2. Juli 2017

Förderer des Schul- und Kirchenwesens in Siebenbürgen

Dr. Georg Paul Binder hat sich als Schulmann und als Bischof der ev. Landeskirche A.B. in Siebenbürgen, durch seinen Einsatz für den Erhalt der konfessionellen Rechte und die kulturelle Entfaltung seines Volkes bleibende Verdienst erworben. Als Lehrer und Rektor des Schäßburger Gymnasiums war er maßgeblich an der Durchführung einer längst fälligen Schulreform an diesem Gymnasium und dessen Umwandlung in eine vorbildliche Lehranstalt beteiligt. Als Bischof der ev. Landeskirche hat er sich nicht nur für die Rechte und Belange der ihm untergebenen Landsleute eingesetzt, sondern war auch stets auf die vollkommene Gleichstellung von allen in Siebenbürgen gemeinsam lebenden Nationen bedacht.
Georg Paul Binder wurde am 20. Juli 1784 als Sohn des Gymnasiallehrers Martin Binder in Schäßburg geboren. Lehrer M. Binder war der Sohn des Bauern Martin Binder und wurde hier in dem für Schaas unheilvollen Jahr 1748 geboren, als diese Gemeinde am 10. Juli 1748 bis auf drei Höfe abbrannte. Der Vater von G. P. Binder, der nach einigen Jahren in das Amt des Schäßburger Stadtpredigers aufgerückt war, folgte 1792 der Wahl als Pfarrer nach Keisd. Der Umzug der Familie nach Keisd hatte für den achtjährigen Sohn den Nachteil, dass er die unmittelbare Aufsicht des Elternhauses verlor und während der Schulzeit in Schäßburg sich weitgehend selbst und seinen zeitweilig schwachen Lehrern überlassen blieb.

1797 wurde G. P. Binder als Chlamydat an das Gymnasium versetzt, das er in seiner Lebensbeschreibung als „in einem wahrhaft kläglichen Zustand“ bezeichnet. Schon während dieser Zeit (1797-1802) reifte in ihm der Entschluss, falls ihm später einmal die Möglichkeit dazu gegeben würde, an der Verbesserung des Unterrichts am Schäßburger Gymnasium mitzuwirken. 1802 begab sich G. P. Binder nach Klausenburg, um sich hier am unitarischen Kollegium auf ein Hochschulstudium vorzubereiten. Nachdem er im März 1804 das Kosistorialexamen bestanden hatte, studierte er als Stipendiat Theologie in Tübingen. 1808 begann er seine Lehrtätigkeit am Schäßburger Gymnasium unter dem tüchtigen Rektor Martin G. Zay. Der gesamte Lehrkörper des Gymnasiums bestand aus drei Lehrkräften und dem Rektor. Der Unterricht verlief weitgehend planlos und der Großteil der Schüler war am Unterricht wenig interessiert. Der erste wichtige Schritt zur Veränderung dieser Sachlage im Unterricht, den er gemeinsam mit Rektor Zay vollzog, war der Übergang von der lateinischen zur hochdeutschen Sprache. Weiterhin wurde erstmals ein Lehrplan erstellt, demgemäß jeder Lehrer nur bestimmte Lehrfächer unterrichten sollte. Ab dem Schuljahr 1809/1810 konnte mit dem planmäßigen Unterricht am Schäßburger Gymnasium begonnen werden. Die Versetzung der Schüler aus einer Klasse in die nächstfolgende erfolgte nun jeweils von zwei zu zwei Jahren, was bis dahin gewöhnlich mehrere Jahre gedauert hatte. Diese Neuerung im Unterricht brachte ihm sowohl bei seinen Schülern als auch bei den zuständigen kirchlichen Behörden viel Anerkennung ein.

Bischof D. Dr. Georg Paul Binder. Ölbild von Carl ...
Bischof D. Dr. Georg Paul Binder. Ölbild von Carl Dörschlag, 1887, Sammlung des Evangelischen Landeskonsistoriums Hermannstadt. Foto: Konrad Klein
Im April 1818 folgte Rektor M. Zay seiner Wahl als Pfarrer nach Schaas und übertrug G. P. Binder die Verantwortung für das umgestaltete Gymnasium. Im August 1822 wurde Binder zum Rektor des Schäßburger Gymnasiums ernannt und hat als solcher bis 1831 erfolgreich gewirkt. Unter seiner Leitung und der ihm als Lehrer und Rektor dieser Schule nachfolgenden Schüler gelangte des Schäßburger Gymnasium zu jenem hohen Ansehen, das die Bergschule auch im 20. Jahrhundert noch auszeichnete. Zu diesen Schülern von Binder gehörte u.a. auch Georg Daniel Teutsch, der ihm nach Jahren im Amt des Rektors (1850) und in dem des Bischofs unmittelbar folgte.

Als im Sommer 1822 das Hermannstädter Oberkonsistorium eine erste Schulkommission für die Erstellung eines Lehrplanes für Gymnasien nach Hermannstadt einberief, gehörte auch G. P. Binder zu den Konferenzteilnehmern, und der von Zay und Binder für das Schäßburger Gymnasium erstellte Unterrichtsplan diente als Grundlage für dieses Vorhaben.

Nach dem Tode von Pfarrer M. G. Zay wurde Binder zu dessen Nachfolger als Pfarrer nach Schaas gewählt. Als solcher führte er am 30. September 1832 die Einweihung der von Zay in den Jahren 1820 bis 1831 erbauten Kirche durch.

Erwähnenswert ist, dass Binder als Schaaser Pfarrer 1834 vom Schäßburger Bezirkskonsistorium aufgefordert wurde, dem Oberkonsistorium in Hermannstadt einen Lehr- und Stundenplan für die siebenbürgischen Gymnasien einzusenden, obwohl er nicht mehr im Lehramt tätig war. Ein besonders bitteres Erlebnis während seiner Amtszeit in Schaas war der große Brand am 30. April 1834, durch den fast zwei Drittel der Gemeinde eingeäschert wurde.

Binder blieb bis März 1840 Pfarrer in Schaas. In dieser Zeit musste er die neue Erfahrung machen, dass sich eine Gemeinde nicht wie eine Schulklasse erziehen und formen lässt. Schließlich kam er zu der Erkenntnis, dass die erwarteten Veränderungen im Gemeindeleben viel Zeit benötigen oder überhaupt ausbleiben können. Selbst in diesem Fall, so bekennt er, ist es unsere Pflicht, uns um das Gute im Menschen zu bemühen und durch Wort und Beispiel dahingehend zu wirken, dass das Gemeindeleben zumindest auf einem gewissen Stand des sittlichen und geistigen Lebens erhalten bleibt.

Von 1840-1843 war G. P. Binder Pfarrer in Keisd. Als solcher wurde er am 5. September 1843 zum Nachfolger des verstorbenen Bischofs Johann Bergleitner zum Birthälmer Pfarrer, am 28. September 1843 von der ev. Synode zum Bischof der Siebenbürger Sachsen gewählt. Ab dem 12. November 1843 hat Binder sein neues, verantwortungsvolles Amt pflichtbewusst und entschlossen, auch in den schwierigen Revolutionsjahren 1848/49, erfüllt. Als wesentliche Neuerung führte er für die Verbesserung des Schul- und Kirchenwesens die General-, Schul- und Kirchenvisitation zur Überprüfung der Amtsführung seiner ihm untergebenen Amtsträger ein und besuchte in diesem Sinne erstmals im September 1847 das ­Regener Kapitel. Für seine gewissenhafte Amtsführung wurde er im August 1850 von Kaiser Franz Josef mit dem Ritterkreuz des K. Leopold-Ordens ausgezeichnet. Im September 1858 ehrte ihn die Jenaer Universität für seine in über 50 Jahren erbrachten außergewöhnlichen Leistungen für das Schul- und Kirchenwesens in Siebenbürgen durch die Überreichung des Diploms eines Doktors der Theologie.

Bischof Dr. G. P. Binder starb am 12. Juni 1867 im Alter von 83 Jahren in Birthälm. Er war der letzte Birthälmer Pfarrer, der zugleich auch Bischof der ev. Landeskirche A.B. in Siebenbürgen war. Von seinem Nachfolger im Bischofsamt G. D. Teutsch wurde der Bischofssitz nach 295 Jahren von Birthälm nach Hermannstadt verlegt.

Zur Erinnerung an seinen in Schaas geborenen Vater Martin Binder und an G. P. Binder als Pfarrer in Schaas (1831-1840) wurde am 27. Juni 1885 am Geburtshaus in Schaas Nr. 218 von der Gemeindeleitung eine Gedenktafel angebracht. Eine weitere Gedenktafel für G. P. Binder wurde am 29. Juni 1894 an seinem Geburtshaus auf der Burg in Schäßburg nach einer Weihefeier der Stadt Schäßburg im Beisein von Bischof Dr. Friedrich Müller enthüllt.

Dr. Heinz Heltmann

Schlagwörter: Binder, Schule, Schulgeschichte, Bischof, Todestag

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