16. April 2011

Rumänischer Regisseur bei Filmfestival „goEast“ ausgezeichnet

Das 11. Festival des mittel- und osteuropäischen Films „goEast“ fand vom 6. bis 12. April in Wiesbaden statt. Der mit 10 000 Euro dotierte Hauptpreis des Wettbewerbs, „Die Goldene Lilie“, ging an den russischen Film „Der Heizer“. Den Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die „Beste Regie“ (dotiert mit 7 500 Euro) erhielt der rumänische Regisseur Marian Crișan für seinen Film „Morgen“.
Der Regisseur von "Der Heizer", Alexey Balabanov, habe ein „stilistisch kohärentes und konsistentes Werk geschaffen, das das Genre des Gangsterfilms nutzt, um ein kompromissloses Abbild des modernen Russland und seiner Geschichte zu entwerfen“, würdigte der Jurypräsident Elimir Ilnik in der Caligari-Filmbühne den 2010 realisierten russischen Beitrag, der auch den „Preis der internationalen Filmkritik“ erhielt.

Den Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die „Beste Regie“ (dotiert mit 7 500 Euro) nahm der rumänische Regisseur Marian Crișan für seinen Film „Morgen“ entgegen, eine rumänisch-französisch-ungarische Koproduktion aus dem Jahr 2010.

„Für die Darstellung der Poesie einfacher menschlicher Beziehungen, für den Respekt und die Liebe, die der Film seinen Figuren entgegenbringt, und für das Entdecken von Komik im alltäglichen und oftmals dramatischen Leben“, zeichnete die Jury diesen Film aus. Ein melancholisch-realistischer Film, der das Schicksal eines Migranten im Rumänien des Jahres 2010 schildert: Ein Türke versucht über die Grenze von Rumänien nach Ungarn zu flüchten, um von dort aus nach „Alemania“ – wie er stets betont – zu kommen. Der Film eröffnet mit einer Szene des Flüchtlings, der bis zu den Knien durch einen Wassergraben läuft und dort auf seinen Retter trifft: einen Bewohner aus Salonta, der außerhalb der Stadt mitten in der Einöde auf einem kleinen Bauernhof mit seiner Frau wohnt, der nebenbei als „Predator“ im Penny-Markt von Salonta sein Geld verdient und dessen Hobby Angeln ist. All sein verdientes Geld investiert der sympathische rumänische Ungar aus Salonta bevorzugt in seine Angelausstattung, obwohl sein Haus ein neues Dach braucht. Eine Kleinstadt nahe der ungarischen Grenze in Siebenbürgen präsentiert sich hier durch die Darstellung realer Lebensverhältnisse im neuen Europa: Bürgerverständnis zwischen den Nationalitäten, Armut und die Mühe, mit den neuen Regeln für EU-Verhältnisse in einer Grenzstadt zurecht zu kommen. Schengen lässt grüßen. So einfach, wie die Politik die theoretischen Regeln aufstellt, ist es im realen Leben oft nicht. Das beweist der Film. Eine Parallele zu den Verhältnissen während des Kommunismus in Rumänien lässt sich leicht herstellen: Grenzflüchtlinge, die aus wirtschaftlichen, politischen oder schlicht gesellschaftlichen Motiven heraus die Freiheit und ein würdevolleres Dasein suchten in einem anderen europäischen Land.

Wunderbare Schauspieler wirken mit: Andras Hathazi, als Türke Ylmaz Iyalcin und Dorin Zahei und Elvira Rimbu. Eine Apotheose auf die Menschlichkeit, Freundschaft und Toleranz. Der Flüchtling Günal wird ohne weitere Fragen von Andras aufgenommen, er erhält einen Schlafplatz im Keller zwischen den Kartoffelvorräten, er hilft mit im Haushalt, auf dem Feld und in einer Brotfabrik in Salonta, er erzählt und spielt Karten mit dem Hausbesitzer. Eine urkomische Situation, die den Besucher erheitert und bei aller Nachdenklichkeit über die kritische menschliche Situation der geschilderten Schicksale im Film doch immer wieder das Publikum im Caligari-Kino in Wiesbaden zum Lachen brachte.

Das beherrschende Festival-Thema war in diesem Jahr die Migration. Das trifft auch für den Eröffnungsfilm „Essential Killing“ zu, der im letzten Jahr in Venedig mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet wurde. Außerhalb des Wettbewerbs lief auch der rumänische Dokumentarfilm „Kapitalismus – unser verbessertes Konzept“ von Alexandru Solomon, ein außergewöhnlicher Film, dessen Realitäten heute schon überholt sind, da einige der Interviewpartner des Films (zum Beispiel der Vizepräsident des Senats, Dan Voiculescu) als ehemalige Securitate-Spitzel enttarnt sind und zur Persona non grata wurden.

„Aussiedler und Spätaussiedler sind Deutsche und als solche von ausländischen Migranten zu unterscheiden“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen mit Vertretern des Bundes der Vertriebenen am 31. März in Berlin gesagt (siehe Bericht "Deutsche Aussiedler sind keine Migranten"). Das Thema „Migranten“ jedoch geht alle an. Das Kino zeigt uns, wie der enge Blick auf Osteuropa gelöst und wie auch in Wiesbaden mit der Festivalsektion „Beyond Belonging“ nicht mehr in streng geographischen Grenzen gedacht werden kann, sondern die transkulturellen Phänomene in Europa im Mittelpunkt stehen, obwohl immer noch Vorurteile gegenüber einigen Ländern Osteuropas das Bild beherrschen. „goEast“ versucht mit seinen Filmen, die gut ankommen, aber immer noch zu wenig deutsches Publikum erreichen, zu beweisen, dass Europa viele Gesichter hat.

Katharina Kilzer

Schlagwörter: Film, Festival, Migration

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