25. August 2023

Aus dem Siebenbürgen-Institut: Kalender als Informationsquelle und Unterhaltungslektüre

331 unterschiedliche Kalender befinden sich mittlerweile im Bestand der Siebenbürgischen Bibliothek auf Schloss Horneck in Gundelsheim. Zahlreiche siebenbürgisch-sächsische Institutionen haben im Laufe der Zeit zu allen möglichen Themen Kalender in unterschiedlichen Größen und Formen herausgebracht. Von einigen gibt es nur Einzelstücke, andere sind jedoch über einen langen Zeitraum regelmäßig erschienen und haben die Leser sowohl informiert als auch unterhalten.
Kalender des Siebenbürger Volksfreundes 1870. ...
Kalender des Siebenbürger Volksfreundes 1870. Fotos: Hanne Schnabel
Der erstmals 1749 in Hermannstadt bei Martin Hochmeister erschienene „Siebenbürgischer alter und neuer Volkskalender“ (1749-1907) enthält, im Anschluss an den Kalenderteil mit astrologischem Bericht, eine „Chronica“ der wichtigsten Ereignisse in Ungarn ab dem Jahr 373. Darin wird auch aufgeführt, wann die von König Géza II. ins Land geholten deutschen Siedler die ersten Städte „erbauten“: 1146 „Medwisch“, 1150 „Millenbach“, 1160 die „Siebenbürgische Haupt-Hermannstadt“, 1178 „Clausenburg“, 1198 Schäßburg, 1200 „Broß“ und „Reißmarckt“, 1203 „Cronstadt“ und 1206 „Nösen“.

Der Siebenbürgische Volkskalender (1843-1898) und der Kalender des Siebenbürger Volksfreundes (1870-1941) sind ähnlich aufgebaut: Der erste Teil besteht aus dem protestantischen, katholischen und griechischen Kalender mit Namenstagen, Tierkreiszeichen und Mondwechsel. Darauf folgen allgemeine nützliche Informationen zu Jahrmärkten oder dem Postwesen sowie zur Genealogie des österreichischen Kaiserhauses. Danach finden sich Beiträge zu unterschiedlichen Themen – sowohl lehrreiche, als auch unterhaltsame – unter Rubriken wie etwa „Schönes und Nützliches“.

Der bei Franz Michaelis in Hermannstadt verlegte „Kalender des Siebenbürger Volksfreundes“ hatte sich auf die Fahne geschrieben, „Allerlei zur Belehrung und Kurzweil“ beizutragen. Mit populärwissenschaftlichen Beiträgen, Märchen und humorvollen Geschichten wie „Kannst du schweigen, Katharine?“ wollte man auch der bildungsfernen Bevölkerungsschicht Wissen vermitteln und das Lesen nahebringen.

Der 1843 ebenfalls in Hermannstadt erschienene und von Joseph Heinrich Benigni Edler von Mildenberg herausgegebene „Siebenbürgische Volkskalender“, auf hochwertigem Papier gedruckt und mit Holzschnitten verziert, scheint sich dagegen an ein eher gebildetes und bürgerliches Publikum gewandt zu haben. Er enthält auch einen Geschichtskalender, eine „nach den Tagen des Kalenders geordnete Übersicht merkwürdiger Facta aus der siebenbürgischen Geschichte“. Im „geschichtlichen und unterhaltsamen Anhang“ wird weit über den siebenbürgischen Tellerrand hinausgeblickt: so kann der interessierte Leser einiges über den Schwedenkönig Gustav Adolf, den Tiroler Nationalhelden Andreas Hofer, Shakespeare oder Mozart erfahren. Auch über „Siebenbürgens Noth in den Jahren 1603 und 1604“ wird berichtet. Zur Unterhaltung sollen Anekdoten über Friedrich II und Napoleon beitragen.

Siebenbürgischer neuer und alter Volkskalender ...
Siebenbürgischer neuer und alter Volkskalender 1798
In dem von 1930 bis 1948 in Schäßburg veröffentlichten Kalender „Christlicher Hausfreund“ strebte der Pfarrverein der evangelischen Landeskirche eine „Vertiefung unserer religiös-kirchlichen Gemeinschaft“ an. Es überwiegen daher die kirchlich-religiösen Beiträge, auch wenn er seine Leserschaft ebenfalls über Jahrmärkte, Viehmärkte, Posttarife und ähnliches unterrichtete. Humor kommt darin nicht vor, dafür gibt es am Schluss Geschäftsanzeigen.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschienen mit „Der Pflug“ und „Hans Sachs“ zwei Kalender, die sich an unterschiedliche Zielgruppen wandten. Von 1928 bis 1944 gab der Siebenbürgisch-sächsische Landwirtschaftsverein mit „Der Pflug“ einen „landwirtschaftlichen Taschenkalender“ heraus, der Bauern, die meist nur die Volksschule besucht haben, nötiges Fachwissen vermitteln sollte. In seinem Vorwort zur ersten Ausgabe schreibt M. Roth: „Die Zeiten sind längst vorüber, wo auch der Dümmste noch gescheit genug war, um ein guter Bauer zu sein.“ Die Leser des Kalenders erfuhren, in welchem Monat welche Arbeiten in der Viehzucht, im Ackerbau oder im Gemüse-, Obst- und Weinbau fällig waren, in welchen Orten Jahr- oder Viehmärkte stattfanden und wie die unterschiedlichen Schädlinge zu bekämpfen waren. Auch praktische Tipps für die Hausfrau fehlten nicht. Wichtig waren zudem die zahlreichen Geschäftsanzeigen von Unternehmen mit Produkten für alle Bereiche der Landwirtschaft.

Der „Deutsche Gewerbebund in Romänien“ machte es sich zur Aufgabe, mit dem „Hans Sachs Taschen-Kalender für Gewerbe und Handel“, der allerdings nur von 1929 bis 1932 erschien, seinen Mitgliedern „mit Rat und Tat zur Seite zu stehen“. Daher findet der Handel- und Gewerbetreibende, zusätzlich zu den üblichen allgemeinen Informationen, auch Fachbeiträge etwa zu rechtlichen Themen, Steuern oder Versicherungen. Dennoch gibt es auch einen Teil „für Geist und Gemüt“ und zum Abschluss eine Prise Humor.

Das waren nur einige Beispiele aus dem reichen Fundus der Siebenbürgischen Bibliothek. Wer im Kalender-Bestand recherchieren möchte, kann dies über die Homepage des Siebenbürgen-Institutes www.siebenbuergen-institut.de tun. Auf der Seite Bibliothek & Archiv folgt man dem Menü zur Online-Recherche und zum Signaturschema, wo man die Signatur Tk anklickt.

Kalender gehören zu den Periodika, also den regelmäßig erscheinenden Veröffentlichungen, die zwar nicht ausgeliehen werden dürfen, aber im Lesesaal der Bibliothek eingesehen werden können. Die Anmeldung kann unter der Telefonnummer (06269) 42150 oder per E-Mail: bibliothek[ät]siebenbuergen-institut.de erfolgen.

Hanne Schnabel

Schlagwörter: Siebenbürgen-Institut, Bibliothek, Kalender

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