13. März 2013

Erfolgreiche siebenbürgische Verleger im deutschen Binnenraum

Es gilt als gesichert, dass die Frühgeschichte des siebenbürgischen Buchdrucks in Hermannstadt einsetzt. Aus der dortigen Druckerei stammen die ersten 35 Bücher, gedruckt zwischen 1529 und 1598. Die etwas später beginnende Buchproduktion in Kronstadt verzeichnet in der Zeitspanne von 1593 bis 1594 bereits 119 Titel. Die fruchtbarste Tätigkeit entfaltete jedoch der gebürtige Heltauer Kaspar Helth (geb. um 1520, gest. 1574) in Klausenburg. In seiner Druckerei erschienen von 1550 bis 1600 genau 208 Bücher. Besonders wichtig wurde er für den ungarischen Kulturkreis, da sein Verlag die ersten ungarischen Schriften überhaupt druckte.
Kaspar Helth, später magyarisierte er sich zu Gaspar Heltai, der in Wittenberg studiert hatte und ein begeisterter Anhänger Luthers war, wurde 1544 Stadtpfarrer in Klausenburg. Sechs Jahre später gründete er mit dem in Nürnberg ausgebildeten Georg Hoffgreff in der Stadt eine Druckerei, in der er zunächst seine eigenen Werke veröffentlichte, die natürlich auch den ästhetischen Kriterien entsprechen mussten. Dafür wurde ein Formenschneider eingestellt, der die Drucke mit Holzschnitt-Titelblättern, Initialen und Zierleisten ausschmückte. Und dieser junge Mann hieß Jacob Lucius (Lutsch), geboren um 1530 in Klausenburg oder Kronstadt.

Jacob Lucius der Ältere, der unter diesem Namen in die Geschichte eingegangene Lutsch, verließ den Humanisten Helth und seinen Verlag nach etwa sechs Jahren, um sich ab 1556 in Wittenberg anzusiedeln. Hier war er als Zeichner für Holzschnitte offenbar so tüchtig, dass er bald danach ebenda eine Druckerei erwerben konnte und nun selber Bücher druckte. Als Signatur wählte er ILCT, das ist Iacobus Lucius Coronensis Transsylvanus. Sein unstetes Wesen hielt ihn aber nicht lange am selben Ort und so verließ er nach etwa acht Jahren Wittenberg, um sich ab 1564 in Rostock niederzulassen. Als nunmehr akademischer Verleger nannte er sich hier Jakobus Siebenbürger. Vierzehn Jahre später avancierte er zum ersten Universitäts-Buchdrucker der Universität Helmstedt in Niedersachsen. Auch hier entfaltete er eine sehr erfolgreiche Tätigkeit, bis ihn die Pest um 1597 dahinraffte.

Jacob Lucius der Jüngere, sein Sohn (geb. um 1570 in Helmstedt), übernahm die väterliche Werkstatt und führte die Buchdruckerkunst erfolgreich bis zu seinem eigenen Tod (1616) fort. Einer seiner Söhne trat dann wiederum in die Fußstapfen seiner Vorväter in der dritten Generation.
Walter Myss (links) widmet Bischof D. Dr. ...
Walter Myss (links) widmet Bischof D. Dr. Christoph Klein ein Exemplar des von ihm herausgegebenen Lexikons der Siebenbürger Sachsen (Dinkelsbühl 1993). Fotos: Konrad Klein
In den Wirren des 30-jährigen Krieges kam die Produktion von Büchern in Gesamteuropa fast gänzlich zum Erliegen und auch später sind kaum siebenbürgische Verleger und Buchdrucker im deutschen Binnenraum in Erscheinung getreten. Dieses änderte sich im 19. Jahrhundert mit der Übersiedlung eines Siebenbürgers nach Wien. Sein Name war Karl Graeser. Der gebürtige Mediascher (5. Februar 1849) gründete im Jahr 1875 hier einen eigenen Verlag und brachte neben österreichischen Lehrbüchern und pädagogischen Werken zahlreiche Schriften der siebenbürgisch-sächsischen Literatur heraus. Graeser hatte seine Buchdruckerlehre als Dreizehnjähriger (1862) bei Samuel Filtsch in Hermannstadt begonnen. Unstet wie dazumal Lucius, ging er später nach Wien und dann (1869) nach Olmütz in Mähren, wo ihn der gebürtige Prager Verleger Eduard Hölzel (1817-1885) aufnahm, dessen Schwiegersohn er 1875 wurde. Zwei Jahre später erwarb er, nun wiederum in Wien ansässig, den Verlag der Firma Sallmayer & Co und gründete sein eigenes Verlagsgeschäft. Durch die Veröffentlichung zahlreicher Bücher mit siebenbürgischer Thematik (Volksdichtung, Volkskunde, Geschichte, Reiseliteratur und Belletristik) gelang es ihm, Siebenbürgen und die Sachsen im gesamtdeutschen Raum bekannter zu machen, zumal er an das buchhändlerische deutschsprachige Vertriebsnetz angeschlossen war. Für sein Wirken im Verein der Österreich-ungarischen Buchhändler und der Wiener Kooperation wurde er 1890 sogar zum Kaiserlichen Rat ernannt. Nach seinem Tod (22. August 1899) führte seine Witwe mit der B. G. Taubner in Leipzig das Unternehmen unter dem Namen Carl Graeser & Co fort, während W. Krafft aus Hermannstadt die Bestände und die Verlagsrechte der Transylvanica übernahm.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist uns kein namhafter Verleger im binnendeutschen Raum bekannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben jedoch aus unterschiedlichen Gründen etliche Siebenbürger fern ihrer Heimat.

Der Buchhändler und Verleger Hans Meschendörfer, ...
Der Buchhändler und Verleger Hans Meschendörfer, so wie ihn jeder kannte: stets uneitel, anregend und einem anekdotischen Aperçu nie abgeneigt. Das Bild entstand nach einem Vortrag Meschendörfers, in dem es um Reiseberichte über Südosteuropa ging.
So auch Hans Meschendörfer. Geboren am 23. September 1911 in Kronstadt, machte er später eine buchhändlerische Ausbildung in Leipzig, Paris und Königsberg. 1935 konnte er in seiner Heimatstadt eine „Bücherstube“ unter seinem Namen eröffnen. Bis kurz vor Kriegsende gab er in seinem Verlag vier Werke heraus. Nach Krieg und Gefangenschaft gelang es ihm, 1954 in München die „Versand- und Verlagsbuchhandlung Hans Meschendörfer“ aus der Taufe zu heben; zusätzlich betrieb er zwischen 1956 und 1975 einen regen „Bücher-Geschenkdienst“ (Buchversand) nach Rumänien. 1969 ging er eine Verbindung mit der Verlagsgruppe Walter Richter ein, die leider 1975 liquidierte. Insgesamt konnte Meschendörfer in München 21 Werke zur Geschichte, Kultur und Literatur der Siebenbürger veröffentlichen und arbeitete danach bis ins hohe Alter weiter bei einem Münchner Landkartenverlag. Er starb am 15. Juli 2000 in München.

Einen ähnlichen Lebenslauf hatte zunächst auch der neun Jahre jüngere Walter Myss. Ebenfalls in Kronstadt geboren (22. September 1920), machte er nach dem Zweiten Weltkrieg Österreich zu seiner Wahlheimat. Zum Unterschied von Meschendörfer hatte er keine „verlegerische“ Ausbildung und beschäftigte sich zunächst mit Kunstgeschichte, war Inhaber eines Reisebüros in Innsbruck und Reiseleiter. 1971 entschließt er sich ins Verlagswesen zu wechseln und gründet im selben Jahr den Wort und Welt Verlag. Von Hans Meschendörfer konnte er einen fest gefügten Kundenkreis übernehmen. In seinem Verlag veröffentlichte Myss neben eigenen Werken zahlreiche gediegene historische und kunsthistorische Bücher über Siebenbürgen und andere Kulturlandschaften, Ethnographien, Belletristik, Märchen und als wissenschaftliche Krönung das „Lexikon der Siebenbürger Sachsen“ (1993). Myss starb am 23. Juni 2008 in Innsbruck.

Auf eine recht erfolgreiche Verlegertätigkeit kann auch der nächste gebürtige Kronstädter zurückblicken, der sich allerdings nicht selbstständig machte. Peter Scheiner, geboren 1932, blieb nach den Kriegswirren 1944 in Deutschland, wurde hier zum Verlagskaufmann und war bei verschiedenen Verlagen in Stuttgart, Hamburg etc. tätig. Er schaffte es bis zu sehr gehobenen Positionen als Verlagsleiter bei der Südwest Presse in Ulm und Geschäftsführer der Stuttgarter Nachrichten. Bereits zu seinen Lebzeiten hatte das digitale Zeitalter eingesetzt und die Verlage veränderten ihr Angebot (E-Book etc.).

1998 wurde von Brigitte Rill und Martin Eichler ein neuer Verlag gegründet, der in Erlenbach bzw. in München geortet werden konnte: der Wort + Welt + Bild Verlag (wohl in Anlehnung an den Myss-Verlag). Dabei handelt es sich nicht nur um einen Verlag, sondern auch um einen damit vernetzten Online-Shop (Siebenbürgen-Buch), den Buchversand Südost und den Bildverlag Martin Eichler (früher Bilderdienst). Das Angebot des Verlags reicht von Büchern und Kalendern, über Postkarten bis hin zu Fotografien mit siebenbürgischer Thematik.

Auf eine langjährige Verlagsarbeit in Deutschland konnte auch der gebürtige Zeidner Bernd Kolf zurückblicken (geb. 26. Januar 1944), bevor er sich in späten Jahren selbstständig machte, den E. A. Seemann Verlag Leipzig und den Henschel Verlag Berlin aufkaufte und beide mit Dr. Jürgen A. Beck 2003 zur Seemann Henschel GmbH &Co zusammenführte. Ob Kolf sich hier auch zu Titeln mit siebenbürgischer Thematik durchringen kann, bleibt vorerst offen.

Im März 2003 entschlossen sich Dagmar Zink und Dr. Klaus Weinrich, in Bamberg den Johannis Reeg Verlag zu gründen. Dagmar Zink, gebürtige Hermannstädterin (1948), seit 1985 in Deutschland ansässig, veröffentlichte hier zunächst eigene Werke unter ihrem Mädchennamen Dusil. Sehr bald wurde der Verlag durch eine facettenreiche Palette von Titeln bekannt: wissenschaftliche und Kunstbücher („Alt-Kronstadt. Bilder einer Stadt“), Kinderlieder, Bildkalender. Die Zusammenarbeit mit der Hermann­städter Honterus-Druckerei erweist sich als besonders erfolgreich. Geplant sind auch Veröffentlichungen in rumänischer und englischer Sprache.

Zu den „Spätberufenen“ gehört neben Kolf und Myss noch ein Kronstädter: Frieder Latzina. Geboren 1936, profilierte er sich vom Hobbymusiker zum Musikverleger und gründete im Jahr 2000 den MusikNoten-Verlag in Karlsruhe („Musikverlag für Musik aus Siebenbürgen und von Siebenbürgern“). In seinem Verlag sind bereits 141 Noten-Werke erschienen, einige sogar als Erstdrucke.

Dr. Wolfgang Knopp

Schlagwörter: Verleger, Siebenbürger Sachsen, Porträts

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