5. Juli 2017

Camera-obscura-Ausstellung in Kerz

Gegenüber der sehenswürdigen Zisterzienser Abteikirche von Kerz am Alt und deren Klosteranlage befindet sich im ehemaligen Lehrer- und Rektorhaus seit Sommer 2014 das Kerzer Museum. Neben fachlicher Dokumentation des Zisterzienserordens, einem „Videospaziergang“ durch den Kapitelsaal der Mönche, aufgenommen in einem frappierend echt wirkenden Modellbau des Kerzers Manfred Kirr, und einem Viktor Kästner gewidmeten Zimmer ist bis Ende September eine Fotoausstellung der besonderen Art zu sehen.
Es handelt sich um neun großformatige Fotos, die der Kerzer Mundartautor Oswald Kessler mit einer Camera obscura erstellt hat, einem Bildverfahren, das schon Leonardo da Vinci und anderen Malern seiner Zeit bekannt war. Die in den Anfangszeiten der Fotografie gemachten Aufnahmen waren durchwegs statische Schwarzweißfotos. Bei Kesslers Fotos kommen nun die Farbe und die eingefangene Bewegung der dargestellten Personen hinzu.

Auf den Fotos zu ­sehen sind die Teilnehmer des Kerzer Kronenfestes, der Aufmarsch mit der Johanniskrone, der Tanz der Jugendlichen vor den Mauern der Kerzer Kirche. Die Bilder wirken ganz besonders durch Farbe und Kontraste, da in diesem Verfahren das Bild von keiner scharfen Linienzeichnung zerteilt wird.
Mit einer Camera obscura hat Oswald Kessler das ...
Mit einer Camera obscura hat Oswald Kessler das „Brännchen“ in Brukenthals Sommerresidenz in Freck aufgenommen.
Unter den ausgestellten, auf Leinwand ausgedruckten Fotos ist auch das „Brännchen“ von Freck zu sehen, das durch die Aufführung des Singspiels von Grete Lienert-Zultner am 6. August in diesem Jahr ganz besonders in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit rückt. Oswald Kessler hat das Wasserbecken mit Springbrunnen im barocken Garten der ehemaligen Sommerresidenz des Baron Samuel von Brukenthal in Freck auf einem Camera-obscura-Foto eingefangen. Da der Bach, aus dem zu Brukenthals Zeit ein unterirdischer Kanal zur Speisung des Brunnens, sein Wasser aus dem Frecker Gletschersee bezieht, heißt das Bild „Der Gletscherbrunnen“. Dieses Foto ist auch auf einer Karte im doppelten Postkartenformat zu sehen, mit der Oswald Kessler auf die Ausstellung aufmerksam macht. Auf der Rückseite sind in deutscher und in rumänischer Sprache die Titel der Bilder abgedruckt und der Autor wird kurz vorgestellt: „Oswald Kessler (*1948), lebt in Kerz und München. Nach Jahren der Malerei und einem Lyrikband sucht er jetzt die Quintessenz der Photographie. Er lehnt sich an die Malerei seiner Jugend an und photographiert mit einer metamorphen Camera obscura in Farbe. Eliadeisch versucht er, mit einem archaischen Mittel den Ort des Mythos in der Moderne zu finden.“

Ein weiteres Foto zeigt Brukenthals Orangerie, aus welcher der Erneuerer des siebenbürgischen Ackerbaues und der Obstbaumzucht, Baron Brukenthal, seinerzeit Südfrüchte auf den Hermannstädter Markt brachte. Eine Reihe von Frühlingsbildern wurde aus der Käferperspektive aufgenommen und lässt die zarten Krokusse größer als die Hintergrundbauten erscheinen.

Gefördert wird die Ausstellung vom Martin-Luther-Bund, Hannover, realisiert wurde sie von Pastor Dr. Marvin Döbler, welcher seit Sommer 2014 mit Studentengruppen und Kerzern an der fachlichen Gestaltung des Kerzer Museums mitgewirkt hat.

Die Frage „Ist es reiner Zufall, dass diese Ausstellung in Kerz, neben der Zisterzienserkirche, zu sehen ist?“ beantwortet Oswald Kessler mit einem entschiedenen Nein. „Neben der Statik und den Proportionen war das Licht einer der wichtigsten Faktoren, den die Zisterzienser in ihren Bauten berücksichtigt haben“, erläutert er im Gespräch mit der Siebenbürgischen Zeitung. Ebenso verhalte es sich mit dem Bild in der Camera obscura. „Es entsteht ohne jegliche schlaue Zutat von Menschenhand, wie z.B. Linsen oder Objektive, es wird direkt vom ‚Licht der Schöpfung‘ selbst gezeichnet.“ Beides, die Zisterzienserabtei mit ihrer schönen Kirche und das Museum mit der Ausstellung in Kerz am Alt, würden einen Abstecher vom diesjährigen Sachsentreffen in Hermannstadt lohnen. Oswald Kessler bietet bis Ende September Führungen durch die Ausstellung an, Anmeldung unter Telefon (00 49-152) 06 37 34 67.

S.B.

Schlagwörter: Fotografie, Ausstellung, Kerz

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