30. Juni 2021

"Mensch, Kathi, schau nach vorn!" feiert 20-jähriges Jubiläum und am 8. Juli Premiere auf YouTube

Doris Hutter, geboren 1957 in Agnetheln, ist seit 2000 Geschäftsführerin des Hauses der Heimat in Nürnberg, seit 2003 stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes und seit 2004 Kulturreferentin des Landesverbands Bayern des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., um nur einige ihrer wichtigsten Funktionen zu nennen. Das Theaterstück „Mensch, Kathi, schau nach vorn!“ hat die Autorin vor 20 Jahren vorerst „für ganz Bayern“ geschrieben und inszeniert. Am 8. Juli 2021 um 20.15 Uhr feiert das Stück nun Premiere auf dem YouTube-Kanal von Siebenbuerger.de (Link: https://youtu.be/CDZb63zY3dI) und wird dadurch einem weltweiten Publikum zugänglich gemacht. Aus diesem Anlass führte die Redaktion folgendes Interview mit Doris Hutter.
Startbildschirm der YouTube-Theaterpemiere mit ...
Startbildschirm der YouTube-Theaterpemiere mit einer Szene aus dem 1. Akt (in Siebenbürgen) mit Hans und Kathi (Ingrid und Ralf Hutter): „Sieh es mal so: Nichts ist verlor‘n, Mensch, Kathi, schau nach vorn!“
Das Theaterstück „Mensch, Kathi, schau nach vorn!“ war vor zwanzig Jahren „für ganz Bayern“ gedacht. Wie ist diese Entstehungsgeschichte zu verstehen?
Theaterstücke habe ich schon in Siebenbürgen geschrieben und in den 1980er Jahren bei Ausfahrten zu den noch übriggebliebenen Sachsen aufgeführt. So habe ich schon damals unsere kulturellen und sozialen Anliegen als Theaterstücke – umrahmt von Blasmusik, Tanz und Gesang – verarbeitet. Von 1999 bis 2004 war ich Öffentlichkeitsreferentin des Landesverbands Bayern des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. und überlegte, wie wir unsere Bräuche und unser Wesen, unsere Aussiedlungsgeschichte bestmöglich in die Öffentlichkeit bringen könnten. So kam ich, als die Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage 2001 in Bayern anstanden, auf die Idee, ein Theaterstück zu schreiben, das bayernweit unter Beteiligung vieler Kulturgruppen aufgeführt werden kann. Bei den Ausfahrten musste dann, wenn überhaupt, was auch Kosten sparte, nur die Theatergruppe mitgenommen werden. Die anderen Gruppen (Blasmusik, Gesang, Tänze) sollten vor Ort ins Theaterstück eingebaut werden.

Ist dein Plan aufgegangen?
Nicht ganz. Vielleicht hatte das Theaterstück einfach zu viele Rollen … Und vielleicht hatte zu dem Zeitpunkt nicht jede Kreisgruppe so viele Jugendliche, die sowohl Theater als auch ein Instrument spielen konnten. In Herzogenaurach, wo ich damals wohnte, waren mehrere Jugendliche in der Stadtjugendkapelle, so dass wir über ausgezeichnete Bläser und Bläserinnen verfügten. Es wäre eine Sünde gewesen, dieses Potential nicht zu nutzen.

Ist der Begriff „ausgezeichnete Bläser“ nicht etwas übertrieben?
Nein. Denn einmal hat die Stadtjugendkapelle Herzogenaurach ein Wertungsspiel sausen lassen, weil zeitgleich unsere Theatergruppe unterwegs war. Der Kapellmeister Norbert Engelmann wagte es nämlich nicht, ohne erste Klarinette, erstes Horn und einziges Fagott beim Wertungsspiel anzutreten.
Szene aus dem 1. Akt (in Siebenbürgen): "Was soll ...
Szene aus dem 1. Akt (in Siebenbürgen): "Was soll ich mir beim weichen Sitzen den Hintern unnötig erhitzen!?"
Zurück zum Theaterstück und den Ausfahrten. Wie klappte das Zusammenspiel deiner Theatergruppe mit den Kulturgruppen anderer Kreisgruppen?
Das ging sehr gut. Bei der Premiere am 23. September 2001 im Markgrafensaal Schwabach wirkten zunächst die Gruppen des Kreisverbandes Nürnberg, die jungen Bläser Herzogenaurach und die Fränkische Volkstanzgruppe Welkenbach/Herzogenaurach mit. In Puchheim bei München traten wir am 7. Oktober 2001 mit dem Chor der Reußmärkter und Urwegener (Leitung: Michael Scherer), der Volkstanzgruppe München (Leitung: Simon Spielhaupter), der Jugendtanzgruppe München unter der Leitung von Bianka Greff und der Original Siebenbürger Blaskapelle München unter der Leitung von Werner Schullerus auf. Beim Heimattag in Dinkelsbühl am 18. Mai 2002 mit dem Zunftreigen Dinkelsbühl, Leitung: Johannes Reulein, und der Siebenbürger Blasmusik Stuttgart unter der Leitung von Hans Otto Mantsch und Walther Wagner. Den krönenden Abschluss bestritten wir dann am 6. Juli 2002 in der vollbesetzten Nürnberger Meistersingerhalle.

Diese Aufführung aus der Meistersingerhalle wird nun am 8. Juli 2021 digitale Premiere auf dem YouTube-Kanal von siebenbuerger.de feiern. Warum soll man sich ein Theaterstück, das vor 20 Jahren entstanden ist, heute noch ansehen?
Ich denke, dass das Theaterstück unseren hier geborenen Nachkommen die damalige Gewissensfrage, in Siebenbürgen zu bleiben oder wegzugehen, mit der viele rangen, etwas näherbringt. Die Bewertung und Bedeutung des Satzes „Schau nach vorn!“ in Siebenbürgen und dann in Deutschland nachzuvollziehen, ist mir auch wichtig.

Ist das Theaterstück also immer noch aktuell?
Auf jeden Fall, denn auch heute beschäftigen wir uns im Vereinsleben täglich damit, wie wir unsere Bräuche in Deutschland pflegen, wie weit wir uns öffnen und wie es uns gelingt, mitgebrachte Traditionen langfristig in die deutsche Gesellschaft einzubinden. Deswegen ist das Theaterstück in Deutsch. In die Meistersingerhalle kamen erfreulich viele Nichtsiebenbürger, darunter die damalige bayerische Sozialministerin Christa Stewens.
Szene aus dem 2. Akt (in Deutschland): "Ach, was ...
Szene aus dem 2. Akt (in Deutschland): "Ach, was bin ich für ein Esel!" "Einer mit Diplom!"
Was erwartet die Zuschauer konkret?
Im Theaterstück präsentieren wir einige Kernkompetenzen der Siebenbürger Sachsen: Laienspiel mit Humor aus Siebenbürgen, Blasmusik, Tanz, Gesang und auch moderne, hier aufgewachsene junge Sachsen und Sächsinnen. Und wir nehmen uns natürlich auch selbst auf die Schippe. Das Theaterstück hat eine durchgehende Handlung: eine Liebesgeschichte und ein Kronenfest, wobei der Kronenbaum auf der Bühne der Meistersingerhalle bestiegen wird! Improvisieren war ja eine weitere Kompetenz, die in dem von Diktatur geprägten Rumänien manchmal überlebenswichtig war und die wir nun auch hier einsetzen.

Besten Dank für das Interview und viel Erfolg bei der digitalen Premiere des Theaterstücks!

Schlagwörter: Theater, Premiere, YouTube, Doris Hutter

Bewerten:

28 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.