25. März 2021

Hannes Schuster hat siebenbürgische Presse- und Kulturgeschichte mitgeschrieben

Zum Ableben von Hannes Schuster, ehemalige Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung, melden sich zahlreiche Amtsträger, Weggefährte und Freunde zu Wort: Altbischof D. Dr. Christoph Klein, der Literaturhistoriker Michael Markel, der Forumsvorsitzende Dr. Paul Jürgen Porr, die Journalisten Dieter Drotleff und Wolfgang Wittstock, der ehemalige Schüler Johann-Georg Ramser und Peter-Dietmar Leber, Vorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben.
Hannes Schuster ließ es sich nicht nehmen, an der ...
Hannes Schuster ließ es sich nicht nehmen, an der 70-jährigen Jubiläumsfeier des Verbandes am 26. Oktober 2019 im Bayerischen Landtag in München teilzunehmen, zusammen mit seiner Frau Gudrun und dem Ehepaar Hanni und Michael Markel (von links nach rechts). Foto: Petra Reiner

Große Verdienste um die Gemeinschaft

Zum Ableben von Hannes Schuster, mit dem ich öfter zusammengetroffen bin und um dessen große Verdienste für die Siebenbürger Sachsen, ihre Gemeinschaft und ihre Kirche, ich weiß, möchte ich Ihnen, den Mitarbeitern der Siebenbürgischen Zeitung und der trauernden Familie, meine herzliche Anteilnahme aussprechen. Ich konnte auch vermittels des Filmes, der zu seinem Andenken von der deutschen „Akzente“-Sendung des Rumänischen Fernsehens TVR am 18. März (Minuten 35:17 bis 56:00) ausgestrahlt wurde, mir – wie viele Siebenbürger Sachsen weltweit –, die umfassenden Leistungen des Heimgegangenen in Erinnerung rufen. Gott, der Herr, möge ihn im Frieden ruhen lassen und das Licht seiner Gnade leuchte ihm! Er tröste die Trauernden und sei ihnen beim Abschied von einem lieben und vertrauten Menschen mit seiner Kraft nahe.

D. Dr. Christoph Klein, Altbischof

Nutrimentum spiritus

Als langjähriger akademischer Lehrer habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich in gewissen Abständen Jahrgangsgruppen zusammenfanden, die so viel geistige Substanz und Spannung mitbrachten, dass ihr Studium zum Selbstläufer wurde. In so eine Gruppe hineinzugeraten hatte ich 1957 das Glück. Ihre für mich wichtigen Protagonisten habe ich unlängst öffentlich genannt, ihr zentraler Motor war unbestritten Hannes Schuster.
Er brauchte die geistige Nahrung wie das tägliche Brot, und wenn letzteres rationiert war, ließ er sich erstere durch keines der allgegenwärtigen Dogmen einschränken, sondern teilte sie großzügig und temperamentvoll mit den Kollegen. Durch ein gern gespieltes Pathos, das er halb liebäugelnd übertrieb, halb ironisch zurücknahm, wirkte er in unnachahmlicher Weise weckend und zündend auf die gehorsameren oder geistesträgeren Kommilitonen. Er hatte mehr gelesen als die meisten, rezitierte geläufig Rilke oder Brecht, er analysierte bestechend die Lungenauskultationen eines Hans Castorp, so dass man bei seinem Geist gern gastierte. Er war ein Begeisterter und mitreißender Begeisterer.
Zu seinem geistigen Spieltrieb gesellte sich schon im Studium ein überzeugender Diskurs kritischen Hinterfragens und argumentativer Gründlichkeit. Mit einer Treffsicherheit sondergleichen erkannte er Mängel, Schwächen und Defizite im Stoff wie auch in der Arbeit daran, wobei sein Maßstab stets die unbestechliche Sachlichkeit war. Persönliche Übergriffigkeiten lagen ihm so meilenfern wie Profilierungssucht. Das hat ihn in der Zeit affirmativer Gebetsmühlenparolen zu einem nachhaltigen Journalismus befähigt. Er war stets der kritisch unbestechliche Fachmann.
Hannes Schuster war schon im Studium kein auf sein Fach eingeengter Streber. Er konnte nicht nur mit Fußballspielen mitfiebern, er konnte an dem mangelhaften Zimmerlautsprecher so selbstversunken klassische Musik anhören, dass man ihn immer wieder beim spontanen Mitdirigieren ertappte; er tat sich interessiert in der bildenden Kunst und unter Künstlern um und trat auch selbst mit hervorragender Darstellergabe im Schul- oder Studententheater auf; er pflegte einen produktiven Austausch mit zahlreichen Studenten anderer Fachrichtungen und nahm, wo das damals noch möglich war, an Fachvorlesungen anderer Fakultäten teil. Studium war für ihn keine Eingleis-Veranstaltung, er pflegte eine geistige Universitas im besten Sinne.
Schon im Studium lernte er seine spätere Frau Gudrun, geborene Farsch, kennen. Bis zu seinem Tod wenige Tage nach dem 83. Geburtstag haben sie achtundfünfzig Jahre in guter ehelicher Gemeinschaft zusammengelebt. Sie haben zahlreiche neue Freunde gewonnen, den alten aber sind sie lebenslang zugewandt und verbunden geblieben. Ihre reichen Beziehungen gründen auf Beständigkeit und Empathie. Als er für diese Zeitung Verantwortung übernahm, war die Mehrheit ihrer Leser ratlos entwurzelt auf Orientierungssuche. Hannes Schuster hat ihnen aus der Fülle seiner geistigen Nahrung erste Richtzeichen und Leitplanken gesetzt.

Michael Markel, Nürnberg

Berufskollegen unter sich: Hannes Schuster ...
Berufskollegen unter sich: Hannes Schuster (links) in angeregtem Gespräch mit Dieter Roth (rechts) nach dessen Lesung aus seinem Journalistenroman „Der müde Lord“ im Münchner Haus des Deutschen Ostens im Oktober 2016. In der Mitte Literaturhistoriker Dr. Stefan Sienerth. Foto: Konrad Klein

Einsatz für grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Ich habe Hannes Schuster persönlich nur nach der Wende kennen gelernt. Sein Name war mir aber auch vorher sehr wohl ein Begriff – aus der Volkszeitung und nachher aus der Karpatenrundschau. Sehr spritzig und geistreich waren seine Sportkommentare, als er für den Rest der Zeitung Schreibverbot erhielt, weil er um die Ausreisegenehmigung angesucht hatte. Wer zwischen den Zeilen der zweideutigen Kommentare las, konnte sich manchmal nur wundern, wie so was der damaligen Zensur entgehen konnte.
1990, als ich zum ersten Mal zu Heimattag nach Dinkelsbühl fahren konnte, habe ich Hannes Schuster und seine Frau Gudrun persönlich kennen gelernt. Die Chemie zwischen uns stimmte sofort. Ich hatte nachher noch oft die Gelegenheit, bei den verschiedensten Anlässen Hannes Schuster anzutreffen und zu „genießen“.
Nicht unerwähnt sei sein Beitrag zum Näherkommen zwischen Landsmannschaft und Forum. Anfang der 90er Jahre waren die Beziehungen ganz und gar nicht so freundschaftlich, trotz des Besuches einer hochkarätigen Delegation aller Vorsitzenden der Landsmannschaften aus Deutschland, Österreich, Kanada und den USA in Siebenbürgen. Die damalige Leitung des Siebenbürgen-Forums konnte sich leider nicht zu einem Beitritt in die Föderation der Siebenbürger Sachsen entschließen. Es folgte Kleinarbeit auf beiden Seiten und erst 1993 kam es zu diesem gewünschten Beitritt. Hannes Schuster als Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung hat dazu nicht unwesentlich beigetragen. Auch dafür müssen wir ihm heute dankbar sein, heute, wo die Beziehungen zwischen den Verbänden der Siebenbürger Sachsen im Westen und dem Siebenbürgen-Forum die besten sind.
Gott gebe ihm die ewige Ruhe!

Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien

In die Pressegeschichte eingegangen

Abschiede fallen immer schwer. Wenn es aber ein endgültiger ist, bleiben einem nur die Erinnerungen zurück, und diese sind im Fall vom Tod von Hannes Schuster bleibend. Rund 22 Jahre war es mir vergönnt, mit Hannes gemeinsam zu arbeiten, von ihm in die journalistische Tätigkeit eingeführt zu werden, mit der redaktionellen Gestaltung der Publikation, dem technischen Druckereiprozess vertraut gemacht zu werden. 1965 nahmen wir beide unsere journalistische Tätigkeit auf. Den Einstieg verzeichnete er bei der Volkszeitung, die aber schon nach drei Jahren (1968) zur überregionalen Zeitschrift für Gesellschaft, Kultur und ­Politik als Karpatenrundschau umgestaltet wurde. Ein neues Konzept stand dieser Publikation in der Landschaft der deutschsprachigen Presse in Rumänien bevor und fand gleich einen weiten Anklang. Hannes Schuster zeigte dabei einen wesentlichen Beitrag durch seinen Initiativgeist. Dieser war sowohl inhaltlich mit Ausnahme der Pflichtbeiträge, die eingebunden waren, als auch durch die Heranziehung von namhaften Mitarbeitern und die Bindung an die Leser feststellbar. Die von der Redaktion geführten Rundtischgespräche zu Fragen der eigenen Geschichtsschreibung, zu Problemen des deutschsprachigen Unterrichtes, der Volkskunde haben bleibende Ergebnisse hinterlassen. Und Hannes war einer der Mitbeteiligten und Verantwortungsträger seitens der Redaktionsleitung. Die Treffen mit den Lesern im Rahmen von Kulturabenden nicht nur im Burzenland, sondern auch in Schäßburg, von wo er stammte, und im Repser Gebiet wurden durch seine Beteiligung, seine spontanen und geistreichen Einlagen zu unvergesslichen Zusammenkünften. In der Redaktion erwies er sich als der kompetente Sprachkenner, der unsere Manus­kripte als Redaktionssekretär korrigierte und fachliche Aussprachen auf höchstem Kompetenzbereich mit den Autoren führte. Nicht zu übersehen waren seine praktischen Beziehungen zu der Druckerei und die freundschaftlichen Bindungen zu den Buchdruckern, die ihn hoch schätzten. Schließlich musste er, als er 1987 den endgültigen Reiseantrag gestellt hatte – wie auch andere, die im Unterrichtswesen oder Pressebereich tätig waren –, den Platz in der Redaktion räumen. So fand er gleich nach diesem Schritt eine Arbeitsstelle in der Korrektur der staatlichen Druckerei, bis er das Land Anfang 1989 verlassen konnte. Seine berufliche Kapazität, sein Wissen wurden dann mit der Ernennung als Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung in München gekrönt.
Hannes Schuster blieb der Karpatenrundschau aber auch nachträglich verbunden, zum Beispiel durch gelegentliche Telefonate, Besuche in Kronstadt oder schätzende Grußworte ­anlässlich des 50. und 60. Jubiläums unserer Publikation, bei der als Redaktionssekretär und stellvertretender Chefredakteur gewirkt hatte. Unser innigstes Beileid richtet sich aus diesem Anlass an seiner Gattin Gudrun, die beiden Söhne Thomas und Johannes sowie die weiteren Hinterbliebenen.

Dieter Drotleff, Journalist, Kronstadt

Hundertprozentig loyaler Chef, Kollege und Freund

Ich habe Hannes Schuster als hundertprozentig loyalen Chef, Kollegen und Freund sehr geschätzt. Er war ein staunenswert wortgewandter, geistreicher, kluger und guter Mensch, von dem ich viel gelernt, dem ich manches abgeguckt habe und der mir in manch heikler Situation echt geholfen hat. Manche seiner Aussprüche werden mir für immer gegenwärtig sein.

Wolfgang Wittstock, Kronstadt

Volksnaher Lehrer

Als junger Hochschul-Absolvent hat Hannes Schuster seine berufliche Laufbahn im Jahre 1960/61 an unserer Schule zu Kleinschelken in Siebenbürgen begonnen. Wir fühlten uns als Zwölfjährige von Professor Schuster mit dem Fach Deutsch angesprochen und ernstgenommen. Er hatte etwas Besonderes. Als Mensch war er temperamentvoll und volksnah, als Lehrender war er ein guter und selbstbewusster Sämann. In stiller Trauer und in Dankbarkeit.

Johann-Georg Ramser, Leverkusen

Klar argumentierender Kollege

Wir sprechen den Angehörigen und der Redaktion der Siebenbürgischen Zeitung unsere aufrichtige Anteilnahme zum Tode des geschätzten Kollegen Hannes Schuster aus. Wir haben gerade in der Zeit der politischen Wende in Rumänien, aber auch in den turbulenten Nachwendejahren des Öfteren mit ihm zusammengearbeitet und ihn als äußerst sachlichen, stets klar argumentierenden Kollegen kennen und schätzen gelernt. Er möge ruhen in Frieden.

Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V.

Schlagwörter: Medien, Siebenbürgische Zeitung, Hannes Schuster, Schäßburg, Kronstadt, München

Bewerten:

25 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.