22. Mai 2018

Ausstellung „Kirchenburgenlandschaft Siebenbürgen“ in Stuttgart eröffnet

„Ich hoffe und zweifele gar nicht daran, dass in kurzer Zeit Siebenbürgen aufhören wird, für das übrige Europa das ‚unbekannte Land‘ zu sein, das es bis jetzt gewesen … Also schon aus diesem Grunde sollte etwas für die Erhaltung der wenigen Monumente, welche Siebenbürgen hat, gethan werden.“ Dieses Zitat mit seiner klar formulierten Botschaft stammt nicht etwa aus der Feder eines der prominenten Schirmherren der Stiftung Kirchenburgen – Klaus Johannis oder Frank-Walter Steinmeier –, sondern von dem englischen Reiseschriftsteller Charles Boner aus dem Jahre 1868! Die Hoffnung von Charles Boner hat sich größtenteils erfüllt, wobei das touristische Potential Siebenbürgens und der Kirchenburgenlandschaft aus verschiedensten Gründen noch lange nicht ausgeschöpft ist.
Ein eindeutiger Beweis dafür, dass die Problematik des Erhalts, der Renovierung sowie der Um- und Nachnutzung der Kirchenburgen ein breites Interesse in den Reihen der Siebenbürger geweckt hat, waren die rund 200 Teilnehmer der Eröffnungsveranstaltung zur Wanderausstellung „Kirchenburgenlandschaft Siebenbürgen“, die am 8. Mai im Großen Saal des Stuttgarter Rathauses stattfand. Initiator und Hauptorganisator war die Landesgruppe Baden-Württemberg unseres Verbandes, der es gelungen ist, prominente Redner zu gewinnen.
Begrüßung durch den Landesvorsitzenden Michael ...
Begrüßung durch den Landesvorsitzenden Michael Konnerth. Fotos: Jürgen Kotsch
Nach der Begrüßung durch den Landesvorsitzenden Michael Konnerth sprach der Botschafter Rumäniens aus Berlin, Emil Hurezeanu, und unterstrich die guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern (besonders von 1989 an), erwähnte das 100-jährige Jubiläum des Anschlusses Siebenbürgens an Rumänien und lobte die kulturelle Vielfalt und den europäischen Geist, der heutzutage charakteristisch sei für den Landstrich Siebenbürgen. Es sei ihm ein Anliegen, dass in die altehrwürdigen Kirchenburgen neues Leben einziehe, sie mit neuen Inhalten gefüllt werden. Hurezeanu wünschte der Ausstellung, die im letzten Jahr in Berlin und anderen Orten gezeigt wurde, viele Besucher.

Der Kulturbürgermeister der Stadt Stuttgart, Dr. Fabian Mayer, hob die Bedeutung der Kirchenburgen hervor, unterstrich aber sogleich, dass mehr als die Hälfte dieser 160 noch erhaltenen Baudenkmäler vom Verfall bedroht und daher unbedingt schützenswert seien. Er begrüßte die Übernahme einiger Kirchenburgen sowie der Altstadt Schäßburgs in das Weltkulturerbe der UNESCO und betonte die Verdienste der ca. 60 000 in Baden-Württemberg ansässigen Siebenbürger Sachsen, die das kulturelle Leben bereichernd mitgestalten.

Im Anschluss ging Julian Würtenberger, Staatssekretär im Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg, in medias res: Er unterstrich die Einzigartigkeit der Dichte der Kirchenburgen, die den Stolz, das Selbstbewusstsein und nicht zuletzt die siebenbürgische Identität symbolisieren. Erbaut im Sinne der Strategie des Überlebens, der Selbstbehauptung haben sie im Laufe der Jahrhunderte ihre ursprüngliche Funktion verloren, warten aber auf Renovierung sowie eine neue Sinngebung. Auch er wünschte der Ausstellung zahlreiche interessierte Besucher.
Grußwort des Bischofs Reinhart Guib. ...
Grußwort des Bischofs Reinhart Guib.
Mit großer Spannung wurde das Grußwort seitens der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) erwartet. Kein Geringerer als Bischof Reinhart Guib war mit seinem Stab angereist, um dieser Ausstellung die guten Wünsche der Heimatkirche zu überbringen. Er umrahmte seine Ausführungen mit der ersten Zeile aus Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“ und sagte, die Kirchenburgen seien unstrittig nicht nur die Zeugnisse der bewegten Geschichte Siebenbürgens, sondern heute DAS Zeichen der Verbundenheit der ausgesiedelten Sachsen mit ihrer Heimat, in der zur Zeit noch ca. 12 000 von ihnen ansässig sind. Bischof Guib berichtete über die schwierige Situation, diesen Reichtum an Kirchenburgen zu erhalten, sie zu beschützen und den 18 bereits sanierten die Restaurierung von 15 weiteren hinzuzufügen. In diesem Sinne begrüßt er die Gründung der „Stiftung Kirchenburgen“ ganz besonders, da die EKR und vor allem die kleinen Gemeinden in Siebenbürgen diese Aufgabe nicht allein stemmen könnten. Da ist nicht nur Gemeinschaftssinn, viel Gottvertrauen und fachmännische Arbeit nötig, es braucht auch viel Geld. Die Stiftung finanziert sich aus Spenden, Fördermitteln und Zustiftungen; auch die treuen Heimatortsgemeinschaften in Deutschland tragen ihr Scherflein bei und Bischof Guib zeigte sich zuversichtlich (die 700 000 Besucher Siebenbürgens im letzten Jahr sind wohl ein klares Zeichen dafür), dass das Interesse an der Landschaft Siebenbürgen und ihren Reichtümern – nicht zuletzt natürlich unsere Kirchenburgen – weiter wächst. Die Aktion „Entdecke die Seele Siebenbürgens“ hat Früchte getragen; zum Abschluss lud der Bischof herzlich zu einem Besuch in der Kirchenburgenlandschaft ein.

Die Musikbeiträge des Oboen-Duos Uta und Patrick Birthelmer wurden meisterhaft dargebracht und brachten eine festliche Atmosphäre in den Saal. Michael Konnerth dankte Mutter und Sohn für ihren wertvollen Beitrag zum guten Gelingen der Veranstaltung.

Im Publikum saßen viele prominente Freunde der Siebenbürger Sachsen: von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg unser Landesbischof Dr. h.c. Frank Otfried July, die rumänische Konsulin in Stuttgart, Constanța Georgescu, die Landesvorsitzende des BdV, Iris Ripsam, Hauptanwalt Friedrich Gunesch, der Ehrenvorsitzende der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben (Hiko), Hermann Schuller, die Vorsitzende des Siebenbürgischen Museums e.V. in Gundelsheim, Dr. Irmgard Sedler, etliche Kreisvorsitzende der Landsmannschaften, Pfarrer, Sozialarbeiter, Trachtenträger und viele andere.
Hauptorganisator Alfred Mrass, Stellvertretender ...
Hauptorganisator Alfred Mrass, Stellvertretender Bundesvorsitzender, dankte den Rednern.
Alfred Mrass dankte abschließend dem Innenministerium und der Stadt Stuttgart, die mit finanzieller und organisatorischer Hilfe diese Ausstellung möglich gemacht und ein Büfett bereitgestellt hatten. Es gab schwäbische Brezeln und, von fleißigen Siebenbürgerinnen gebacken, den obligatorischen siebenbürgisch-sächsischen Hanklich sowie den fürs Burzenland typischen Baumstriezel, alles Leckereien, denen die Teilnehmer gern zusprachen.

Die Besucher bekamen auch geistige Kost geboten: Neben den Faltblättern der Stiftung Kirchenburgen lag ein umfangreiches Begleitheft zum Mitnehmen aus. Es ergänzt und erklärt die Fotos und Texte der Ausstellung, die in erster Linie informieren soll über die Geschichte der einstmals 300 Kirchenburgen, und berichtet über die aktuelle Situation der noch stehenden Baudenkmäler und den zum Teil hohen Grad ihrer Gefährdung und nicht zuletzt über die Perspektiven der Umwidmung bzw. Neunutzung. Diverse Landkarten, zahlreiche Fotos und wissenschaftlich dokumentierte Textbeiträge ergeben eine sehr aufschlussreiche und optisch sehr gefällige Mischung, der man sich nach der Besichtigung gern widmet. Anrührend werden die „Bewahrer des Kulturerbes“ geschildert: nichtsächsische Bewohner, die sich aufopfern, damit die Hinterlassenschaft der ausgewanderten Sachsen nicht völlig untergeht.
Gruppenbild mit Aktiven und Ehrengästen, von ...
Gruppenbild mit Aktiven und Ehrengästen, von links: Tobias Krempels, Alfred Mrass, Helge Krempels, Dr. Christiane Meis, Staatssekretär Julian Würtenberger, Bischof Frank Otfried July, Bischof Reinhart Guib, Philipp Harfmann, Michael Konnerth, Botschafter Emil Hurezeanu, Frau Brecht, Anna Krempels.
Den Abschluss bildet eine kurze Schilderung der Stiftungstätigkeit mit der obligatorischen Bitte um Unterstützung – nicht zuletzt mit Spenden …

Ritta Apfelbach-Kartmann

Schlagwörter: Ausstellung, Kirchenburgen, Siebenbürgen, Stuttgart, Eröffnung, Bericht

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