28. Januar 2007

Profunder Kenner unserer Mundart: Dr. Helmut Protze

Der Leipziger Germanist und Mediävist Dr. Helmut Protze beging am 6. Januar 2007 in geistiger und körperlicher Frische seinen 80. Geburtstag im Kreise seiner großen Familie. Den Siebenbürger Sachsen ist er bei der Erstellung des Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuches im Zusammenwirken mit der Rumänisch-Deutschen Wörterbuchkommission seit 1957 verbunden. In Siebenbürgen war er sehr oft dienstlich oder privat, auch mit seiner Frau und seinen vier Kindern unterwegs, zeichnete die Mundart von über 75 siebenbürgisch-sächsischen Ortschaften auf und wurde zum profunden Kenner der Mundarten, aber auch von Land und Leuten.
An diese Zeit erinnert er sich der 80-Jährige besonders gerne. Seitens der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DDR) und ab 1972 seitens der Sächsischen Akademie der Wis­senschaften zu Leipzig war er für die Revision der Wörterbuch-Bände G bis K (1971-1975) und Band L (1993) zuständig und hat trotz vieler Beeinträchtigungen und Hürden das Erscheinen wissenschaftlich begleitet.

Geboren ist er 1927 in Altendorf bei Bad Schandau. Er erlebte den Krieg, war als Soldat russischer Kriegsgefangener und studierte ab 1947 Germanistik und Geschichte an der Universität Leipzig. Bei dem bekannten Prof. Theodor Frings promovierte er 1955 zum Dr. phil. und wurde von diesem zu den südöstlichen deutschen Sprachinseln und vor allem auf die bedeutendeste, jene in Siebenbürgen, hingewiesen. In dieser Zeit gab es eine rege wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Karl Kurt Klein in Innsbruck. So steht ein Großteil der Lebensarbeit von Helmut Protze, über 50 Jahre lang, im Zusammenhang mit seinem Wirken für die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft. In dankenswerter Weise hat er, unter damals schwierigen Bedingungen, wertvolle siebenbürgische Manuskripte, z. B. für Prof. Dr. Hermann Hienz, über Leipzig in die Bundesrepublik Deutschland befördert.

Der Leipziger Germanist und Mädievist Dr. Helmut Protze.
Der Leipziger Germanist und Mädievist Dr. Helmut Protze.
Trotz seines Alters entfaltet Helmut Protze eine rege wissenschaftliche und publizistische Tätigkeit mit Vortragsreisen im In- und Ausland. Eben erst erschien in der Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde 29. (100.) Jahrgang (2006), Heft 2, sein gekürzter, in Leutschau/Levoca (Zips, Slowakei) 1998 gehaltener Festvortrag über „Die Zipser Sachsen im sprach­geographischen und sprachhistorischen Ver­gleich zu den Siebenbürger Sachsen“. Der Anlass war die Jahrestagung der Südostdeutschen Historischen Kommission, deren Mitglied er seit 1992 ist.

Zudem ist Dr. Protze aktives Mitglied im Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) und anderen wissenschaftlichen Vereinigungen. Unvergessen bleibt sein Festvortrag bei der Jahrestagung des Landeskundevereins in Leipzig 1996 zum Thema: „Leipzig und Siebenbürgen, Siebenbürger in Leipzig“. Der Universitätsprofessor fand heraus, dass allein im „Lexikon der Siebenbürger Sachsen“ (1993) über 70 Persönlichkeiten genannt werden, die seit der Gründung der Universität 1409 Leipziger Studenten waren und dort z. B. den Beruf des Buchhändlers erlernten. Auf zwei, in den letzten Jahren veröffentlichte Bücher, die das Ergebnis einer regen Forschungsarbeit und vieler Slowakei-Fahrten sind, ist der Jubilar besonders stolz: „Ältestes Stadtbuch von Göllnitz/Unterzips (1402-1605)“, sprachwissenschaftlich kommentiert, und „Wortatlas der städtischen Umgangssprache“, Böhlau Verlag, 1997.

Zu seinen Zukunftsplänen befragt, nennt Dr. Protze die Veröffentlichung eines Zipser und eines siebenbürgisch-sächsisches Tagebuches bzw. einer Monographie, in der die Mundart-Forschungen aufgearbeitet werden. Auf seinen Siebenbürgenreisen, auf Wochenendwanderungen zu entlegensten Gemeinden zeichnete er in 75 Ortschaften Dialekt-Aufnahmen auf, darunter in allen 18 Ortschaften des Unterwaldes.

Möge es Professor Protze vergönnt sein, weiterhin auf den Spuren der deutschen Sprache in Südosteuropa tätig zu sein und seine Vorhaben gesund und rüstig zu einem guten Ende zu führen.

Walter Klemm


Schlagwörter: Mundart, Germanistik, Landeskunde

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