10. April 2007

Treffpunkt Langwasser und die Hoffnung

„Es stimmt schon, Zukunft braucht Hoffnung. Aber woher soll die Hoffnung kommen?“ Das war eine der Fragen, die am 19. März beim Treffpunkt Langwasser der Kreisgruppe Nürnberg im „Haus der Heimat“ mit Horst Göbbel thematisiert wurden. Davor ging es jedoch aus aktuellem Anlass zunächst um den Leitartikel der Siebenbürgischen Zeitung vom 15. März, „Ende des Aussiedlerzuzuges?“, in dem u.a. als Begründung für die Schließung des Tores nach Deutschland („Das Tor bleibt offen“ klingt somit wie „Die Rente ist sicher“) angeführt wird, es solle auch „angeblich sichergestellt werden, dass Schwerkriminelle, gewaltbereite Extremisten und Terroristen nicht durch das Aufnahmeverfahren von Spätaussiedlern nach Deutschland kommen können.“
Unsere Frage: Wie viele sind denn bisher aus den Reihen der Spätaussiedler als solche enttarnt worden? Und außerdem: Bei der demografischen Schieflage in unserem Land (immer weniger Kinder, immer mehr zu versorgende Alte) ist doch eine Zuwanderung von Aussiedlern aus dem christlichen Kulturkreis Osteuropas oder der früheren Sowjetunion nach wie vor ein Gewinn für unser Land, oder nicht?

Das zentrale Thema des Abends ergab sich nach der Filmvorführung der Dialog-Ansprache von Horst Göbbel (Vater) und Roland Göbbel (Sohn) an der Gedenkstätte der Siebenbürger Sachsen beim letztjährigen Heimattag in Dinkelsbühl zum Thema „Zukunft braucht Hoffnung“. Dabei wurden grundsätzliche Fragen zu unserer gegenwärtigen und künftigen Standortbestimmung aufgeworfen und umfassend diskutiert. Fragen wie: Haben die existenziellen Prüfungen des 20. Jahrhunderts unsere siebenbürgisch-sächsischen Lebenskreise unumkehrbar verändert?

Zwar haben uns Krieg, ideologische Verstrickung, Diktatur, Stacheldraht, Flucht, geografischer Heimatverlust nicht entmutigt, sie haben uns nicht ausgelöscht, aber haben wir wirklich auch eine realistische Chance auf Zukunft als Siebenbürger Sachsen? Was ist von uns Siebenbürger Sachsen künftig noch zu erwarten? Was erwarten wir selber von uns? Sind wir noch produktiv genug? Wo liegt unser Kraftfeld? Wo liegen unsere Chancen? Wir Siebenbürger Sachsen sind längst aus dem Schatten unserer Kirchenburgen herausgetreten und gestalten Seite an Seite mit unseren neuen Nachbarn unsere Zukunft hoffnungsvoll, aber ist das noch eine siebenbürgisch-sächsische Zukunft? Besteht nicht eher die Gefahr, dass wir uns restlos, bis hin zur Selbstverleugnung hier anpassen und in der grauen bundesrepublikanischen Masse verschwinden? Oder haben wir in uns Werte, die uns unterscheiden, die dieser Gesellschaft neue Impulse verleihen könnten? Könnten unser ausgeprägter Familiensinn und der Gemeinschaftsgedanke ein zukunftsfähiger Ansatzpunkt sein?

Klar ist ja, dass wir die Zukunft mit grenzenloser Freiheit, mit rücksichtslosem Geldverdienen, mit unbändigem Konsum, mit Aufgabe aller hergebrachten Werte nicht gewinnen können. Eher mit bewährten siebenbürgisch-sächsischen Haltungen, Lebenseinstellungen, aber wie sind diese zu verstehen, wie sind diese weiter zu führen bei Menschen, die nicht mehr in bzw. durch Siebenbürgen geprägt werden? Sind unsere Tugenden, das Völkerverbindende, der Glaube, das Friedensstiftende aus Siebenbürgen zukunftsfähig? Unsere Beharrlichkeit, unser Ehrgeiz ebenso? Könnte statt Siebenbürgen als geografischer Begriff künftig Siebenbürgen als Lebensart, als unversiegbarer Geschichtsbrunnen, aus dem wir Lebenskraft schöpfen können – auch im Gegensatz zu postmodernen negativen Auswüchsen in unserer Zeit und unserer Gesellschaft – ein tragbares Zukunftsfundament sein? Oder ist unser kulturstiftendes Potenzial längst versiegt? Haben wir in einem zusammenwachsenden Europa – Siebenbürgen ist seit dem 1. Januar 2007 auch völkerrechtlich Teil dessen, was es kulturell jahrhundertelang war - neue Chancen, Siebenbürgisch-Sächsisches fortzuentwickeln? Was hat Bestand? Siebenbürgisch-sächsische Lebensart, Lebenshaltung? Wie kann jedoch diese so klar definiert werden, dass sie im Leben unserer Nachkommen eine wesentliche Rolle spielt?

Fragen, immer wieder Fragen. Eine Antwort sei hier gewagt: Die Hoffnung macht uns Beine, sie beflügelt unseren Geist, gibt unserem Leben Sinn. Und weil Hoffnung auf das Kommende gerichtet ist, braucht Zukunft Hoffnung, denn Hoffnung lässt Zukunft wachsen.

Horst Göbbel


Schlagwörter: Nürnberg

Bewerten:

2 Bewertungen: o

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.