25. Juni 2022

Landesgruppe Niedersachsen / Bremen: Gerhard Schunn aus Wolfsburg lebt und gestaltet unsere Gemeinschaft

In der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen ist Gerhard Schunn jedem aktiven Mitglied unseres Verbandes als Kreisvorsitzender und aktiver Gestalter verschiedenster Veranstaltungen der Siebenbürger auf Kreis- und Landesebene bekannt. Er wurde 1962 in Mediasch geboren und lebt seit 1977 in Wolfsburg. Im Gespräch mit Dietmar-Udo Zey gibt er Einblick in seine rege Tätigkeit für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen in Norddeutschland.
Gerhard, seit Jahren kenne ich dich als „Vollblut-Siebenbürger“. Aus deinem Tun spricht Leidenschaft.

Leidenschaft – ja, das wird so sein. Schon als Kind spielte und trainierte ich leidenschaftlich Fußball. Auf den freien Plätzen um das Gaz-Metan-Stadion in Mediasch kickten wir – Sachsen, Rumänen, Ungarn – in bester Gemeinschaft. Uns Jungs verband die Leidenschaft zum „Leder“. Wenn ich jetzt an die damals so unbeschwerte Zeit zurückdenke, so begreife ich, was es bedeutet, einer Gemeinschaft zuzugehören und sie zu pflegen.

Seit wann lebst du in Deutschland, wie bist du in der Fremde zurechtgekommen?

Im Juni 1977 sind wir, meine Eltern und meine Schwester, nach Deutschland übersiedelt, so der damalige Sprachgebrauch. Als 14-Jähriger hatte ich nur wenig Ahnung, was mich dort erwarten würde. Ob ich auch bald gute Freunde finden würde? Wir zogen nach Wolfsburg, wo Großeltern und Onkel lebten. Es waren Sommerferien – Zeit, sich etwas einzuleben. In der Schule fand ich schnell Anschluss, meine Mitschüler interessierten sich für mich und ich war sowieso neugierig. Es ergaben sich Freundschaften, die bis zum Abi und darüber hinaus hielten.

Und seit wann bist du Mitglied in unserem Verband?

Gerhard Schunn. Foto: Monika Schunn ...
Gerhard Schunn. Foto: Monika Schunn
Ich muss etwas ausholen: Das Interesse für den Verband, damals Landsmannschaft, kam schrittweise. Schon nach einem Jahr, 1978, trat ich der Siebenbürgischen Blaskapelle in Wolfsburg bei. Das kam nicht von ungefähr, weil ich bereits im Pionierhaus in Mediasch dem Blasorchester angehörte und im Schulchor gesungen hatte. Ich lernte nun viele neue Menschen aus der Kreisgruppe und vom BdV kennen, die mich später mit diesen Verbänden näher bekannt und vertraut machen sollten. Ich war nun aktiv bei Fasching, Kronenfest, Weinlesefest usw. dabei, habe viele Gleichaltrige und Gleichgesinnte kennengelernt. Als die neue Jugendtanzgruppe gegründet wurde, habe ich mich 1981 auch dieser angeschlossen, obwohl ich damals kein großer Volkstänzer war. Wie auch? Mit meinen Schulfreunden hörte ich „Queen“ und „Manfred Mann’s Earth Band“. Aber ich lernte tanzen und schon sehr bald fuhren wir, oft sehr abenteuerlich, mit mehr als acht Tanzpaaren zum Heimattag nach Dinkelsbühl. Die Moderatoren sagten uns als „die am weitesten angereiste Tanzgruppe“ an. Spaß hatten wir beim Zelten im Obstgarten an der Ringmauer. Die Teilnahme an Tanzseminaren auf Bundesebene kam hinzu. Es wurden viele neue Bekanntschaften geschlossen.

Und Tanzen ist ein "Bazillus" geblieben: Seit Jahren schon leitest du, gemeinsam mit deiner Frau Monika, die erfolgreiche Tanzgruppe „Karpatentänzer“. Aber zurück zu meiner Frage: Seit wann und warum bist du dem Verband beigetreten?

Seit 1984. Thomas Wollmann, der damalige Vorsitzende der Kreisgruppe, kam zu einer Tanzprobe und händigte einigen von uns eine gelbe Karteikarte aus. Das war ein Mitgliedsausweis, auf dem in Maschinenschrift mein Name stand. Thomas sagte, dass ich nun Mitglied in der Landsmannschaft sei und diesen Ausweis immer bei mir führen sollte. Erst später habe ich erfahren, dass meine Eltern in diesem Jahr Mitglieder geworden sind.

Also war dein Beitritt keine Eigeninitiative?

Das kann man so sagen. Aber ich war im wahrsten Sinne des Wortes schon längst dabei, auch wenn noch nicht „offiziell“. Thomas Wollmann und auch seine Nachfolger, also die Vorsitzenden unserer Kreisgruppe, haben es immer verstanden, die jungen Aktiven bei den Veranstaltungen einzubinden. So wurde der Kreis derer, die mitwirkten, immer größer. Als Thomas dann Landesvorsitzender wurde, ernannte er mich zum Schriftführer. Alle weiteren Ehrenämter wie Kulturreferent, Tanzleiter und Kreisgruppenvorsitzender habe ich mit der Überzeugung angetreten, dass ich etwas für unsere Gemeinschaft bewirken kann und dabei die volle Unterstützung der Landsleute erhalten würde. So erhielt ich, dann natürlich als Vollmitglied, den Zugang zur Vorstandsarbeit.

Wie würdest du deine Entscheidungen zur Übernahme von Aufgaben und Ämtern im Verband beschreiben, waren sie rational oder eher emotional?

Es war beides. Ich wollte im Vorstand mitarbeiten und gestalten. Als ich 2009 Kulturreferent der Kreisgruppe Wolfsburg und ein Jahr später zum Vorsitzenden derselben gewählt wurde, hat die emotionale Einstellung an Kontur gewonnen. Veranstaltungen planen, durchführen, das Miteinander im Vorstand und mit den Mitgliedern und Freunden, die mich seit Jahren in dieser Gemeinschaft begleiten und unterstützen, geht nicht ohne Leib und Seele. Es ist die enge Bindung zu unserer Gemeinschaft, die mich überzeugt hat, Aufgaben und Ämter zu übernehmen. Mit jedem Projekt, jeder Veranstaltung, in deren Ausrichtung ich eingebunden war und bin, wächst auch die Verantwortung für die Umsetzung. Für die Erhaltung und Pflege unseres kulturellen Erbes, für das lebendige Gemeinschaftsleben der Siebenbürger unserer Region einzutreten ist für mich Verpflichtung und selbstverständlich.

Ich möchte allzu gerne wissen: Was begeistert, oder im Gegenteil, was verlangt dir zu viel ab in deinem Ehrenamt?

Mich begeistert die Energie, mit der wir in der Kreisgruppe oder auf Landesebene jedes Jahr die Planung der Veranstaltungen angehen und sie auch umsetzen – ausgenommen in der Pandemiezeit. Dankbar bin ich für die großartige Hilfe, die eine bedeutende Gruppe von Mitgliedern meiner Kreisgruppe leistet. Das Ehrenamt verlangt mir öfter sehr viel Zeit, vor allem Freizeit, aber das geht nicht nur mir so. Wenn unser Gemeinschaftsleben pulsiert, dann bin ich zufrieden.

Ein Siebenbürger eben, stolz auf seine Zugehörigkeit. Bist du deiner alten Heimat noch verbunden?

Mit meiner Frau Monika sind wir auf einigen Sachsentreffen und Mediascher Treffen in Siebenbürgen gewesen. Wir besuchen auch unsere Geburtsorte und erkunden noch unbekannte siebenbürgische Gemeinden. Wir genießen vertraute Orte und Plätze und schwelgen gerne in Erinnerungen.

Was verfolgst du leidenschaftlich, was soll aus deiner Sicht besser werden in unserer Verbandsarbeit?

Mir ist ein freundschaftliches Miteinander im Vorstand und mit den Mitgliedern sehr wichtig. Eine gute und respektvolle Kommunikation mit den Kulturgruppen wie Blaskapelle, Chor, Volkstanzgruppen – hier will ich die „Karpatentänzer“ und „Kokeltaler“ anführen – erhöht die Bereitschaft zur Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen, die zu unserem Gemeinschaftsleben gehören. Dass auch einige der jungen Eltern mit ihren Kindern unsere Veranstaltungen besuchen, finde ich großartig. Sie bereichern und beleben unsere Feste wie Fasching, Kronenfest oder Krippenspiel bei der alljährlichen Weihnachtsfeier. Die Generation unserer Eltern ist dankbar, dass wir die von ihnen gepflegten Traditionen weiterführen. So schön das auch ist, eine Aufgabe haben wir noch zu bewältigen: den Zugewinn von Neumitgliedern.

Was ist diesbezüglich aus deiner Sicht zu tun?

Ganz einfach: Die Siebenbürger, die den Weg in unseren Verband noch nicht gefunden haben, z.B. die genannten jungen Eltern, wenn sie zu unseren Veranstaltungen kommen, auffordern, in unseren Verband einzutreten. Ich habe immer Mitgliedsanträge dabei. Ihre Kinder gehören dann dazu und können in den kommenden Jahren unser Gemeinschaftsleben auch nach ihren Vorstellungen weiterführen.

Lieber Gerhard, vielen Dank für das Gespräch!

Schlagwörter: Landesgruppe, Niedersachsen/Bremen, Schunn, Interview, Mediasch

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