkeiten für anspruchsvollere Aufgaben sowie seine Führungseigenschaften und übertrug ihm den Ein- und Verkauf und bald auch die Geschäftsleitung. Er konnte heiraten und als sich bald darauf der erste Sohn ankündigte im Münchner Stadtteil Fürstenried-Maxhof ein Einfamilienhaus mieten, in dem auch unser Vater, den er ebenfalls als zuverlässigen Angestellten in der Schrottverwertung untergebracht hatte, ein gemütliches Zimmer hatte. Dank des Einsatzes meines Bruders, wobei auch Geldgeschenke flossen, gelang uns die Ausreise aus Rumänien und so lag sich die Familie Georg Dück am 5. Oktober 1951 in München nach mehr als siebenjähriger Trennung wiedervereint und glücklich in den Armen.

Georg Dück wurde infolge seiner Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit Teilhaber eines größeren, gut eingeführten Unternehmens, das über Verbindungen zu namhaften deutschen und ausländischen Stahlwerken und Gießereien verfügte, die auch er bald als künftig selbständiger Unternehmer über Bahn- und Schiffstransporte mit Stahlschrott belieferte. Im Gegenzug kaufte er von diesen Werken Baustahl, Stab- und Formstahl, Stahlträger und Stahlbleche für den eigenen Stahlhandel, den er zusätzlich neben der Schrottverwertung betrieb. Damit baute er sich innerhalb kurzer Zeit ein sehr vielseitiges Unternehmen auf. Darüber hinaus hatte er noch viel Größeres vor.

Zunächst gelang es ihm 1982, das Oberwiesenfelder Gelände zu günstigen Bedingungen der Stadt München zu überlassen. Im gleichen Zuge schloss er mit der Bundesbahn einen Erbpachtvertrag über ein etwa zehnmal größeres Gelände im Stadtteil Aubing ab, wohin er sein Unternehmen verlagerte. Gleichzeitig mit diesem Pachtvertrag schoss er mit der Bahn-AG auch einen Schrottlieferungsvertrag ab, demzufolge sich die Bahn verpflichtete, ihm den im Gesamtbereich der Bahn AG in riesigen Mengen anfallenden Metallschrott gegen immer zeitgemäß angepasste Preise zu überlassen.

Der Ausbau des Aubinger Geländes, die Ausstattung mit Schredder-, Sortier- bzw. Metallscheidungsanlagen waren mit großem Kostenaufwand verbunden. Dafür wurde das Unternehmen amtlicherseits mit der Sonderauszeichnung für die umweltfreundliche Aufbereitung und Entsorgung von Abfallstoffen ausgezeichnet.

Auf diese Weise entwickelt sich Georg Dücks Unternehmen Schritt für Schritt zu einem gesunden Schrottverwertungs- und Recyclings-Unternehmen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands nutze er die Chancen, die sich in den neuen Bundesländern ergaben. Er verkaufte sein Unternehmen in München-Aubing und erwarb in Thüringen nacheinander die Kaliwerke in Menteroda, Sollstädt und Rockensußra. Es war die Geburtsstunde der dort gegründeten neuen Firma IMM – Industrieabbrüche und Metallrecycling Menteroda mit dem Büro- und der Verwaltung in München. Er beteiligte sich erfolgreich an der vom Bundesministerium ausgeschriebenen Demilitarisierung, womit die Verschrottung und Verwertung des gesamten Waffenarsenals der ehemaligen Nationalen Volksarmee bzw. deren restlose Vernichtung durch vorschriftsmäßiges Trennen und Zerkleinern von mehreren tausend Panzern, Kanonen, Granatwerfern und allen sonstigen Waffen zu verstehen ist. Er erhielt den Ausführungsauftrag, der an sehr strenge Bedingungen gebunden war. Die erforderlichen Maßnahmen waren unter militärischer Aufsicht der Warschauer Paktmächte durchzuführen. Die Werksareale mussten entsprechend den gültigen Umweltschutzbestimmungen ausgebaut, flüssigkeitsdicht betoniert und mit Ölabscheidern versehen werden, die für die Verwertung erforderlichen Maschinen wurden angeschafft und installiert. Die IMM schafften damit 170 neue Arbeitsplätze. Da sie über das nötige Know-how und die erforderliche Ausrüstung verfügte, konnte die IMM ihre Aktivitäten auf das Gebiet des Abbruchs von stillgelegten Industrieanlagen ausweiten und alle dabei anfallenden Abfälle zu brauchbaren Rohstoffen verwerten.

Um die langen Wege zwischen Geschäftsleitung in München und den Niederlassungen in Thüringen zu überbrücken und um auf dem weit verzweigten Ein- und Verkaufsmarkt schneller zu reagieren – denn jetzt bemühte sich Georg Dück auf dem Weltmarkt um große Schrott- und Abbruchobjekte –, kaufte er ein firmeneigenes Flugzeug und stellte einen Flugzeugpilot an. Das erleichterte die Verhandlungen und Abschlüsse der Verträge, die fast immer in den Hauptstädten der Länder des Warschauer Pakts stattfanden sowie die Kommunikation mit den oft weit verstreuten Baustellen für die Verwertung von Schiffwracks, die oft auch in den Häfen dieser Staaten lagen und ebenfalls meistens vor Ort abgewrackt, verwertet und die Rohstoffe auf Schiffe verladen werden mussten, um sie zu den abnehmenden Werken in Italien oder nach Österreich zu transportieren.

Dies alles geschah zu der Zeit, als weltweit fast alle Regierungen über Waffenabrüstung nachdachten. Deutschland wollte damit den Anfang machen, so der damalige Bundesverteidigungsminister Volker Rühe. Um den Partnern der Nato-Länder zu demonstrieren, mit welchen Kraftaufwand die Waffen der Nationalen Volksarmee verwertet wurden, lud das Verteidigungsministerium mehrere Regierungen zu einer Besichtigung und Vorführung ein. Am 3. August 1992 erschienen auf den von 100 Wachsoldaten bewachten Betriebsareal in Rockensußra etwa 20 Botschafter der Warschauer Paktmächte und der Nato-Staaten sowie namhafte Generäle und hohe Offiziere der Bundeswehr und der ehemaligen Nationalen Volksarmee sowie zahlreiche Medienvertreter, die von den Ministern Volker Rühe und Klaus Kinkel auf dem Werksgelände von Georg Dück begrüßt wurden.

Große Verdienste hat sich die IMM auch mit den umfangreichen Renaturierungsmaßnahmen der verseuchten Kali-Abfallhalden erworben. Dafür und für weitere verdienstvolle Umwelt-Schutzleistungen wurde die IMM am 22. Juni 1995 mit dem Deutschen Recycling-Preis 1995 ausgezeichnet. Dazu der Präsident der Deutschen Rohstoffwirtschaft: „Das von Georg Dück im neuen Bundesland Thüringen gegründete Unternehmen IMM hat sich der großen Umweltaufgabe, nämlich der Renaturierung von Kalirückstandshalden, mit gutem Erfolg gewidmet. Dies geschah mit Hilfe der Verwertung von Erdaushub und Bauschutt sowie mit dem Einsatz von aufbereiteten kontaminierten Böden mittels Kulturbodenherstellung. Zielsetzung war, die durch Rückstände der Kaliwerke über Jahrzehnte hervorgerufenen Veränderungen im natürlichen Wasserhaushalt zu korrigieren, bzw. zu minimieren. Damit hat die IMM über seine bisherige Geschäftsbilder Schrottaufbereitung und Industrieabbruch hinaus , einen sinnvollen Beitrag im Rahmen der angestrebten Kreislaufwirtschaft geleistet, Ressourcen geschont, Deponien entlastet und Beeinträchtigungen der Umwelt verringert. Dies ist eine beispielhafte Pionierarbeit, die der Bundeverband der Deutschen Rohstoffwirtschaft mit der Vergabe seines Deutschen Recycling-Preises 1995 herausgestellt hat.“

Wie Georg Dück als 70-Jähriger in seinem Buch „Der Sprung ins kalte Wasser“ feststellte, war ihm die harte Arbeit, die er über die Jahre geleistet hatte, infolge seiner Erfolge zum Hobby geworden. Seine vielen gechäftlichen Aktivitäten führten leider zur ehelichen Entfremdung und schließlich zur Scheidung. Seine beiden Söhne Georg und Walter beschäftigte er nach deren Ausbildung in seinem Unternehmen auf dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes auf dem Oberwiesenfeld, so dass er ihnen mit etwa 70 Jahren sukzessive die Geschäfte überlassen konnte. So widmete sich Georg Dück die letzten zwanzig Jahre vor allem seinen lieb gewordenen Hobbys, dem Schach- und Golfspiel.

Am 21. Juli 2020 starb mein Bruder in München nach einem ungewöhnlich aktiven und bewegten Leben.

Otto Dück

Schlagwörter: Unternehmer, Weidenbach, München, Bayern, Thüringen, Wirtschaft, Nachruf

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