23. Februar 2022

Ein friesischer Westpreuße für Siebenbürgen: Dr. Axel Froese zum Sechzigsten

Es ist ungewöhnlich, dass sich ein Nichtsiebenbürger so intensiv für Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen einsetzt, wie es Dr. Axel Froese getan hat und tut, als Manager des Um- und Ausbaus von Schloss Horneck zum Siebenbürgischen Kultur- und Begegnungszentrum sowie der Finanzgebarung dieser für die Siebenbürger Sachsen in Deutschland und in der Welt so ungeheuer wichtigen Stätte der Begegnung und der Identifikation mit der Vergangenheit, mit der Gegenwart und mit der Zukunft.
Dr. Axel Froese im Besucherzentrum von Schloss ...
Dr. Axel Froese im Besucherzentrum von Schloss Horneck. Foto: Jürgen Binder
Man fragt sich deshalb mit Recht, wann der am 23. Februar 1962 im hessischen Gießen Geborene vom bekannten, zwar harmlosen, aber emotional nicht ungefährlichen transylvanischen Virus befallen wurde, welches die Menschen, die es befällt, oft nicht mehr loslässt. Begann alles mit der emotionalen Bindung an Deutsche im östlichen Europa, zu denen auch sein Vater gehört, der von friesischen Siedlern in Marienburg (heute Malbork in Polen) abstammt und aus Westpreußen vertrieben wurde? Begann es mit der Beziehung zu einer Siebenbürger Sächsin? Begann alles mit dem Kennenlernen Siebenbürgens, besonders von Heltau und Hermannstadt, der Landschaft, der Kulturdenkmäler, der Menschen dieser durch ihre Vielfalt so reizvollen Region im südöstlichen Mitteleuropa? Begann es mit dem Kennenlernen von Schloss Horneck, dieses geschichtsträchtigen Baus, den – wie den Herkunftsort seiner Eltern, Marienburg – der Deutsche Orden im Mittelalter errichtet hat? Man weiß es nicht genau, und er dürfte es auch nicht so genau wissen. Eine Mischung aus allem wird ihn wohl für das siebenbürgische Virus empfänglich gemacht haben.

Welche Bedeutung Dr. Axel Froese für die Geschichte von Schloss Horneck hat, so wie wir sie heute fortschreiben, hat Helge Krempels, der Vorsitzende des Vereins Siebenbürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“ e.V., in seinen Glückwünschen zum 60. Geburtstag (siehe rechts) auf den Punkt gebracht: „Die Planung, die Organisation und Durchführung dieser für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen so einmaligen wie wichtigen Einrichtung setzt neben viel Herzblut und Opferbereitschaft auch ein hohes Maß an Integrität sowie unternehmerischem Denken und Handeln voraus.“ Welche unternehmerischen Voraussetzungen brachte Axel Froese dafür mit?

Sein Studium der Agrarwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen mit dem Schwerpunkt Pflanzenbau scheint auf den ersten, flüchtigen Blick nicht diese Voraussetzungen geschaffen zu haben. Seine 1987 vorgelegte Diplomarbeit „Vergleichende Untersuchungen zur Laufkäfer-Population integriert und biologisch-dynamisch bewirtschafteter Ackerflächen“, die auf einjähriger Feldforschung beruhte, zeichnete eher einen wissenschaftlichen Weg im Bereich der Ökologie und des Ackerbaus vor, den er mit seiner 1992 verteidigten Dissertation „Vergleichende Untersuchungen zur Dipterenfauna (Zweiflügler – Fliegen und Mücken) biologisch-dynamisch und integrierter Ackerflächen“ auch beschritten hat. Gefördert vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft Wasserwirtschaft und in Zusammenarbeit mit rund zehn Forschenden aus der ganzen Welt, die ihn in Fach- und Bestimmungsfragen wissenschaftlich begleitet haben, hat Froese über 300 Arten bestimmt und erstmalig eine faunistische Erhebung der Zweiflügler (Diptera) für landwirtschaftliche Flächen vorgenommen, nebenbei auch eine neue Mückenart in Deutschland entdeckt und beschrieben, die Corynoptera ignorata spec. nov. aus der Familie der Trauermücken (Sciaridae).

Mit der Mückenforschung hätte Dr. Froese auf Schloss Horneck wenig anfangen können, obwohl anfangs Myriaden davon in den verlassenen Räumen des alten Gemäuers herumflogen. Vielleicht hätte er eine „Corynoptera ignorata Horneckiana“ auf dem Dachstuhl entdeckt, die den Appetit der dortigen Fledermäuse stillt? Er entschied sich bald nach dem Studienabschluss für einen anderen Arbeitsbereich und absolvierte ab 1993 ein Traineeprogramm bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank in München. 1998 schon gehörte er zu den vier Deutschen der Bundesrepublik, die zur International Banking Summer School (Internationales Forum der führenden Nachwuchsbankmanager) entsandt wurden. Er übernahm dann verschiedene Managementfunktionen bei der HypoVereinsbank AG und einer deutschen Hypothekenbank; 2003 wurde er Leiter der Immobilienfinanzierung in Deutschland der Bank of Scotland. 2005 gründete er die Firma IPAM, eine Managementgesellschaft für die Immobilienvermögensverwaltung internationaler Investoren in Deutschland, mit 16 Mitarbeitenden. Nach deren Verkauf an eine britische Gesellschaft (2012) wechselte er in deren Geschäftsführung, bis er 2014 wieder eine eigene Firma gründete, die Froese Asset Management GmbH, die er heute noch innehat. Nebenbei war er von 2017 bis 2019 im Aufsichtsrat der größten gewerblichen Immobilien AG in Deutschland tätig.

Seine umfassenden Kenntnisse über internationale Finanzierungen und gewerbliche Immobilienfinanzierung konnte er in Fachartikeln des „Rechtshandbuchs des Immobilien Asset Managements“ und des „Handbuchs der Immobilienwirtschaft“ weitergeben. Gleichzeitig bildete er sich unermüdlich weiter: durch das Studium der Immobilienökonomie an der Akademie der Immobilienwirtschaft (2003), als Mitglied der Internationalen Immobilienvereinigung „Chartered Surveyors“ (2004), im Beirat des Instituts für Finanz-dienstleistungen der Hochschule Luzern (2005), im Rahmen eines Aufbaulehrgang Unternehmens-Restrukturierung am Institut für Unternehmenssanierung der SRH Hochschule Heidelberg. (2014).

Fachlich und beruflich konzentriert sich Dr. Froese auf Strategie, Management, Businessplanung, Finanzierung und Projektentwicklung im Bereich gewerblicher Großimmobilien, Restrukturierungs- und Kreditberatung von Großprojekten, Sanierung von gewerblichen Bestandsgebäuden und vieles mehr, Erfahrungen und Fähigkeiten, die auch beim Um- und Ausbau von Schloss Horneck dringend erforderlich waren. Als ich im Januar 2017 erstmals mit Vertretern der zuwendenden und die Förderung begleitenden Institutionen und Behörden zusammenkam, wurde mir nachdrücklich geraten, einen Projektmanager anzustellen. Kostenpunkt? Mindestens 100000 Euro – pro Jahr! Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Glücklicherweise lernte ich auf dem Heimattag in Dinkelsbühl Axel Froese kennen, nicht nur die ideale Besetzung für diese Funktion, sondern obendrein bereit, seine Fähigkeiten, die jene eines normalen Projektmanagers weit übertreffen, kostenlos und ehrenamtlich einzubringen. Ein größerer Glücksfall für das Siebenbürgische Kultur- und Begegnungszentrum Schloss Horneck konnte nicht eintreten! Und er hat alle Erwartungen, die in ihn gesetzt wurden, nicht nur erfüllt, sondern übertroffen!

Zunächst hat er zusammen mit Oliver Sill ein von der zuwendungsgebenden Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefordertes Betriebskonzept für das Schloss mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für 25 Jahre ausgearbeitet, das überzeugend war, an der Erstellung von zwei Förderanträgen an die BKM und einem an das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg wesentlich mitgewirkt, ein Jahr lang zusammen mit den Architekten und den Fachingenieuren zwei komplette Bauanträge samt Planung der Erneuerung von Heizung, Lüftung, Sanität und Elektrik, einem Brandschutzkonzept, statischen und vorrestauratorischen Prüfungen und Umsetzungen erarbeitet, und das für nicht weniger als 4600 m2 Fläche und ca. 20000 m3 umbauten Raum! Danach wurden neue Räume für das Siebenbürgische Museum (neuer Eingang, Foyer, Schatzkammer, Depots, museumspädagogischer Raum, Ausstellungs- und Büroräume etc.) und das Siebenbürgen-Institut mit Bibliothek und Archiv (neuer Lesesaal, neue Depoträume, neue Büros etc.) geschaffen, 32 Übernachtungszimmer eingerichtet, der Festsaal, der Jugendstilsaal, die Flure und die Treppen renoviert, ein Besucherzentrum konzipiert und realisiert, drei Seminarräume, zwei Cateringbereiche, Toiletten geschaffen, die Restaurierung der Steinfiguren im Eingangsbereich koordiniert. Schließlich hat Dr. Froese federführend die Verhandlungen geführt und für den Schlossverein Miet- bzw. Pachtverträge mit den Nutzern des Schlosses (Museum, Institut, Hotel) abgeschlossen. Wenigstens monatlich, in den intensiven Bauphasen wöchentlich, ist er von München nach Gundelsheim (einfache Fahrt: 350 km!) sowie zu den Architekten und zu Behörden gefahren – nur sein PKW weiß, wie viele Kilometer er ihm für Schloss Horneck zugemutet hat!

Natürlich hat Axel Froese all das nicht allein gemacht, sondern in und mit einem Team engagierter Menschen. Hier kamen ihm und seinen Mitstreitenden wichtige Charaktereigenschaften zugute: er geht auf jeden offen zu, hört Argumente an und verarbeitet sie, spricht Konflikte offen an, ist kompromissbereit, in allen Arbeiten sehr genau und zuverlässig, geht mit gutem Beispiel ehrenamtlichen Einsatzes stets voran und reißt mit.

Dass der Nichtsiebenbürger Dr. Axel Froese für all seine Verdienste um Siebenbürgen 2019 vom Bundesverband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland ausgerechnet im Maximilaneum, dem Sitz des Bayerischen Landtags, mit dem Goldenen Ehrenwappen ausgezeichnet worden ist, hat eine innere Logik, die sich aus seiner ehrenamtlichen Arbeit ergibt. Dass er vielen Mitstreitenden ein guter, verlässlicher Freund geworden ist und bleibt, unterstreicht seine menschlichen Qualitäten.

Konrad Gündisch

Schlagwörter: Porträt, Geburtstag, Schloss Horneck, Gundelsheim, München, Manager, Vorstand

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