18. Februar 2023

Ein unbekanntes Gedicht von Johannes Tröster aus dem Jahre 1664 / Von Ion Taloș

Im Vorwort zu „Das Alt- und Neu-Teutsche Dacia. Das ist: Neue Beschreibung des Landes Siebenbürgen“ zeigt der Historiker Ernst Wagner, dass über Johannes Tröster wenig bekannt ist. So vermutet er, dass dieser vor 1640 in Hermannstadt geboren ist und seine Ausbildung im Hermannstädter Gymnasium wahrscheinlich 1658 abgeschlossen hat. Ebenfalls vermutlich wurde er 1658-1662 Hauslehrer bei der Familie des Geschichtsschreibers Bethlen János in Wetsch (Brâncovenești). Zwischen 1662 und 1666/1667 hielt er sich in Deutschland, wahrscheinlich in der Gegend um Nürnberg auf. Wagner schreibt auch, dass er 1663 in Jena immatrikuliert ist und dass er 1665-1668 „Mitglied der gelehrten Gesellschaft des Pegnesischen (abzuleiten vom Fluß Pegnitz) Blumenordens zu Nürnberg” gewesen ist. Meine Beschäftigung mit dem Werk von Johannes Tröster führte zu einer kleinen Entdeckung, nämlich, dass er am 21.11.1664 an der Hochzeit von Georg Adolf Kress von Kressenstein (geb. 5.10.1636 in Engelthal, gest. 29.11.1713 oder 1723) mit Anna Maria Marstaller (geb. 21.11.1643, gest. 19.12.1717) teilnahm und dem Brautpaar ein huldigendes Gedicht widmete. Nach seiner Rückkehr nach Siebenbürgen wurde Tröster Rektor der Großschenker Schule. Ort und Todesjahr sind nicht bekannt, vieles spricht für 1670 oder 1685 in Großschenk.
Als erste Schrift von Tröster betrachtet Ernst Wagner die „in lateinischer Sprache geschriebene Handschrift über die ‚Traurige Verwüstung Siebenbürgens durch die Türken, Tataren, Moldauer und Muntenier im Jahre 1658‘“. Sein Hauptwerk ist „Das Alt- und Neu-Teutsche Dacia“, das 1666 in Nürnberg bei Christoph Gerhard erschien. Es handelt sich um die erste Beschreibung Siebenbürgens in deutscher Sprache, die die Vergangenheit und Gegenwart des Landes berücksichtigt. Es geht um die drei in Siebenbürgen in jener Zeit anerkannten Nationen: Deutsche, Szekler und Ungarn. Er geht aber auch mit viel Kenntnis und Mut auf die damals nicht anerkannte vierte Nation, die Rumänen, ein. Noch mehr, Tröster ist der erste Autor nach Martin Opitz, der den römischen Ursprung der Rumänen anhand Sprache, Bräuche, Sitten usw. mit lateinischen Parallelen zwei Jahrzehnte vor dem moldauischen Chronisten Miron Costin dokumentiert (siehe Ion Taloș, „Vechea și noua Dacie Germană”, de Johannes Tröster, sursă documentară pentru antropologia culturală a secolului al XVII-lea, la români, in: Anuarul Arhivei de Folclor XXV-XXVI, 2021-2022, S. 145-165). Dadurch gehört er zu den bedeutendsten Vorgängern der rumänischen Kulturbewegung in Siebenbürgen Școala Ardeleană. Andere von Tröster publizierte Werke sind: „Polnisches Adler-Nest“, eine Geschichts-Beschreibung des Königreichs Polen sowie „Päpstlicher Suetonius“ (drei Auflagen), die Geschichte aller römischen Bischöfe und Päpste. Bekannt ist er auch dafür, dass er die Geschichte Siebenbürgens von 1629 bis 1663 von Bethlen János unter dem Titel „Das bedrängte Dacia“ aus dem Ungarischen ins Deutsche übersetzte.

Das vor kurzem im Stadtarchiv Nürnberg, StadtAN A 31, Nr. 413, entdeckte Gedicht wurde von Ernst Wagner in seinem Vorwort nicht erwähnt. Nach Mitteilung von Dr. Gerhard vom Stadtarchiv Nürnberg gehört das Gedicht zu einer Sammlung von „Hochzeitscarmina”, die Amici Ac Fautores (Freunde und Günstlinge) 1664 anlässlich der Hochzeit von Georg Adolph Kress und Anna Maria Marstaller bei Christoph Gerhard in Nürnberg herausgegeben haben. Die Sammlung (19 x 15 cm, 28 Seiten unpaginiert) umfasst 20 Texte, die dem Hochzeitspaar zugeeignet sind. Trösters Gedicht, das er „glück-wünschend dem Edlen Liebes-Paar auß schuldigster Pflicht“ widmet, steht an 16. Stelle.

Einschlägige Quellen zeigen, dass die Kress von Kressenstein zu den ältesten Patrizierfamilien der Reichstadt Nürnberg gehörten. Höhepunkt der Karriere von Georg Adolf Kress, des Bräutigams, war die Mitgliedschaft im Inneren Rath der Stadt Nürnberg.

Die Entdeckung des nachfolgenden Gedichts bereichert unsere Kenntnisse über Werk und Aufenthalt von Johannes Tröster in Deutschland. In der Widmung bezeichnet er sich als Student der Theologie, Philosophie und Medizin. Wir erfahren ebenfalls, dass er zu den Freunden und Günstlingen von Georg Adolf Kress gehörte.

Die Texte der „Hochzeitscarmina” sind auf Latein oder Deutsch. Insgesammt kann die Sammlung für landeskundliche Forschumg von Bedeutung sein. Für Tröster-Forscher ist wichtig zu wissen, dass er zu einem solchen Familienfest eingeladen war. So wird deutlich, in welchen Kreisen und unter welchen Freunden und Gönnern der Transsilvanus sich während seines Aufenthalts in Deutschland bewegte.

Als der starke Waffenbrecher
Der gerüste Mars begunt
Des gelähmten Schmiedes Rächer
Eins zu werden/ von der Stund:
Da er ihn mit seiner Kunst
Hat verstrickt in Venus-Brunst/
Und schier mit den Demant-banden
Sie gelegt der Sonn zu Schanden.
Fuhr er mit dem Flammen Schnauben
Seiner Flügel-Pferde fort/
Zu den schönen Paphus-Tauben
Seinen vorgeliebten Ort:
Da Cinara Tempel prangt
Und ohn Dach kein Naß empfangt/
Da Semiramis thut fliegen
Und der Göttin Räder biegen.
Bald schickt Cypris ihre Reiter
Mit schnee-weißen Federn auß/
Einzuladen den Groß-schreiter
Wie vordeß ins Blumenhauß:
Auch das listig-kühne Kindt
Wartt auf mit dem Pfeil geschwindt
Biß sie Gruß und Kuß gemischet
Und ins Rosenbett entwischet.
Liebste Venus sprach der Krieger
Diß mein Bitt gelangt an euch/
Daß ich ihren Mars-betrieger
Mög mit Listen zahlen gleich:
Es hat sich ein kühne Hand
Mihr zu dienen längst bekant/
Mitten in den Krieges-wellen
Da man Feynd für Feynd thut stellen
Welches Augen Liecht mit Strahlen
Schreyet aus ein keckes Hertz/
Pflegt mit Worten nicht zu pralen
Liebet Kriegs- und Liebes-schertz:
Diesem bitt ich deine Gunst
Und des Liebe-Knaben Kunst/
Daß er Gebe deine Zierde
Führ zu Bett nach unsrer Würde.
Kaum er außgeredet hatte/
Rieff Venus ihr Schönes Kindt/
Ihm befahl/und gleichwohl bate/
Daß er ihn zu Dienste stünd:
Und der Gebe junges Hertz
Durch die brennend Liebe-kerz
Steckt in grosser Flammen Hitze/
Daß von Zweyn ein Hertze schwitze.
Dieses ist heut an der Sonnen
Mars und Venus - edles Paar/
Daß Mars hat das Feld gewonnen/
Und sein Wunsch sey worden waar.
Denn Cupido seinen Pfeill
Durch der beyden Hertz in Eill
Hat mit guldner Spitz gedrucket/
Daß für Lieb ein jedes zucket.
Atalanta ist nun gewonnen
Durch den schnellen Liebes-Lauff/
Hat den Apffel überkommen/
So gemacht der Hertzenkauff:
Gnidus-Mutter laß nuhr bald
Paphus-Blumen mannigfallt
So von deinem Saltz beklieben/
Streun ins Bett den beyden Lieben.
Nun die Helffenbeinen Laden
Sind geschoben feste zu/
Laß Gott euren Lebens-faden
Laufen fort in süsser Ruh/
Schlaffet süß/ und wachet wohl/
Aller Liebes Freuden voll.
Biß die Mandelbäume blühen/
Und die guten Tage fliehen.
Biß des Mond und Sternen gläntzen
Auß dem engen Himmels-Hauß
Nicht mehr weit sich kan außgräntzen.
Biß der nassen Wolcken Sauß
Nach dem Regen wiederkehrt/
Und dem Hauß die Sonne wehrt.
Biß die Starcken Hüter zittren
Und sehn durch die finstre Gittren.
Biß die Müller nicht mehr mälen/
Und die Eingerinn schweigt still/
Biß ihr Töchter sich thun quälen
Daß kein Wasser springen will.
Biß der Krug und Rad zerbricht/
Und der Strick will halten nicht.
Biß das Kind die Mutter findet/
Und all Freud in Staub verschwindet.

Dieses schrieb glück-wünschend dem Edlen
Liebes-Paar auß schuldigster Pflicht:
JOANNES Tröster /Cib. Transylvanus SS, Th. & Phil:
Med: SS.

Schlagwörter: Tröster, Großschenk, Nürnberg, Geschichte, Gedicht

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