24. Oktober 2010

Beeindruckende Kunstwerke der Fotografie

Die 2 000 Bilder des Künstlers Peter Jacobi sind während zweier Siebenbürgenreisen in den Jahren 2004 und 2005 entstanden, als er nahezu 200 Ortschaften aufgesucht und vorrangig ihre Wehr- und Kirchenburgen fotografisch dokumentiert hat, getrieben vor allem von der Sorge um deren Erhaltungszustand nach dem Massenexodus der Siebenbürger Sachsen seit den 1990er Jahren. Ihre Veröffentlichung als CD verfolgt daher – neben dem naturgemäß künstlerischen Anliegen – die erklärte Absicht, die kulturell interessierte Öffentlichkeit auf dieses einmalige, bedeutende Kulturerbe aufmerksam zu machen, das – neben den wenigen, von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannten und geschützten Ortschaften und deren Bauten – zusehends verwaist und vom Verfall bedroht ist.
Die fotografische Dokumentation wird von Jacobi mittels Beobachtungen, Notizen und vor Ort gesammelten Informationen nicht nur zu dem Zustand der Anlagen, sondern auch über die derzeitigen Lebensverhältnisse in den Gemeinden ergänzt.

Man könnte nun meinen, es handele sich um eine Fotodokumentation des Erhaltungszustandes der Wehr- und Kirchenburgen in den Jahren 2004/05, die gleich einem Inventar die Ergebnisse des umfassenden Dokumentationsprojektes des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates der Jahre 1992 – 1998 ergänzt bzw. aktualisiert. Weit gefehlt! Auf den ersten Blick sind es Reiseeindrücke, die Jacobi mit der Kamera festgehalten hat, als er unterwegs auch Banater Orte, Wegekreuze, die neuen prunkvollen Paläste der Roma oder eine ehemals deutsche Ortschaft in der Bukowina dokumentiert hat. Bei genauerer Betrachtung erkennt man jedoch, was den Künstler und Bildhauer Jacobi bewegt. Es ist in erster Linie die Erinnerung, wie er sie unlängst in Bukarest bei dem Holocaust-Mahnmal eindrucksvoll plastisch gestaltet hat (Bericht in der Siebenbürgischen Zeitung vom 31. Oktober 2009). Es ist die bildhaft gemachte Erinnerung an menschliche Schicksale, geprägt von unausweichlichen geschichtlichen Ereignissen. Insofern ist es nicht weiter verwunderlich, wenn – wie im Titel vermerkt – in den siebenbürgisch-sächsischen Ortschaften das Hauptaugenmerk auf den Erhaltungszustand der gebauten Vergangenheit, der Wehr- und Kirchenburgen als Mittelpunkt und Identifikation der sächsischen Gemeinschaft gerichtet ist.

„Still-leben“ kann als die Stille nach der Auswanderung, das Fehlen der Menschen und der Gemeinschaft interpretiert werden. Und überall dort, wo einige wenige noch im Dorf leben und ihre Kirche liebevoll pflegen – die Kuratorinnen und Kuratoren – werden sie portraitiert und entsprechend gewürdigt. Nicht von ungefähr sind allenthalben Bilder der heute in den Dörfern lebenden Roma eingefügt. Wo jedoch die orthodoxe rumänische Gemeinde die Kirche von den Sachsen übernommen hat, ist sie in gutem Erhaltungszustand und sehr gepflegt. All diese fotografisch, gleichwohl mit dem Auge des Künstlers festgehaltenen Eindrücke dienen der Erinnerung und beinhalten ebenso viele Fragen, die Jacobi an uns alle als Sachwalter unseres gemeinsamen Kulturerbes stellt.

Die Dokumentation des Verfalls hat nicht allein beklemmende, zutiefst aufrührende Bilder hervorgebracht, sondern gleichermaßen beeindruckende Kunstwerke der Fotografie. Zu deren Verständnis ist eine Einführung in die Kunst des Fotografen Peter Jacobi auf der CD enthalten: „Versuch über die Fotografien von Peter Jacobi zu schreiben“ von Manfred Schmalriede, Präsident der Deutschen Fotografischen Akademie. Diese ist ebenso lesenswert wie die vielen schönen Fotografien, deren Inhalte jedem Betrachter die Heimat höchst lebendig in Erinnerung rufen.

Christoph Machat


Peter Jacobi: „Stillleben nach dem Exodus – Wehrkirchen in Siebenbürgen“, CD mit 2000 Fotografien, Schiller Verlag, Hermannstadt 2009, ISBN 978-3-941271-29-6, zu bestellen zum Preis von 5,95 Euro, zuzüglich 3 Euro Versand, im Siebenbuerger.de/Shop.

Schlagwörter: Fotografie, CD, Jacobi

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