13. August 2024

Kronenfest in Geretsried trotz düsterer Prognose

Die Geretsrieder Sachsen und ihre kulturinteressierten Gäste und Freunde haben am 13. Juli bewiesen, dass man auch in Zeiten von WetterApps und digitaler Vorhersagetechnologie auf das gute alte Bauchgefühl und eine Prise himmlischer Unterstützung setzen kann.
Gummistiefel statt Tracht: Die Kindertanzgruppe ...
Gummistiefel statt Tracht: Die Kindertanzgruppe tanzt trotz nasser Wiese fröhlich in den Pfützen unter der Krone in Geretsried. Foto: Peter Hermann
Die Organisatoren des traditionellen Kronenfestes hatten sich nach einer düsteren Prognose der WetterApp, die vorhersagte, dass es schütten würde wie aus Eimern, nicht entmutigen lassen. Mit Gummistiefeln in der Tasche und Regenschirmen als Accessoire zog ein seit Jahren gut eingeübtes Team von Pitz Wagner mit vielen fleißigen Helfern los, stellte Zelte und einen 9 m hohen Maibaum auf der von Hermann Gross frisch gemähten Wiese auf und war der Meinung: „Ein bisschen Nass kann uns nicht schrecken.“ Dasselbe dachten sich auch die Mädels aus der Jugendtanzgruppe, als sie am Vortag die Krone aus wunderschönen Blumen, Eichenlaub und Efeu banden.

Und siehe da, als der große Tag anbrach, blieb der heftige Regen weg. Zwar wurden die Ansprachen der Festredner von einem kurzen Nieselregen begleitet, der jedoch niemanden störte – im Gegenteil, er verlieh dem Fest eine erfrischende Note. Unterm Regenschirm lobte der Bürgermeister der Stadt, Michael Müller, die Siebenbürger Sachsen aus Geretsried und bezeichnete sie als Brückenbauer zwischen der alten und neuen Heimat. Aus dieser Überzeugung heraus wird er im Rahmen des Großen Sachsentreffens in Hermannstadt in siebenbürgischer Tracht am Festzug teilnehmen. Müller wird durch seine Teilnahme und symbolische Geste der Tracht als sichtbarer Vertreter die Stadt Geretsried und ihre Werte der Einheit und Verständigung und des gegenseitigen Respekts repräsentieren. Für diese städtische Unterstützung bedankte sich Herta Daniel, Ehrenvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, und gab den Regenschirm und das Wort weiter an die stellvertretende Bundesvorsitzende Heidi Mößner, stellvertretende Landesvorsitzende Gerlinde Zurl-Theil sowie Kreisgruppenvorsitzende Uschi Meyndt und ihre Stellvertreterin Iris Maurus. Es wurden auch die anwesenden Stadträte sowie einige Vorsitzende, Stellvertreter und Mitglieder aus der näheren Umgebung befindlichen Kreisgruppen und Vorsitzende der verschiedenen Landsmannschaften aus unserer Stadt herzlich begrüßt.

Für strahlende Gesichter sorgte ein besonderer Gottesdienst, der sowohl spirituell erfüllend als auch äußerst unterhaltsam war. Der aus Niederbayern extra angereiste Militärpfarrer Johannes Weadt schaffte es, tief gehende religiöse Themen mit einem Augenzwinkern zu vermitteln und die versammelte Gemeinde mit einer Mischung aus traditionellen Bibelzitaten und aktuellen Bezügen aus dem Alltag abzuholen. Seine Abschlussworte: „Liebe Gemeinde, ich könnte noch lange weitermachen, aber ich hör jetzt lieber auf, sonst wird das Essen kalt“, brachten die Zuhörer zum Lachen und machten den Gottesdienst zu einer Feier des Glaubens, die das Gemeinschaftsgefühl und die Freude am Leben in den Vordergrund stellte.

Die Atmosphäre war von Anfang an gelöst. Der Gottesdienst fand unter freiem Himmel statt, begleitet von dem Chor der Kreisgruppe und einem Posaunenchor, die mit ihren Klängen für eine feierliche und doch lockere Stimmung sorgten. Das vom Pfarrer eingeläutete Mittagessen ließ trotz zeitweiser Regenfälle und kühler Temperaturen viele der rund 50 ehrenamtlichen Helfer, die schon am frühen Morgen mit dem Aufbau der Zelte, Bierbänke und Stände beschäftigt waren, gehörig ins Schwitzen kommen. Ihre Liebe zum Detail und ihr Engagement machten das kulinarische Angebot zu einem wahren Genuss. Cremeschnitten, Baumstriezel, Grillfleisch, Mici und eine Vielfalt an Getränken fanden reißenden Absatz. Einer der absoluten Favoriten war der Stand mit den traditionellen Baumstriezeln. Als die Schlange vor dem Stand immer länger wurde und die Nachfrage kaum noch zu bewältigen war, sprang die Jugend spontan helfend ein, bot an, weitere Baumstriezel zu backen. Mit frischer Energie und großem Eifer machten sie sich ans Werk und sorgten dafür, dass niemand ohne den beliebten Leckerbissen nach Hause gehen musste.

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Helferinnen und Helfer, Organisatoren und Unterstützer, deren gemeinsames Engagement das Kronenfest 2024 in Geretsried zu einem großen Erfolg gemacht hat. Sie alle haben gezeigt, was es bedeutet, eine starke und engagierte Gemeinschaft zu sein.

Der kulturelle Teil begann mit einem Auftritt der Isartaler Adjuvanten, die mit ihren Blasinstrumenten für die richtige Stimmung sorgten. Ein besonderer Genuss für Augen und Seele waren die Darbietungen der Kinder-, Schüler- und Jugendtanzgruppe. Jede Gruppe brachte ihre eigene Note in die Vorführungen ein und zeigte die tiefe Verbundenheit der Teilnehmer zu ihren Wurzeln. Der unbestrittene Höhepunkt war der Aufstieg von Felix Wagner zur geschmückten Krone. Mit einer beeindruckenden Leichtigkeit und viel Geschick bestieg er den hohen Baum. Die Menge jubelte und applaudierte, während Felix den traditionellen Satz sprach, der bei keinem Kronenfest fehlen darf: „So wie es unsere Ahnen machten, feiern wir heut in unseren Trachten, freuen uns über die vielen Gäst‘ und hoffen ihnen mit dem Fest ein wenig Freude mitzugeben.“ Nach seiner Rede warf er den unten wartenden Kindern Süßigkeiten zu. Diese liefen lachend durch die Pfützen, und die Erwachsenen unterstützten sie fleißig beim Einsammeln der Bonbons. Die jüngsten Gäste waren von der Kronenbesteigung und dem anschließenden Süßigkeitenwerfen so beeindruckt, dass sie spontan beschlossen, das Geschehen nachzuspielen. Am Rande der Wiese veranstalteten sie ihr eigenes kleines Kronenfest. Mit lachenden Gesichtern warfen sie Süßigkeiten in die Luft und versuchten, diese wieder aufzufangen. Ihre Freude zog die Blicke vieler Festbesucher auf sich.

Ab 18.00 Uhr brachte die Musikband „Power Sachsen“ weiteren Schwung in das Fest und sorgte mit ihrer mitreißenden Open-Air-Darbietung für ausgelassene Stimmung unter den zahlreichen Gästen. Mit einem abwechslungsreichen Repertoire, das von aktuellen Hits bis hin zu Klassikern reichte, boten sie für jeden Musikgeschmack etwas und brachten die Menge zum Tanzen und Mitsingen bis spät nach Mitternacht. Am Ende des Tages stand fest: Das Kronenfest war ein voller Erfolg.

Roland Widmann

Schlagwörter: Geretsried, Kronenfest, Brauchtumspflege

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