14. Juli 2020

Kostbares Geschenk zur Eröffnung: Konrad Gündischs Publikation über Schloss Horneck

„Das Schloss vereint die Annehmlichkeiten moderner Wohnräume mit der beeindruckenden Altertümlichkeit des ehemaligen Bergfrieds. Die Wappen, die Porträts, die Gemälde, alles erinnert an die schönen Tage des deutschen Ritterordens, der im Mittelalter so bedeutend war und heute so heruntergekommen ist. Das Gebiet um Gundelsheim zählt zu den fruchtbarsten und bevölkerungsreichsten in Deutschland. Der Aufenthalt dort erschien mir sehr reizvoll. Ich stelle mir vor, dass man an den Ufern des Neckars sogar sein Heimatland vergessen könnte. Der Himmel ist dort schön, der Winter mild, die Einwohner sind gute Menschen, die Vorratslager sind gefüllt, der Wein schmeckt vorzüglich, der Fisch hervorragend, die Orte sind überaus malerisch. Die Deutschordensritter wussten, wie ehedem unsere Mönche, wo sie sich niederließen.“
Diese überschwänglichen Worte formulierte der napoleonische Hauptmann Louis-Florimond Fantin des Odoards (1778–1866), der im Februar 1806 auf Schloss Horneck Quartier nahm. Wer sich mit der Geschichte des so gepriesenen Schlosses im Neckartal auf anschauliche Weise befassen möchte, sei auf die neueste Veröffentlichung Konrad Gündischs hingewiesen. Sie schildert nicht nur die Begebenheiten vieler Jahrhunderte, sondern illustriert sie auch mit reichhaltigem Bildmaterial. Für die Besucher einer der siebenbürgischen Einrichtungen, für Gäste des Hotels oder allgemein für Kulturtouristen im Neckartal liegt damit eine ansprechend gestaltete und zugleich fundierte Information vor.

Der Autor stellt sich auf der hinteren Umschlagseite selbst bescheiden als „Vorsitzender des Vereins Siebenbürgisches Kulturzentrum ‚Schloss Horneck‘ e. V.“ vor. Nur Eingeweihte wissen, dass sich hinter dieser Funktion ein jahrelanges, zeitintensives ehrenamtliches Engagement als Bauleiter der umfangreichen Restaurierungsarbeiten verbirgt. Die denkmalsgerechten Instandsetzungs- und Umbaumaßnahmen erforderten zwangsläufig auch eine Auseinandersetzung mit der Geschichte – der Bau- und Nutzungsgeschichte – des Schlosses. Recherchen führten den Historiker in Archive und Bibliotheken, ja sogar zur Burg Busau/Bouzov in Mähren, wo sich seit 1896 die ursprünglich in der Hornecker Schlosskapelle aufgestellten Original-Epitaphe von sechs Deutschmeistern des Deutschen Ordens befinden.

Konrad Gündisch begleitet seine Leser auf eine historische Reise, die mit der Stiftung des verwitweten Ritters Konrad von Horneck aus dem Jahre 1250 einsetzt: Die Überlassung der Ritterburg am Neckar an den Deutschen Orden begründete eine bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts währende Verbindung. Zwischen 1420 und 1525 war Horneck sogar Residenz des Deutschmeisters, bis die Zerstörung und der Brand der Burg in den Bauernkriegen, an der auch der berühmte Götz von Berlichingen seinen Anteil hatte, diesem Status ein Ende setzten, den fortan Bad Mergentheim übernahm. Der Orden ließ allerdings die verwüstete Burg bis 1533 als Renaissanceschloss wieder aufbauen, das 1724 bis 1728 in der Zeit des Ordensmeisters Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg barock überformt wurde.

Die Säkularisation setzte der Ordenszeit ein endgültiges Ende. Aus dem Verwaltungs- und Repräsentationsbau des Deutschen Ordens wurde nacheinander eine württembergische Kaserne, ein Lazarett, ein Brauereibetrieb und schließlich ein Spekulationsobjekt. Abgesehen von militärischen Nutzungen in beiden Weltkriegen war Horneck im frühen 20. Jahrhundert vor allem als Kuranstalt bekannt, die gesellschaftlich angesehene Persönlichkeiten unter ihren Gästen zählte. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Schloss zunächst als Heilanstalt für Tuberkulosekranke, bis es 1960 der Hilfsverein „Johannes Honterus“ e. V. erwarb, um dort eine Heimstätte für Siebenbürger Sachsen im Ruhestand zu errichten. Nach und nach wurde Schloss Horneck nicht nur zum Altersruhesitz, sondern auch zu einem kulturellen Mittelpunkt der weltweiten Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen. Das Siebenbürgen-Institut mit Bibliothek und das Archiv ist heute die wertvollste siebenbürgische Forschungsstätte außerhalb Rumäniens, das seit 1991 vom Bund finanziell geförderte Siebenbürgische Museum die wichtigste Präsentation von Exponaten zur Kultur und Geschichte der Siebenbürger Sachsen außerhalb der Region. Kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen des als An-Institut der Universität Heidelberg fungierenden Siebenbürgen-Instituts oder des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde haben den Ruf von Schloss Horneck weit über die regionalen Grenzen Württembergs hinausgetragen. Zu Recht spricht Konrad Gündisch von „einem allgegenwärtigen Erinnerungsort der Siebenbürger Sachsen, sowohl in der Heimat als auch im neuen Umfeld“ (S. 37). Dass es seit 2015 gelungen ist, diesen Ort dank einer großzügigen Förderung seitens des Bundes, aber auch eines beträchtlichen Spendenaufkommens aus der Gruppe selbst und nicht zuletzt des unermüdlichen Engagements des damals errichteten Trägervereins vor dem drohenden Verkauf zu bewahren und inzwischen zu einem imposanten Ort der Identifikation im Zeichen Siebenbürgens auszubauen, zeigt, wie lebendig dieser Erinnerungsort ist.

Die pünktlich zur Eröffnung des Siebenbürgischen Kultur- und Begegnungszentrums vorgelegte Publikation belegt, dass Konrad Gündisch nicht nur einer der besten Kenner der siebenbürgischen Geschichte ist, sondern sich auch in die Lokalgeschichte Gundelsheims eingearbeitet hat, wobei seine Darstellung niemals im Lokalen verharrt, sondern stets die großen Bezüge mit in den Blick nimmt. Kleinere Exkurse, etwa zur Struktur des Deutschen Ordens (S. 6 f.), oder ein knappes, aber voller Empathie geschriebenes Porträt Siebenbürgens und seiner Menschen, das sich in erster Linie an die Horneck-Besucher ohne entsprechenden Hintergrund wendet (S. 30 f.), erleichtern auch Leserinnen und Lesern ohne historische Vorbildung den Zugang. Als Konrad Gündisch noch als Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte an der Universität Oldenburg tätig war, schätzten seine Studenten sein Vermögen, komplexe Sachverhalte auf anschauliche und interessante Weise zu vermitteln. Diese Kunst ist ihm auch bei dieser Schrift in vorbildlicher Weise gelungen. Dem von ihm maßgeblich mitgestalteten Siebenbürgischen Kultur- und Begegnungszentrum hat er damit zur Eröffnung selbst ein kostbares Geschenk gemacht.

Tobias Weger


Konrad Gündisch: „Schloss Horneck. Geschichte in Wort und Bild“, Verlag Friedrich Pustet (in Kommission), Regensburg, 2020, 44 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 14,95 Euro, ISBN 978-3-791731810.

Schlagwörter: Schloss Horneck, Buch, Buchbesprechung, Konrad Gündisch, Geschichte, Gundelsheim

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