10. August 2013
20 Jahre Gedenkstätte Memorial Sighet
Der Wunsch nach Wahrheit und authentische soziale Notwendigkeiten nach 1989, die Beharrlichkeit und Zuversicht des rumänischen Schriftstellerpaars Blandiana/Rusan waren die Voraussetzungen für das Gelingen eines Projekts, das vor 20 Jahren in Sighet entstand: die Gründung einer Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus und des Widerstands während der kommunistischen Zeit in Rumänien und in den Ländern des Ostblocks auf den Ruinen eines ehemaligen politischen Gefängnisses.
Das 1897 während der k.u.k.-Zeit erbaute Gefängnis wurde zum Unort für die politischen Verbrechen der Kommunisten nach der Machtergreifung. Vom 12. bis 16. Juli fand in Sighet und Bukarest die Jubiläumsveranstaltung der 20. Jahresfeier des Memorial Sighet statt.
Mit Unterstützung des Europarats, der Vertretung der tschechischen Botschaft in Rumänien, des Polnischen Instituts sowie der Konrad-Adenauer-Stiftung wurde am 12. Juli in der Gedenkstätte, in der frisch renovierten Cornel-Coposu-Straße in Sighet-Stadtmitte, in Anwesenheit von Göran Lindblad, ehemaliges EU-Parlaments-Mitglied, Stephane Courtois, Rektor der Sommerschule, Ana Blandiana sowie den anwesenden Gästen die Sommerschule eröffnet. Dabei waren Schüler und Studenten, preisgekrönte Teilnehmer der Sigheter Sommerschule, inländische und ausländische Gäste und Besucher. Ana Blandiana betonte in ihrem Willkommensgruß die Notwendigkeit einer solchen Stätte in Rumänien, wie dem einstigen Gefängnis in Sighet, um die Vergangenheit und die kommunistischen Verbrechen nicht zu vergessen. Sie erinnerte an die vielen Hürden und finanziellen Engpässe, die man all die Jahre zu überwinden hatte, um dieses Projekt nicht aufzugeben. Nicht immer war es sicher, dass diese Gedenkstätte und ihr internationales Studienzentrum mit Buchveröffentlichungen, Zeitzeugenarchiv u. a. so erfolgreich arbeiten konnten. Courtois erzählte in launigem Ton von seinen Erlebnissen bei der Sommerschule seit 1998. Lindblad erinnerte an eben diese „Notwendigkeit für internationale Verurteilung der Verbrechen von totalitären kommunistischen Regimes“ – ein Bericht, den er 2006 verfasste und der zur Gründung der „Plattform für das Gedächtnis und Gewissen Europas“ führte, dessen Präsident er heute ist. Von Roman Wyborski, dem ehemaligen tschechischen Botschafter in Bukarest, wurde die in einem Raum der Gedenkstätte neu eingerichtete Ausstellung zur „Charta 77“ eröffnet. Romulus Rusan sprach zur Einführung der Ausstellung „Memoria Manuscriselor“ – die Erinnerung durch Manuskripte, die die Briefe einstiger Häftlinge, Romanprojekte (wie Nicolae Steinhardts Journal) u.a. Schriftstücke präsentiert.
Im Rahmen der Tagungs-Rund-Tisch-Diskussionen zum Thema „Erinnerung“, „Repression“ und „Wozu Erinnerung“ sprachen Historiker, Politikwissenschaftler, Zeitzeugen. Die Bücher „Geist hinter Gittern. Die rumänische Gedenkstätte Memorial Sighet“ (Timme-Verlag Berlin, herausgegeben von Katharina Kilzer und Helmut Müller-Enbergs), sowie das bei Alianța Civică erschienene Buch von Reynald Secher „Vandeea: vom Genozid zum Memorozid“ und das „Buch der Toten“ (Herausgeber Romulus Rusan, 2013) mit Namenslisten der Toten aus der kommunistischen Zeit, wurden in Sighet vorgestellt. Der Volksbarde Grigore Lese sang am Abend „cintece de jale“ (Klagelieder) im Flur der Gedenkstätte. Virgil Țârău von der CNSAS (Archiv des Nationalrates zum Studium der Securitate-Akten) in Bukarest definierte die Erinnerung an die Opfer des Kommunismus als eine vielschichtige Problematik, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielt: im Raum, im Leiden und im politischen Leben des Landes. Von geschätzten fünfhunderttausend bis etwa zwei Millionen Opfer der kommunistischen Zeit sprach der Mitarbeiter der CNSAS. Aufarbeitung bleibt deswegen weiterhin das große Thema. Auch Helmut Müller-Enbergs von der BStU in Berlin schilderte anhand von einigen Beispielen ein experimentelles Modell der Aufklärung in deutschen Schulen mit Rollenspielen und Gegenüberstellungen. Über Repressionen der Bevölkerung sprach auch Anatol Petrencu, Historiker aus der Republik Moldau. Dennis Deletant erzählte Erlebnisse von seinen Besuchen in Rumänien in den siebziger und achtziger Jahre, als er in Rumänien zur Persona non grata deklariert wurde. Octav Bjoza, Vorsitzender der Vereinigung politischer Häftlinge Rumäniens und Zeitzeuge, erzählte die Geschichte der Verhaftung seines Freundes Erich Bergel, des Komponisten, durch die Securitate in Kronstadt. Weitere Referenten wie Rita Schorpp von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Göran Lindblad, der einstige politische Häftling, der Historiker Alexander Zub, Patrick Moreau aus Paris, Petruska Sustrova aus Prag, Thomas Blanton aus der USA, Anneli-Ute Gabbany u.a. referierten über Ereignisse aus der kommunistischen Zeit und erinnerten die junge Generation daran, nie zu vergessen, dass nach dem Motto Ana Blandianas für das Memorial Sighet: Wenn die Justiz es nicht schafft, die Gräuel und Verbrechen des Kommunismus zu sühnen, „die Erinnerung allein eine Form der Justiz“ bleibt! Die große Familie der Mahner von Sighet hält diese Erinnerung wach. Somit lebt Sighet durch die Menschen, die sich dort jedes Jahr im Sommer versammeln und die Botschaft weitergeben. Eine Filiale der Gedenkstätte Sighet wurde am 9. Mai in Bukarest eröffnet für jene Besucher, die es nicht bis in den hohen Norden schaffen.
Mit Unterstützung des Europarats, der Vertretung der tschechischen Botschaft in Rumänien, des Polnischen Instituts sowie der Konrad-Adenauer-Stiftung wurde am 12. Juli in der Gedenkstätte, in der frisch renovierten Cornel-Coposu-Straße in Sighet-Stadtmitte, in Anwesenheit von Göran Lindblad, ehemaliges EU-Parlaments-Mitglied, Stephane Courtois, Rektor der Sommerschule, Ana Blandiana sowie den anwesenden Gästen die Sommerschule eröffnet. Dabei waren Schüler und Studenten, preisgekrönte Teilnehmer der Sigheter Sommerschule, inländische und ausländische Gäste und Besucher. Ana Blandiana betonte in ihrem Willkommensgruß die Notwendigkeit einer solchen Stätte in Rumänien, wie dem einstigen Gefängnis in Sighet, um die Vergangenheit und die kommunistischen Verbrechen nicht zu vergessen. Sie erinnerte an die vielen Hürden und finanziellen Engpässe, die man all die Jahre zu überwinden hatte, um dieses Projekt nicht aufzugeben. Nicht immer war es sicher, dass diese Gedenkstätte und ihr internationales Studienzentrum mit Buchveröffentlichungen, Zeitzeugenarchiv u. a. so erfolgreich arbeiten konnten. Courtois erzählte in launigem Ton von seinen Erlebnissen bei der Sommerschule seit 1998. Lindblad erinnerte an eben diese „Notwendigkeit für internationale Verurteilung der Verbrechen von totalitären kommunistischen Regimes“ – ein Bericht, den er 2006 verfasste und der zur Gründung der „Plattform für das Gedächtnis und Gewissen Europas“ führte, dessen Präsident er heute ist. Von Roman Wyborski, dem ehemaligen tschechischen Botschafter in Bukarest, wurde die in einem Raum der Gedenkstätte neu eingerichtete Ausstellung zur „Charta 77“ eröffnet. Romulus Rusan sprach zur Einführung der Ausstellung „Memoria Manuscriselor“ – die Erinnerung durch Manuskripte, die die Briefe einstiger Häftlinge, Romanprojekte (wie Nicolae Steinhardts Journal) u.a. Schriftstücke präsentiert.
Im Rahmen der Tagungs-Rund-Tisch-Diskussionen zum Thema „Erinnerung“, „Repression“ und „Wozu Erinnerung“ sprachen Historiker, Politikwissenschaftler, Zeitzeugen. Die Bücher „Geist hinter Gittern. Die rumänische Gedenkstätte Memorial Sighet“ (Timme-Verlag Berlin, herausgegeben von Katharina Kilzer und Helmut Müller-Enbergs), sowie das bei Alianța Civică erschienene Buch von Reynald Secher „Vandeea: vom Genozid zum Memorozid“ und das „Buch der Toten“ (Herausgeber Romulus Rusan, 2013) mit Namenslisten der Toten aus der kommunistischen Zeit, wurden in Sighet vorgestellt. Der Volksbarde Grigore Lese sang am Abend „cintece de jale“ (Klagelieder) im Flur der Gedenkstätte. Virgil Țârău von der CNSAS (Archiv des Nationalrates zum Studium der Securitate-Akten) in Bukarest definierte die Erinnerung an die Opfer des Kommunismus als eine vielschichtige Problematik, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielt: im Raum, im Leiden und im politischen Leben des Landes. Von geschätzten fünfhunderttausend bis etwa zwei Millionen Opfer der kommunistischen Zeit sprach der Mitarbeiter der CNSAS. Aufarbeitung bleibt deswegen weiterhin das große Thema. Auch Helmut Müller-Enbergs von der BStU in Berlin schilderte anhand von einigen Beispielen ein experimentelles Modell der Aufklärung in deutschen Schulen mit Rollenspielen und Gegenüberstellungen. Über Repressionen der Bevölkerung sprach auch Anatol Petrencu, Historiker aus der Republik Moldau. Dennis Deletant erzählte Erlebnisse von seinen Besuchen in Rumänien in den siebziger und achtziger Jahre, als er in Rumänien zur Persona non grata deklariert wurde. Octav Bjoza, Vorsitzender der Vereinigung politischer Häftlinge Rumäniens und Zeitzeuge, erzählte die Geschichte der Verhaftung seines Freundes Erich Bergel, des Komponisten, durch die Securitate in Kronstadt. Weitere Referenten wie Rita Schorpp von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Göran Lindblad, der einstige politische Häftling, der Historiker Alexander Zub, Patrick Moreau aus Paris, Petruska Sustrova aus Prag, Thomas Blanton aus der USA, Anneli-Ute Gabbany u.a. referierten über Ereignisse aus der kommunistischen Zeit und erinnerten die junge Generation daran, nie zu vergessen, dass nach dem Motto Ana Blandianas für das Memorial Sighet: Wenn die Justiz es nicht schafft, die Gräuel und Verbrechen des Kommunismus zu sühnen, „die Erinnerung allein eine Form der Justiz“ bleibt! Die große Familie der Mahner von Sighet hält diese Erinnerung wach. Somit lebt Sighet durch die Menschen, die sich dort jedes Jahr im Sommer versammeln und die Botschaft weitergeben. Eine Filiale der Gedenkstätte Sighet wurde am 9. Mai in Bukarest eröffnet für jene Besucher, die es nicht bis in den hohen Norden schaffen.
Katharina Kilzer
Schlagwörter: Kommunismus, Gedenkstätte
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Neueste Kommentare
- 10.08.2013, 19:27 Uhr von Äschilos: Es wäre interessant zu wissen, wo man die Liste aller Ehemaligen einsehen kann, die hier ... [weiter]
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