19. September 2020

Willi Paul, siebenbürgisches Urgestein, wird 80

Im Leben muss manchmal auch eine Heimatortsgemeinschaft Glück haben. Oder einen Vorsitzenden, der Wilhelm Paul heißt. Er bietet seit Jahrzehnten mehr, viel, viel mehr als der Durchschnitt. Willi Paul ist für die HOG Groß-Alisch ein wahrer Leuchtturm. Sein Wirken in Groß-Alisch, sein Wirken für seine Landsleute, für unsere siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft verdient höchste Anerkennung.
Willi Paul spricht auf der Burg Feuerstein, 2017. ...
Willi Paul spricht auf der Burg Feuerstein, 2017. Foto: Ingeborg Paul
Meine kürzlich verstorbene Schwester Margarete Schuster (ihr Ehegatte Alfred Schuster war Groß-Alischer) nannte Wilhelm Paul „ein siebenbürgisches Urgestein, einen aufrechten Mann mit aufrechter Gesinnung, der mit Stolz und Genugtuung auf ein erfolgreiches Leben zurückblicken kann“. Sie hat seinen Lebensweg vor Jahren treffend zusammengefasst. Darauf und auf eigene Recherchen und Hinweise des Vorstands der HOG Groß-Alisch stützt sich der folgende Text.

Geboren am 16. September 1940 in Groß-Alisch als drittes Kind von fünf Kindern, ein Kriegskind, das seinen Vater als Vierjähriger zum letzten Mal gesehen hat, das aber von einer vorbildlich starken Mutter geprägt wurde. So lernte er schon früh Pflichten und Verantwortung übernehmen sowie ein verlässlicher Freund und Familienmensch zu werden. Sein schulischer Werdegang ist gekennzeichnet von Fleiß und Gewissenhaftigkeit: Volksschule im Heimatdorf, Gymnasium in Schäßburg, Fachhochschule für Zahnmedizin in Bukarest, Zahntechnikermeister einige Jahre in Altrumänien südlich der Karpaten in Băicoi-Ploiesti, Bușteni, wo er die rumänische Sprache richtig lernte und liebte (und noch heute davon profitiert). 1972 heiratete er in Kronstadt Ingeborg geb. Zink aus Reps. Zwei Kinder gingen aus dieser Ehe hervor, Johannes und Stephanie. 1981 kam die Familie nach Deutschland („Ich und meine Familie wurden von der Bundesrepublik von Rumänien abgekauft“ sagt er). Bis 2005 war er in Erlangen in seinem Beruf tätig, seither ist Wilhelm Paul Rentner. In seiner neuen Heimat bauten sie ein Haus, das nun die Kinder bewohnen. Sein Hobby war schon immer die Gärtnerei, also meldete er ein Gartengewerbe an, welches er rund 13 Jahre pflegte.

1983 war Willi Paul als Vertreter von Groß-Alisch in Schloss Horneck/Gundelsheim wo zahlreiche HOGs aus der Taufe gehoben wurden. Mit kurzer Unterbrechung von drei Jahren übernahm er 2000 wieder den Vorsitz der HOG Groß-Alisch, den er auch heute noch innehat. Die Einweihung der ev. Kirche am 6. September 2015 in Groß-Alisch nach der Renovierung ist das größte Geburtstagsgeschenk und die Erfüllung eines lang gehegten Wunsches und Kampfes. Es wurde aus eigenen Mitteln (durch den Verkauf der evangelischen Schule und Spenden) gestemmt.

Die HOG Groß-Alisch wurde als gemeinnütziger Verein angemeldet. An der 544 Jahre alten Kirchenburg wurden jedes Jahr Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, die Außenrenovierung des Pfarrhauses als jetziges Gästehaus unterstützt, der Friedhofsplan mit Dokumentation aller Gräber erstellt, ein neuer Zaun um den Friedhof gebaut, ein Brunnen im Friedhof gegraben, ein neues Friedhofstor eingesetzt, der Hang gegen Erdrutsch gesichert, die Stufen am Hauptweg hergestellt, die umgefallenen Grabsteine wieder aufgestellt, ein Brunnen im Kirchhof gegraben, eine solide Ringmauer und prächtige Tore mit einem neuen „Tornaz“ aufgebaut, das Dach der Sakristei repariert, die Dachrinnen gesäubert, die Turmstufen erneuert, Zwischenpodeste, die vor ca. 150 Jahren abgebrannt waren, ebenso die Turmuhr mit Puppe wieder in Gang gesetzt. Das Glockenläuten und die Turmuhr funktionieren nun elektrisch und die Orgel ist fachmännisch repariert. Im Inneren der Kirche wird auch heute noch repariert und restauriert, z.B. der Altar. All diese Arbeiten wurden aus Spendengeldern, aus Beiträgen und vor allem mit den Helfern vor Ort geschafft. Diesbezüglich soll auch Elfriede Hermann und ihrem Team aus Alisch gedankt werden! Willi Paul hat in nunmehr 18 Arbeitsurlauben mit seiner Frau vor Ort selbst Hand angelegt und bei all den Tätigkeiten entscheidend mitgeholfen. Auch die lokalen rumänischen Behörden und die örtliche orthodoxe Kirche erkennen diese Arbeit an und unterstützen sie.

Willi Paul bereitet gewissenhaft, gemeinsam mit den Mitgliedern des Vorstandes die Alischer Treffen, die jedes zweite Jahr stattfinden, vor. Seit einigen Jahren feiern die Alischer in Nürnberg vor Weihnachten das Leuchtertsingen mit dem nach Alischer Tradition gebundenen Leuchter, auch das hat Willi Paul initiiert. Außerdem hat Willi Paul zwei Busreisen nach Alisch und Umgebung organisiert sowie eine Gruppenreise in die USA und Kanada. Das alles hat ihn viel Kraft und Mühen gekostet.

Unter seiner Federführung werden seit 2003 die Groß-Alischer Nachrichten herausgegeben. Sie sind ein wichtiges Bindeglied unter den Groß-Alischern und deren Freunden und eine wahre Fundgrube für interessierte Landsleute und darüber hinaus. Historische, naturwissenschaftliche, sozio-kulturelle, tagesaktuelle, HOG-bezogene Themen, reich mit überlegt ausgewähltem Bildmaterial ausgestattet, sind bester Lesestoff für alle Generationen. Die breit ausgelegte Ausgabe über die orthodoxe Kirche und die orthodoxe Konfession etwa wurde sogar zweisprachig veröffentlicht. Zurzeit arbeitet Willi Paul an der 19. Ausgabe der Groß-Alischer Nachrichten. Vor 13 Jahren begann er seine Arbeit auf dem Gebiet der „Genealogie der Siebenbürger Sachsen“, wo u.a. sämtliche Kirchenmatrikel aus unseren Heimatgemeinden (er natürlich für Groß-Alisch) von ca. 500 Jahren digitalisiert werden. Zweimal im Jahr beteiligt er sich an den hochkarätigen Seminaren auf diesem Gebiet in Bad Kissingen.

Willi Paul ist Dauergast beim Dinkelsbühler Heimattag und fehlte praktisch bei keiner Großveranstaltung des HOG-Verbandes (meist in Bad Kissingen) und begleitet diesen konstruktiv seit seiner Gründung 1997. Im Jahre 2017 übernahm Willi Paul das Amt des Sprechers der Schäßburger HOG-Regionalgruppe. Dazu gehören 25 HOGs, die er umgehend alle vor Ort besucht hat und die er vielfältig aus seinem reichen Erfahrungsschatz beraten kann. Sein siebenbürgisches Herz schlägt für Groß-Alisch und gleichzeitig für die große Sache der Siebenbürger Sachsen weltweit.

Was Willi Paul unter anderem besonders kann, ist seine Fähigkeit, Menschen zu motivieren, zu begeistern, er ist ein wacher politikinteressierter Zeitgenosse, ein hervorragender Redner, ein zuverlässiger Typ, kann zäh verhandeln und lässt nicht locker, bis er das gewünschte Ziel für die Gemeinschaft erreicht hat.

Woher nimmt dieser Mensch die Kraft zu all dem, was er vollbracht hat? Aus seiner siebenbürgisch-sächsischen Erziehung und Lebenshaltung. Dabei hält ihm seine Frau den Rücken frei und hilft tüchtig mit. Durch Sport und Gartenarbeit hält er sich körperlich fit. Die größte Kraftquelle aber sind seine Enkeltöchter Sarah und Rebekka, denen er ein liebevoller Großvater ist und die ihn mit Freude im Trachtenaufmarsch in Dinkelsbühl begleitet haben. Ja, er ist ein Mann des starken Willens, ein Sachs, dem die Vorfahren das Traditionsbewusstsein vorgelebt haben.

Wir wünschen ihm zu diesem runden Geburtstagsfeste Gesundheit, Wohlergehen und noch viel Lebensfreude im Kreise seiner Familie, seiner Freunde und Landsleute.

Horst Göbbel und der Vorstand der HOG Groß-Alisch

Schlagwörter: HOG, Groß-Alisch, Vorsitzender, Geburtstag, Porträt

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