10. November 2021

Zur Erinnerung an Karl Wilhelm Fisi (1926-1990) / Kulturwerk fördert Musikstücke

Dank der finanziellen Unterstützung des Kulturwerks der Siebenbürger Sachsen in Bayern konnte das vom Landesverband Bayern angestoßene Projekt, Noten für Blasmusik und Chöre von Karl Wilhelm Fisi zu sichern, realisiert werden. Karl Wilhelm Fisi wurde am 4. August 1926 in Großpold geboren. Seine Vorfahren waren väterlicherseits seit mindestens fünf Generationen allesamt Schulmeister, Rektoren und Kantoren und stammten aus Mediasch und Kleinprobstdorf. Die Mutter, Elisabetha Sonnleitner, entstammte einer Großpolder Landlerfamilie. Der berufliche Zuzug von Wilhelm Friedrich Fisi als Lehrer nach Großpold sollte von nun an Heimat und Wirkungsort der Familie Fisi werden.
Nach Beendigung der Volksschule besuchte der überaus begabte Karl W. Fisi das Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt, wo ihn seine beiden Musiklehrer Franz Xaver Dressler und Kurt Mildt wesentlich prägten. Anschließend besuchte er das theologisch-pädagogische Lehrerseminar in Hermannstadt. Dann wirkte er als Lehrer in Rätsch im Unterwald und später in Großpold. Gleichzeitig begann er sein Fernstudium am Klausenburger Konservatorium, das er mit Erfolg beendete. Bereits während seiner Ausbildung in Hermannstadt, wo er Mitglied der Blasmusik, des Kammerchors und eines Streichquartetts war, wurden erste Kompositionen von ihm aufgeführt: „Festliche Musik für Streicher“, „Männerchor über Worte von Pestalozzi“ oder „Siebenbürgischer Choral“, der Bischof Friedrich Müller gewidmet war.
Karl Wilhelm Fisi zu Hause in Kuppenheim bei ...
Karl Wilhelm Fisi zu Hause in Kuppenheim bei Baden-Baden, 1986. Fotoarchiv: Karl Heinz Piringer
Fisi stand mit zahlreichen siebenbürgischen Kulturschaffenden, Komponisten, Dirigenten und Folkloristen in regem Austausch. Er war gefordert und bei allen sehr geschätzt. So schrieb er für seinen Freund Paul Staedel und dessen Reußmarkter Chor zahlreiche Liedsätze, die Niederschlag im Musikleben dieses Ortes fanden. Er schrieb Zeit seines Lebens auch Orgelmusik, die jedoch nur hier in Deutschland aufgeführt werden konnte, und zwar 1983 und 1995. Von 1948 bis 1986 war Fisi als Lehrer, Rektor und Musikpädagoge an der Großpolder Schule tätig. Er war außerdem Chorleiter, Kapellmeister der Blasmusik, Organist, Komponist und letztlich Volksliedforscher. Generationen von Schülern lernten von ihm. Viele begleiteten ihn nach der Grundschule in den verschiedenen Chören, bei der Blasmusik oder bei sonstigen musikalischen Begebenheiten. Das Privileg der „maßgeschneiderten“ Texte und Musiknoten, sei es für Chor oder Blasmusik, stand gewiss nicht jeder Gemeinde zur Verfügung. So berücksichtigte Karl W. Fisi die Besetzung der Stimmen, das Leistungsniveau sowie seine eigenen Wünsche als Musiker und Dirigent und konnte über Jahre hinweg erstaunliche Ergebnisse erzielen.

Den Großpoldern bleibt Fisi hauptsächlich als Lehrer sowie Leiter der Blasmusikkapelle (der Adjuvanten) in Erinnerung. 1960 wurde ihm der Dirigentenstab überreicht. Mit den Großpolder Adjuvanten nahm er an zahlreichen Wettbewerben erfolgreich teil. Unter den gegebenen sozialpolitischen Verhältnissen der damaligen Zeit schaffte er es, zusammen mit seinen Adjuvanten immer wieder den goldenen Mittelweg zu finden und sowohl die geforderten Pflichtveranstaltungen als auch die traditionellen und geliebten Volksfeste und -bräuche im Dorf zu bedienen. Besonders die Weihnachts- und Osterkonzerte in Großpold bleiben in liebevoller und nostalgischer Erinnerung. In origineller Art und Weise moderierte er diese mit volkstümlichem Humor, lehrreichen Einlagen und verband das Unterhaltsame und Informative bestens miteinander. 1987 übersiedelte Karl Wilhelm Fisi zusammen mit seiner Frau Maria und seinem Sohn Werner nach Deutschland. Der Sohn Karl Heinrich folgte mit seiner Familie 1990. Das musikalische Wirken setzte er in seiner neuen Wahlheimat Kuppenheim bei Baden-Baden mit ungebrochener Begeisterung fort. Der Mittelbadische Sängerbund verlieh ihm noch kurz vor seinem Tod (28. Januar 1990) die Goldene Nadel für 40 Jahre Chorleitung.

Das Werk und Schaffen von Karl Fisi ist erstaunlich vielfältig. Seine zeitgenössische, modale Musik ist nicht jedermanns Geschmack und Laien schwer zu vermitteln. Sein Sohn Karl Heinz Piringer (Lidertrun) hat den musikalischen Nachlass seines Vaters gesammelt und nach seinen Handschriften etliche Notensätze angefertigt. Einige Werke wurden gedruckt und in der Bibliothek der Siebenbürger Sachsen auf Schloss Horneck in Gundelsheim hinterlegt. Die traditionellen Sätze und Arrangements für Chöre und Blasmusik erfreuen sich einer gewissen Popularität und werden von so manchem Ensemble aufgeführt. Einige Werke sind leider verschollen. Ganz besonders schade ist es um die Kompositionen für Blasmusik, die in Großpold nicht mehr auffindbar sind. Chorwerke und Blasmusik wurden seinerzeit bereits in der Zeitschrift „Volk und Kultur“ (Bukarest) veröffentlicht. Ebenso gibt es mehrere Liedersammlungen in Rumänien, Österreich und Deutschland, die unter der Mitwirkung von Karl W. Fisi erscheinen konnten. Lieder von ihm finden sich auch auf zwei Schallplatten des Brukenthalchores unter der damaligen Leitung von Kurt Scheiner. Fisi schrieb Aufsätze über modale Elemente im siebenbürgisch-sächsischen Volkslied beim Folkloristenverband in Hermannstadt. Erwähnenswert ist auch das 1971 erschienene Liederbuch „Af deser Ierd“ mit Chorsätzen zu siebenbürgisch-sächsischen Volksliedern. Auch die Aufsätze zur Geschichte der Blasmusik in Siebenbürgen, der Geschichte des Großpolder Männergesangsvereins sowie eine Monografie der Großpolder Schule dürfen nicht unerwähnt bleiben.

Karl W. Fisis Stellungnahme zum eigenen Werk war folgende: Er wollte einen „Beitrag zu möglichst zeitgenössischer, aber gemäßigter Kirchen-, Schul-, und Vereinsmusik“ leisten und betrachtete seinen Stil als „in der Hindemith-Nachfolge“ angesiedelt. Beeinflusst wurde seine Musik auch von der zeitgenössischen modalen Musik von Tudor Jarda sowie von seinen Musikerfreunden Andreas Porfetye und Wolf von Aichelburg.

Großpold hat seinem Lehrer und Musikdirigenten Karl W. Fisi viel zu verdanken. Es ist unbestritten, dass die Großpolder durch ihn und sein Wirken eine besondere Stellung in der musikalischen Ausbildung hatten. Wahrscheinlich wurde vielen erst später bewusst, was für einen hervorragenden Pädagogen, Lehrer und Mentor sie hatten. In einem Gespräch mit seinem Sohn Karl Heinz äußerte sich Prof. Ernst Irtel folgendermaßen: „Dein Vater war ein Könner. Und viel zu bescheiden“.

Gefördert wurde dieses Projekt vom Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen e. V., aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales. So hatten wir die Möglichkeit, einen kleinen Beitrag des Werkes von Karl Wilhelm Fisi zu präsentieren. So konnten die beiden Blasmusikstücke „Marsch“ und „Siebenbürgisches Liederpotpourri“ von Michael Schuhmachers für die Blasmusiken aufbereitet werden und sechs ausgewählte Lieder in einer Broschüre für Chöre in Bayern gedruckt werden. Die Kreisgruppen erhalten, als Multiplikatoren zur Förderung des Liedkulturgutes bei Chören und Blaskapellen, die Noten aus seinem Nachlass. Ziel ist, die Verbandsarbeit wirksam an die neue Generation der in Deutschland geborenen Siebenbürger Sachsen weitergeben zu können und dadurch die Fortführung und Weiterentwicklung unserer Kultur in Deutschland zu sichern. Unser Dank gilt seinem Sohn Karl Heinz Piringer für die Bereitstellung der Notensätze sowie allen Mitwirkenden, die mithalfen, das Leben und Werk von Karl Wilhelm Fisi zu würdigen.

Christa Wandschneider, Frauenreferentin des Landesverbands Bayern

Schlagwörter: Musik, Fisi, Musiker, Dirigent, Großpold, Kulturwerk, Blasmusik, Chor

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Neueste Kommentare

  • 10.11.2021, 12:51 Uhr von Robert: Liebe Christa, herzlichen Dank für diesen sehr interessanten Artikel über Karl Wilhelm Fisi (1926 ... [weiter]

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