15. Oktober 2025

Ulrike Schinker: Härwest

Herbstgedicht in siebenbürgisch-sächsischer Mundart aus dem Buch „Die Halvelagener – Geschichte und Mundart“ von Ulrike Schinker, Selbstverlag 2022, S. 82
Der Härwest kitt änt Lǝmd*,
ryicht dem Sommer de Hǝmd,
siut: „Te kǝst nea wetjerzain,
mer walln es bäsgiur* wedder sain.“

Senj Fårwen huilt e erois,
mäscht de hescht Nuancen* drois.
Mät dem Pänsel färwt e frui
Blaat uch Blaat giël uch rutj –
wai’t Iuwendrutj.

Wai frånjdlich de Sånn schenjt,
der Morje si kåil uch fenj!
Et äs e maljd, wuerem Lächt,
dǝot sich um Rëich nea brächt.

Niu sprǝtj* et sich ois äm Käukeltuël*;
Et äs si hyisch, em huet niche Wuël –
zain* uch sain, wåt hyi huët bruëjcht,
bewanjdern dess Härwestpruëjcht:

De Frucht äs wai Gyuld –
dǝot hu mer gewyult.
De Waimern sess –
der Mǝost, dyi flesst.
De Apel senj rutj – et gitt nichen Nutj.

Em mess dese Schåtz versorjen;
mer messen es nettmyi sorjen –
vun ållem äs genäuch geraift.
Än der Nuëjcht huët et schunj geraift …

Ijel verkrëiche sich äm Lyuw,
det Waljd* kitt bäs än de Schraiwen*,
et summeln sich vill Schwålwen,
Niëwel verwäscht de Fårwen.

Der Härwest påckt senj Såchen –
myi äs ha nett ze mǝochen.

Hyi wall wetjer än e far Lǝmd,
ryicht dem Wänjter de Hǝmd,
siut: „Ech kǝnn nea wetjerzain,
te wirst mich bäsgiur wedder sain.“

Anmerkungen

Lǝmd – Land, vgl. auch Hǝmd = Hand. Näheres zum Gebrauch des „ǝ“ siehe neue Rubrik „Sachsesch riëden uch schrëiwen“ (SbZ Online vom 17. Oktober 2025).

bäsgiur – bis zum nächsten Jahr

Nuancen – das deutsche Lehnwort Nuancen wird in Halvelagen gelegentlich gebraucht. (U. Schinker)

sprǝtj et sich ois – breitet sich aus

Käukeltuël – Kokeltal, Kokel = ein Fluss

zain – (hin)ziehen, hier: hingehen

det Waljd – das Wild, v.a. Rehe und Wildschweine, die Feldfrüchte fressen

Schraiwen – ein Flurname

Zur Autorin

Ulrike Schinker, geborene Schobel, geboren 1963, ihr früherer Heimatort ist Halvelagen (rum. Hoghilag), seit 1988 in Deutschland. Ihre bisherigen Tätigkeiten für und über Halvelagen: Mitherausgeberin des Heimatbuches „Halvelagen, wo ich zu Hause war“ (1998), Autorin und Herausgeberin des Buches „Halvelagen – Denkwürdigkeiten aus der Geschichte“, zwei kleine Auflagen im Selbstverlag, 2022 und 2023, sowie Autorin und Herausgeberin des Buches „Die Halvelagner – Geschichten und Mundart“, kleine Auflage im Selbstverlag, 2022.

Gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung erklärt die Autorin: „Motiviert hat mich hierbei meine Verbundenheit mit dem, was Halvelagen einmal war, mit den Menschen, die dieses kleine Dorf im Laufe von hunderten von Jahren zu dem gemacht hatten, was es heute noch für mich bedeutet: mein unvergessliches Halvelagen. Es gefällt mir, schöne alte, heute kaum noch gebrauchte Mundartwörter zu verwenden.“

Dazu wünschen wir Frau Schinker auch weiterhin viel Freude und Erfolg.

Und wenn auch Sie Mundarttexte in der Siebenbürgischen Zeitung veröffentlichen möchten, dann schicken Sie diese bitte an bernddieterschobel [ät] web.de. Auf Ihre Zuschriften freut sich

Bernddieter Schobel

Schlagwörter: Mundart, Gedicht, Halvelagen

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