15. November 2021

Musiksalons „Irtel“ und „Filtsch“ eröffnet: Prof. Heinz Acker präsentierte die neuesten Attraktionen auf Schloss Horneck

Zu einem dreitägigen „KulturWochende“ vom 15. bis 17. Oktober hatte das Siebenbürgische Kulturzentrum auf Schloss Horneck eingeladen, als Dankesgeste an alle Spender, die die Realisierung der neuesten Schloss-Projekte ermöglicht haben. Als jüngst hinzugekommene Attraktion wurden bei der Veranstaltung die beiden Musikzimmer, deren Konzept Prof. Heinz Acker entwickelt hat, von ihm persönlich vorgestellt. Trotz des äußerst dichten Kultur- und Informationsprogramms konnte Heidi Negura, die Ideengeberin dieses Musikprojektes, mit dem Heidelberger Musikprofessor das nachfolgende Interview führen.
Prof. Heinz Acker präsentiert den von ihm ...
Prof. Heinz Acker präsentiert den von ihm entworfenen „Musiksalon Irtel“ auf Schloss Horneck. Auf dem Sockel die Büste des Namensgebers Ernst Irtel. Foto: Günther Melzer
Lieber Herr Prof. Acker, lieber Heinz, du hast für die Präsentation der beiden Musikzimmer mit einer lebendigen Darstellung in Worten, PowerPoint-Bildmaterial und auch mit Musikbeiträgen viel Applaus von Deinem Publikum erhalten. Was kannst du über die Entstehung dieser beiden Zimmer berichten?
Nun, den Applaus, den dürfen wir uns gerne teilen, denn die Idee zu den beiden Zimmern kam ja von dir. Das Schloss verfügt seit jeher über ein hervorragendes Museum, außerordentliche Archiv- und Bibliotheksbestände und neuerdings auch über Räume im Schlosshotel, die über den Weinbau, die Industriegeschichte Siebenbürgens und ihre Raketenpioniere informieren. Was aber fehlte – so deine Beobachtung – ist die Musik, die doch ein wesentlicher Repräsentationsbestandteil eines jeden Schlosses ist und auch uns Siebenbürger Sachsen auszeichnet. So habe ich deine Idee gerne aufgegriffen, ein Konzept für ein Musikzimmer zu entwickeln, das die so reichhaltige Musikgeschichte der Siebenbürger Sachsen angemessen darstellen sollte.

Mir war bei dieser Initial-Idee die Dimension dieses Unterfangens gar nicht bewusst. Wie hast Du diese Aufgabe bewältigt?
Um ehrlich zu sein, ist auch mir das schier unmögliche dieser Aufgabe erst im Laufe der Arbeit bewusst geworden. Es galt ja nahezu 900 Jahre Musikgeschichte auf vielfältigsten Gebieten darzustellen. Das Thema hat mich ein gutes Jahr voll beschäftigt und hat durch die Recherchen in öffentlichen und privaten Archiven und Sammlungen immer größere Ausmaße angenommen, so dass ich zum Schluss vor einem Riesenberg an Text- und Bildmaterial stand, der nun zu einer aussagekräftigen Präsentation in einem relativ kleinen Raum eingedampft werden musste. Hier eine repräsentative Auswahl zu treffen, war wohl die schwierigste Aufgabe.

Das ist Dir erstaunlich gut gelungen. Wenn man den Raum betritt, hat man nicht den Eindruck, von der Vielfalt des Bild- und Textmaterials erdrückt zu werden.
Das freut mich. Ich habe versucht, Struktur in die Darstellung zu bringen, indem ich die Fülle an Informationen chronologisch geordnet und nach Sachgebieten aufgegliedert habe. Das beginnt natürlich mit Dokumenten aus der Frühzeit, wo sich in unseren Archiven vielfach Zeugnisse einer frühen Musikpraxis in Kirchen und Klöstern nach vorreformatorisch katholischem Messritus finden, etwa wunderbar illuminierte Handschriften aus Messbüchern oder Codizes.

Sind das dann vorrangig Dokumente aus der Vergangenheit?
Nein, mein Bestreben war es, in jedem Sachgebiet sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart einzubeziehen und sowohl die alte als auch die neue Heimat zu berücksichtigen. Das ist schon in dem ersten Kapitel „Chorgesang“ erkennbar, dargestellt durch den Hermannstädter Bachchor, einen der wohl ältesten und repräsentativsten Chöre, aber auch durch die Siebenbürgische Kantorei, den Vorzeigechor der neuen Heimat, und sein Pendant in der alten Heimat, den Kronstädter Jugendbachchor. Ähnlich gehe ich dann in allen weiteren Sachgebieten vor, in der Darstellung der reichhaltigen Orgelmusik, bei der Bühnen- und Orchestermusik wie auch Kammermusik, bei der Auswahl hervorragender Komponisten und Interpreten, die Siebenbürgen hervorgebracht hat. Und es folgen viele weitere Sachgebiete, etwa „Feste und Brauchtum“, „Musik im Volkston“, „Druck und Verlagswesen“, wie auch Musik-Historiographie. Fehlen darf auch nicht der Blick zur Jugendmusik, zu außerklassischen Musikformen, etwa Folk, Rock oder Kabarett und auch zur Musik der anderen Ethnien Siebenbürgens: der Landler, der Rumänen, Ungarn, Roma oder auch der Juden.

Wie war all das technisch zu bewältigen?
Ich habe den Raum genauestens ausgemessen und nahezu millimetergenau berechnet, wie viel Platz ich den einzelnen Texten und Bildern zuordnen kann. Diese Vorlagen sind dann von der Firma Hyperscreen GmbH, namentlich von unserem vorzüglichen Mediengestalter Lucian Binder-Catana digital umgesetzt worden. Die Karlsfelder H&D Digitaldruck-Firma, vertreten durch Kurt Weigel, hat das Konzept als Werkplan umgesetzt, auf großdimensionale Wandtafeln ausgedruckt und vor Ort an zwei Tagen montiert, ein kompliziertes Unterfangen, wegen schiefer Wände.

Ein Riesenaufwand, der mit erheblichen Kosten verbunden ist.
Zum Glück fand sich mit Frau Dr. Ortrud Graeser und Herrn Dipl.-Ing. Gerhardt Graeser ein Ehepaar, das sich von dieser Idee begeistern ließ und bereit war, die beträchtlichen Kosten zu übernehmen, dies im Angedenken an ihren ehemaligen Mediascher Musiklehrer Ernst Irtel, der es einst verstanden hatte, ihre Musikbegeisterung zu entfachen. So kam das Musikzimmer zu seinem Namen „Musiksalon Irtel“. Das lässt sich auch durch die Tatsache untermauern, dass Ernst Irtel der einzige siebenbürgische Musiker ist, der – in seinen letzten Jahren – auf diesem Schloss gelebt und gewirkt hat. Und so findet sich in diesem Zimmer auch seine Bronzebüste, ein Werk des Bildhauers Kurtfritz Handel.

Da finden sich noch weitere Besonderheiten. Neben dem Ehrenplatz für den Namensgeber Irtel auch einer für Johann Lukas Hedwig, den Schöpfer des Siebenbürgenliedes, das dekorativ eingeflochten hier auch auftaucht.
Genau, und zwar auf einem unter der Zimmerdecke rundum verlaufenden blau-roten Band, das zu einem Notenband wird, auf dem die letzte und wichtigste Strophe des Siebenbürgenliedes aufgezeichnet ist.
Prof. Heinz Acker am Cembalo. Foto: Günther ...
Prof. Heinz Acker am Cembalo. Foto: Günther Melzer
In diesem Raum befindet sich noch etwas ganz Wertvolles: Ein Cembalo, das Du dem Schloss zuführen konntest und dessen hervorragende Klangqualitäten Du uns eben mit einer bezaubernden Komposition, „Der Kuckuck“ von Claude Daquin, vorführen konntest. Wie kam es dazu?
Es war ein absoluter Glücksfall, dass mir eine Heidelberger Musikerin dieses Cembalo aus Altersgründen vermachte. Nun stellte sich heraus, dass der Erbauer, Kurt Wittmayer, ein gebürtiger Hermannstädter ist. Und so war uns, meiner Frau und mir, klar, dass das Instrument auf Schloss Horneck gehört. So haben wir das etwas ramponierte Instrument aufwendig restaurieren lassen und sind nun froh, dem Schloss ein so wertvolles Instrument geschenkt zu haben, denn dieses „Bach-Konzert-Cembalo“ mit seinen zwei Manualen und fünf Registern ist der „Mercedes“ unter den vielfachen Instrumenten des Kurt Wittmayer und wird die Konzertmöglichkeiten auf dem Schloss erfreulich erweitern.

Nun hast du mit einem weiteren Klaviervortrag, mit Chopins „Regentropfen-Prélude“, noch ein weiteres Musikzimmer, den „Musiksalon Filtsch“ vorgestellt. Wie kam es zu diesem zweiten Musikzimmer und warum gerade Chopin-Musik?
Auch das hat eine eigene Geschichte, für die man nicht dankbar genug sein kann. Es fanden sich nämlich noch weitere Spendenwillige, die allerdings mit ihrer Spende dem „siebenbürgischen Wunderkind“ Carl Filtsch ein Denkmal setzen wollten. So Dipl.-Ing. Walter Schlandt (Kronstadt / Rosenheim) oder Evelyn Rusdea (Hermannstadt/Freiburg), die als Nachkomme der Filtsch-Familie sogar persönliche Erinnerungstücke aus dem Nachlass von Carl Filtsch einbringen konnte.

Dieser Carl Filtsch ist wohl der interessanteste musikalische „Exportartikel“, den Siebenbürgen hervorgebracht hat.
Das kann man wohl sagen. Eine absolute Sondererscheinung, die im damaligen Europa Furore machte und zu höchsten Hoffnungen berechtigte. Geboren 1830 im kleinen siebenbürgischen Städtchen Mühlbach, zeigt er schon ganz früh außerordentliche Begabungen, so dass der Sechsjährige bereits zu den berühmtesten Professoren nach Wien gebracht wird und dann bald zum Lieblingsschüler Chopins in Paris aufsteigt, bewundert und bejubelt als blendender Pianist und Improvisator auf seinen Tourneen durch Europa, so dass ein Liszt bereits befürchten muss, „… bald seine Bude schließen zu müssen“. All die Hoffnungen werden sich nicht erfüllen, denn der erst 15-Jährige wird an Tuberkulose in Venedig sterben. Dieser kurze und doch so beeindruckende Lebensweg findet sich dann widerspiegelt auf den Bildtafeln des Zimmers. Eine Wand beschäftigt sich auch mit dem „Klavier- und Kompositionswettbewerb Carl Filtsch“, der seit 1995 alljährlich in Hermannstadt mit großer internationaler Resonanz ausgetragen wird.

Die beiden Zimmer haben uns die Vielfalt des Musiklebens in Siebenbürgen vor Augen geführt und doch ist es nur ein Ausschnitt eines weit größeren Reichtums.
Mir ist bewusst, dass ich mit der getroffenen Auswahl nur einen Bruchteil unserer reichen Geschichte abbilden konnte und somit manche Erwartungen nicht befriedigen konnte. Eine zusätzlich geplante digitale Mediathek wird dieses Manko ausgleichen und weitere Daten zu unserer Musikgeschichte enthalten, Daten, die der Besucher dann an einem Bildschirm abrufen kann und zwar nicht nur in Bild und Text, sondern auch in Tonbeispielen.

Lieber Heinz, vielen Dank für deinen unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz. Wir bedanken uns auch bei Lucian Binder-Catana, dessen unverkennbare Handschrift auf allen Themenwänden im Schloss zu sehen ist, bei den ausführenden Firmen und bei allen Menschen, die Quellenmaterial zur Verfügung stellten. Der Andrang hier an den Bildtafeln zeigt, dass die beiden hier an den Festsaal anschließenden Musikzimmer bereits jetzt zu einer weiteren Attraktion auf Schloss Horneck geworden sind.

Schlagwörter: Interview, Heinz Acker, Musik, Schloss Horneck

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