7. August 2023

Irmgard Sedler auf der Vernissage der Kunstgalerie in Gundelsheim: Zeugnisse siebenbürgischer Kunst aus drei Jahrhunderten

Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins des Siebenbürgischen Museums, hat in ihrer Ansprache zur Eröffnung der neuen Gemäldegalerie am 18. Juli 2023 die Entwicklung des Siebenbürgischen Museums von einer Heimatstube zu einem Spezialmuseum im Rang eines Landesmuseums verdeutlicht und die neue Dauerausstellung mit Zeugnissen siebenbürgischer Kunst aus drei Jahrhunderten präsentiert (diese Zeitung berichtete). Die Rede wird im Folgenden ungekürzt wiedergegeben.
Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins ...
Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins des Siebenbürgischen Museums, hielt eine niveauvolle Ansprache zur Eröffnung der neuen Gemäldegalerie am 18. Juli 2023 in Gundelsheim. Foto: Yakup Zeyrek
Immanuel Weißglas, der jüdische, in der Bukovina beheimatete Dichter und Freund von Paul Celan, veröffentlichte 1972 das Gedicht „Dakerkrug“. Das Bild des „gruft‘gen Krugs“ aus mythischer Daker-Zeit tritt dem Zuhörer als wirkmächtiges Bild einer Hülle entgegen, als Metapher für die in ihr geborgene geschichtete Zeit. Völker- und Zivilisationsschicksale fügen sich darin: „Raum im Hohlen hat das Sein und Sterben,/ Menschen splittern, Krüge geh’n in Scherben:/ Tönend birgst du, Zeitloser die Schwere/ Unsrer Welt und Überweltlichleere.“

Ich habe diese literarische Anleihe gewagt, um das metaphorische Bild der materiellen Hülle für einen geistig-zivilisationsgeschichtlichen Inhalt, die Letzteren aus dem Vergänglichen in immerwährende zeitlose Dimension herauszuheben vermag, ins Bildliche des Siebenbürgischen Museums überzuleiten. Es ist im Grunde ein vordergründiger Vergleich: In der geschichtsträchtigen räumlichen Hülle von Schloss Horneck, einer ehemaligen Deutschordensburg, zeigt sich in der Verschränkung ausgewählter sinnlich-materieller Objekte und den ihnen als kulturelle Chiffre zugewachsenen Deutungen die bald 900-jährige Geschichte und Kultur siebenbürgisch-sächsischer Präsenz im Karpatenbogen. Diese Geschichte erscheint hier im Museum ebenfalls zeitlich und inhaltlich geschichtet, überschaubar auf knapp 800 Quadratmetern zur materiell-anschaulichen wie narrativen Quintessenz geronnen. Auf der Metaebene musealer Präsentation tritt sie einem entgegen, eingefügt in die Koordinaten des geographisch-kulturellen Raumes vielethnisch-faszinierender Prägung. Darauf deuten schon die unterschiedlichen Landesnamen der historischen Provinz im heutigen Rumänien hin, die hier streiflichtartig beleuchtet ist und zu der wir, die Träger dieser musealen Einrichtung, uns kulturell und emotional zugehörig fühlen – Siebenbürgen, Ardeal, Erdély.

Das Siebenbürgische Museum auf Schloss Horneck gibt es seit über einem halben Jahrhundert. Es wurde als ein kleines Heimatmuseum eingerichtet: Mit Lore Connerth-Seraphin und Rolf Schuller seien nur die Namen der Kustoden der ersten Stunde genannt.

Aus dem allgemeinen Bedürfnis der vielen nach dem Zweiten Weltkrieg ausgewanderten Siebenbürger Sachsen, sich ihrer selbst über ihre kulturelle Eigenart und die verlorene Heimat zu vergewissern trachteten, gewannen die hiesigen Präsentationen im Laufe der Jahre ständig an Bedeutung. Mit den wachsenden Sammlungen wuchsen zudem die Verpflichtungen, inhaltlich wie finanziell den Ansprüchen einer in der Museumslandschaft sich etablierenden Einrichtung gerecht zu werden. Dieser Einrichtung wurde in der Folge im Jahr 1973 ein Trägerverein zur Seite gestellt, dem die wichtigsten siebenbürgisch-sächsischen Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland von Anbeginn bis heute angehören. Später trat die Stadt Gundelsheim, wo das Museum seine endgültige Heimstatt gefunden hatte, dem Trägerverein bei. Schließlich übernahm im Jahr 1991 die Bundesregierung die Rolle des wichtigsten Förderers des Siebenbürgischen Museums auf Schloss Horneck in Gundelsheim, der nunmehr wichtigsten musealen Einrichtung der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Das Siebenbürgische Museum zeigt sich heute als ein Spezialmuseum im Rang eines Landesmuseums.

Dieser Verpflichtung als Förderer sind im Laufe der Jahre dankenswerter Weise alle Regierungen in Bonn und Berlin nachgekommen, auch wenn die Existenz des Hauses im Hinblick der Überlegungen zur Umverteilung seiner Schätze an mehrere Standorte gleich der nach der Jahrtausendwende aus Gründen, die weder im Kulturpolitischen noch im Inhaltlichen zu finden waren, gefährdet schien. Es hat bedeutender Anstrengung und dem Engagement wichtiger Persönlichkeiten und Institutionen bedurft, um das professionell geführte Haus am Standort Gundelsheim zu erhalten. Hierzu sei im Speziellen dem Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland mit seinem damaligen Bundesvorsitzenden, Architekt Volker Dürr, und seiner Stellvertreterin, Karin Servatius-Speck zu danken, die ihre ganze politische bzw. kulturpolitische Kraft für die Weiterführung des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim einsetzten.

Mit seinen mittlerweile 23.000 Exponaten aus fünf Jahrhunderten als Zeugnisse aller wichtigsten Bereiche siebenbürgischen Lebens, sowohl aus dem Herkunftsgebiet als auch jener aus der in der Bundesrepublik Deutschland etablierten Lebenswirklichkeit siebenbürgischer Prägung im Spiegel kultureller Integration, steht heute das Museum unverrückbar in der deutschen und europäischen Museumslandschaft.

Für die großzügige, kulturell richtungsweisende Unterstützung im Sinne einer Brückenfunktion nach Rumänien und überhaupt in die Länder Ost- und Südosteuropas, vor allem aber auch im Sinne der finanziellen Unterstützung, ohne die das Siebenbürgische Museum mit seinem Trägerverein diese Brückenfunktion nicht beispielhaft erfüllen könnte, sprechen wir Frau Kulturstaatsministerin Claudia Roth und den Beamten ihres Ministeriums den ganz besonderen Dank aus. Die Erweiterung des Hauses mit einer Gemäldegalerie, einer zum Jahresende zu eröffnenden Schatzkammer, dem neuen pädagogischen Raum, einem Grafikkabinett und dem heute schon fertiggestellten Gemäldedepot ist ausschließlich der großzügigen Investition von 835.000 Euro seitens der Bundesregierung zu verdanken. Frau Roth steht damit in der Tradition ihrer Vorgänger und Vorgängerinnen, deren Wirken in der Entwicklung unseres Museums Spuren hinterlassen hat – von Prof. Julian Nidda-Rümelin in den ausgehenden 1990er Jahren bis zu Frau Monika Grütters dreißig Jahre später. Einen ganz besonderen Dank möchte ich auch Herrn Ministerialrat Dr. Lindner aussprechen, der in den Anfängen der Neugestaltung von Schloss Horneck für unser Haus da war und Frau Jutta Weber, die jahrzehntelange treue Begleiterin und Koordinatorin bei unseren musealen Projekten seitens des Referates K 45 bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Richtungsweisend und vorbildhaft für die langfristige Entwicklung und Ausrichtung des Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim war von Anfang an der hohe Stellenwert, den die tradierte bürgerliche Gesellschaft Siebenbürgens im Laufe der letzten 200 Jahre der Einrichtung Museum in ihrem Selbstverständnis und damit den Möglichkeiten ihrer kulturellen Selbstrepräsentation eingeräumt hatte. Da ist zum einen das alles überragende Brukenthalmuseum in Hermannstadt, die Stiftung Baron Samuel von Brukenthals, welches sich seit der für europäische Verhältnisse frühen Eröffnung im Jahr 1817 von einem Universalmuseum aufklärerischer Prägung während des 19. Jahrhunderts zu einem siebenbürgischen Nationalmuseum gewandelt hatte. Daneben aber auch das 1895 ebenfalls in Hermannstadt errichtete Karpaten-Vereinsmuseum, geprägt durch die volkskundlichen Forschungen eines Emil Sigerus und dem breit in die Gesellschaft hineinwirkenden Sebastian-Hann-Verein. Dieser Stellenwert wurde über Jahrzehnte hinweg gewährt durch die wissenschaftliche Unterstützung namhafter Siebenbürger Persönlichkeiten, aber auch durch eine, viele Generationen umspannende, großzügige finanzielle Unterstützung aus den Reihen der gesamten sächsisch-bürgerlichen Gemeinschaft. Diese Tradition schwächelte leider in den jüngsten Jahren. Treu an unserer Seite steht jedoch seit Jahrzehnten der Verband der Siebenbürger Sachsen. Herzlichen Dank, lieber Bundesvorsitzender, Herr Rainer Lehni, für die wiederholte tatkräftige, auch beachtliche finanzielle Unterstützung, die manches unserer Ausstellungs- und Buchprojekte wahr werden ließen.

In den vergangenen fünfzig Jahren haben bekannte Historiker, Kunsthistoriker und Museumswissenschaftler, die auf Schloss Horneck im Zusammengang des Museums mit der Siebenbürgischen Bibliothek und dem Archiv, dem Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg gewirkt haben, an der Geschichte und der Entwicklung musealer Repräsentation sächsischer wie gesamtsiebenbürgischer Zeiten und Kulturwelten mitgeschrieben.

Dr. Alexandru Constantin Chituță;, ...
Dr. Alexandru Constantin Chituță;, Generaldirektor des Brukenthalmuseums, ehrt Dr. Irmgard Sedler mit der Brukenthaljubiläumsmedaille. Foto: Yakup Zeyrek
Im Lichtkegel historischer, volkskundlicher wie kunsthistorischer Erforschung ist es wichtig, die kulturellen Äußerungen, die wirkmächtigen Symbole und Mythen im Symbolhaushalt des Sächsischen in ihrer sich wandelnden Rolle für die eigene Selbstauffassung und ihrer Wirkung in die Gesellschaft hinein in museale, jeweils zeitaktuell sinnstiftende Themenstellungen umzusetzen. Unser Haus setzt mit seinen Ausstellungen, Publikationen und pädagogischen Unterfangen verstärkt auf die Offenlegung der Schnittstellen zwischen Welt-, Kunst und eigener Lebenswirklichkeit aus der Perspektive siebenbürgischer Erfahrungen.

Diese sind bei den heutigen Generationen im Kontext des radikalen Zeitenumbruchs in der sächsischen Geschichte durch den Exodus der 1990er Jahre mitgeprägt. Gegenüber einer so oft heraufbeschworenen, fatalistischen „Finis Saxoniae“-Stimmung setzt das Museum im Zusammengang mit seinen Schwesterinstitutionen auf Schloss Horneck – dem Siebenbürgen-Institut, der Bibliothek und dem Archiv – auf die Bereitschaft zu Pluralität und kulturellem Austausch. Dieses geschieht im Umfeld der großen europäischen Transformationen in der Gegenwart, die unsere „kleine sächsische Welt“ in ihrem Ausmaß bei weitem übersteigen.

Im Verständnis, dass Geschichtsauffassung und damit verbunden auch die sächsische Selbstauffassung letztlich geistige Konstruktionen sind, an denen die Generationen in ihrer Abfolge mitschreiben, bleibt es das oberste Ziel unseres Museums, die Symptome der gesellschaftlichen Entwicklung in seiner Arbeit – Sammlungsergänzungen, Ausstellungen, Publikationen – aufzufangen. Wenn es gelingen sollte, diese mit den Erwartungen des Publikums und der Problemstellung des Sächsisch-Seins in Geschichte und Gegenwart in Rumänien und Deutschland in Einklang zu bringen und sie bildhaft in der Präsentation zu verdichten, so rechtfertigt sich die Existenz unseres Museums sinnstiftend über die Gegenwart in die Zukunft hinaus. Im Zeichen des Brückenschlags nach Siebenbürgen, nach Rumänien und Ungarn, überhaupt in den europäischen Osten und den Westen bleiben dem Museum so die Möglichkeiten kultureller Zeiterfahrung offen. Die vorbildliche, langjährige Zusammenarbeit mit dem Brukenthal-Nationalmuseum in Hermannstadt, speziell mit Ihnen, Herr Dr. Chituţă, ist hierfür das beste Beispiel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute Abend wollen wir Ihre Aufmerksamkeit auf die neue Gemäldegalerie des Siebenbürgischen Museums lenken, Ihnen die Möglichkeiten der Weltoffenbarung über die Kategorien der bildenden Kunst anhand der Werke von Künstlern mit siebenbürgischer biographischer Prägung vorführen. Die Resonanzbereitschaft eines siebenbürgischen Publikums für die bildenden Künste im Museum hängt mit der schon erwähnten Tradition zusammen, Museen durch die Brille einer so prägenden Einrichtung wie dem Brukenthalmuseum zu sehen. Nicht zufällig also gehört die Gemälde- und Grafiksammlung des noch relativ jungen Siebenbürgischen Museums im Verhältnis zu dem ehrwürdigen Brukenthalmuseum zu den Kernbereichen des hiesigen Sammlungsbestandes. Was Sie erwartet, sind ästhetisch-emotionale, sehr subjektive Angebote ­unterschiedlicher künstlerischer Positionen, die Sie, liebe Gäste, in die Wirklichkeit siebenbürgischer Kunstentwicklung dreier Jahrhunderte einzuführen vermögen.

Seit Jahrzehnten war es ein Hauptanliegen, diese Galerie für eine breite Öffentlichkeit einzurichten. Es mangelte hierfür jedoch an Räumlichkeiten. Nichtsdestotrotz wurde der Aufbau der Gemälde- und Grafiksammlung seit Jahrzehnten systematisch vorangetrieben. Ich nenne hier nur die Namen des früheren Kustoden Rolf Schuller, langjähriger Museumsleiter, sowie Dr. Volker Wollmann und den Kunsthistoriker Marius Joachim Tataru. Ich selbst, im Jahr 1999 den Vorsitz des Trägervereins übernehmend, kam mit meiner Erfahrung im Brukenthalmuseum und dem Museum zeitgenössischer Kunst im Kleihues-Bau 1991 hinzu. Viele Neuanschaffungen im Siebenbürgischen Museum sind durch meine Hände gegangen, seit 2014 bringt der Kunsthistoriker und leitende Museumskurator Dr. Markus Lörz seine Erfahrung in diesen Bereich der Museumsgestaltung erfolgreich mit ein.

Es ist ein Anliegen der neuen Präsentation, über die Kunst in geschichteter, 300-jähriger Zeit, die Erkenntnis der siebenbürgischen Welt über die subjektive Glaubwürdigkeit von Leinwandbildern und Skulpturen, entlang optimistischer Zeiten wie auch offener Wunden der Geschichte einzufangen.

Sie beginnt mit einer Porträtgalerie aus dem 18. Jahrhundert, die anhand einer geadelten sächsischen Patrizierfamilie den Weg der Neuordnung siebenbürgischer Städtegesellschaften auf dem Weg ihrer kulturellen Selbstreferenz und Provinzialismus in die Weltläufigkeit und den Standesanspruch österreichischen Beamtenadels aufzeigt. Johann Martin Stock und andere vertreten hier eine Maler-Generation, die sich zwischen Hermannstadt und Wien etablierte und Maßstäbe für den Kunstgeschmack im Wandel vom Barock zum Klassizismus setzte. Auch durfte in dem dieser Zeit gewidmeten Ausstellungsraum das Porträt des kunstsinnigen Gubernators und Vertrauten der Regentin Maria Theresia, Baron Samuel von Brukenthal, nicht fehlen.

Zu den Kunstproduktionen des 19. Jahrhunderts leiten die Arbeiten Franz Neuhauser des Jüngeren über, die am Beispiel südsiebenbürgischer Städtedarstellungen, der Bildauffassung traditionell akademischer Kategorien formelhafter Veduten- und Landschaftsdarstellungen verhaftet bleiben. Über ein von Carl Dörschlag gemaltes Männerporträt, einem Maler, den es aus Mecklenburg nach Siebenbürgen verschlagen hatte, und eine Nocturne von Fritz Schullerus führt der Ausstellungsparcours zu den klangvollen siebenbürgischen Künstlernamen des 20. Jahrhunderts – von den Hermannstädtern Arthur Coulin und Robert Wellmann zu den Kronstädtern Fritz Kimm, Hans Eder, Hans Mattis Teutsch, Heinrich Neugeboren/dit Henri Nouveau bis Ernst Honigberger und Heinrich Schunn, oder den in deutschen Südwesten ausgewanderten Ernst Graeser. Auch die ungarische Schule ist am Beispiel der Maler aus der ungarisch-jüdischen Künstlerkolonie in Frauenbach/ Nagybánya/Baia Mare – Àcs Ferenz, Makalik Alfred – vertreten. Die beeindruckende Formensprache der hier im bildlichen Dialog versammelten Werke fügt sich in einen stilistischen Spannungsbogen vom Jugendstil und dem Symbolismus über den Expressionismus, hin zu konstruktivistischen Sichtweisen und Anleihen am Surrealismus und der Neuen Sachlichkeit. Eindrucksvoller lässt sich der Anschluss der in Siebenbürgen beheimateten Künstler an die europäische Kunstentwicklung seit den Zeiten der Klassischen Moderne kaum belegen.

Der letzte Ausstellungsraum nimmt den chronologischen Faden der durch radikale gesellschaftspolitische wie biographische Brüche der rumänischen wie gesamteuropäischen Wirklichkeit geprägten auf. Im Spiegel der sehr dynamischen, an Frankreich orientierten Kunstszene in Rumänien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – ich denke hier nur an die Entwicklung von der „Tinerimea Artistică um Stefan Luchian und Gheorghe Petrașcu hin zu den Avantgardekünstlers des Dada um Marcel Ianco – erscheinen einem manche Künstler in den südsiebenbürgischen Städten von dieser jenseits der Karpaten sich etablierenden Avantgardekunst abgeschnitten, und verharren ab 1930/40 in einem sächsisch provinziellen Heimatverständnis, das nur durchbrochen wird von Namen wie jenem von Hans Eder oder von dem der Künstlerin Margarete Depner, die in der Tradition von Aristide Maillol in Paris ihre Lehrjahre absolvierte.

Die in Gundelsheim ausgestellten Gemälde aus dieser Zeit widerspiegeln in Motivrepertoire und Formenapparat den Einfluss nationalsozialistischer Weltsicht, um dann – nach dem großen kollektiven Drama der Deportation der deutschen, arbeitsfähigen Bevölkerung Rumäniens in die Arbeitslager des sowjetischen GULAG – sich in den Zwängen des staatlich verordneten Sozialistischen Realismus wiederzufinden. In der Ausstellung ist diese Zeit durch ein Werk von Harald Meschendörfer vertreten.

Ab den 1960/70er Jahren suchten die jüngeren Künstler vermehrt den Weg in die Emigration und fügen sich mehr oder weniger erfolgreich in den Kunstbetrieb der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie experimentieren mit dem Lettrismus (Reinhardt Schuster), vollenden ihre Kunst auf dem Gebiet der Bildhauerei (Peter Jacobi und Kurtfritz Handel) oder des Holzschnitts (Gert Fabritius) und fanden schließlich ihre eigenen künstlerischen Positionen vor allem über die Auseinandersetzung mit den großen Themen humanistischer Prägung, jenen der Conditio humana. Für diese bringen sie, über die eigenen dramatisch-menschlichen existentiellen Erfahrungen eine Resonanzbereitschaft mit, die ihrem künstlerischen Œuvre tiefberührend Wahrhaftigkeit verleiht. Friedrich von Bömches und später Peter Jacobi ordnen ihre Grenzerfahrungen des Seins dem Leid als zeitlos-allgemeine Welterfahrung zu und schaffen Werke „choralhaft mythischer Klangdimensionen“.

Danksagungen

Einen Dank richte ich an den leitenden Kurator des Museums, Herrn Dr. Markus Lörz, mit dem wir diese Ausstellung seit Jahren geplant und realisiert haben; an Frau Julia Koch, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kustodin der Museumssammlungen auch die Gemälde- und Grafikdepots betreut; Herrn Christian Jakobi, Innenarchitekt, technischer Projektleiter, der die Erweiterung der neuen Präsentationsflächen, Depots und Arbeitsräume geplant und in der Ausführung begleitet hat; an Frau Elisabeth Hitschold, Verwaltungschefin im Museum, die nie auf die Uhr schaut, wenn sie das Finanzielle ordnet; an Herrn Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, langjähriger Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats und Schatzmeister des Trägervereins Siebenbürgisches Museum e.V., ohne dessen Unterstützung und politisch-wissenschaftlichem Netzwerk vieles nicht glatt gelaufen wäre; an Dr. Volker Wollmann, emeritierter Direktor des Siebenbürgischen Museums, und Diplom-Architekt Volker Dürr.

Wir bauen auch in Zukunft auf die existentiell unabdingbare Unterstützung der Bundesregierung, auf die Unterstützung in allen Belangen durch unsere große sächsische Gemeinschaft, wir bauen auf die verlässliche Zusammenarbeit mit den Partnereinrichtungen in Rumänien, mit der Stadt Gundelsheim und der Heimstatt des Museums Stadt Horneck.

Auf unsere spezifische Museumsarbeit im Dienste von Kunst, Kultur und deren Bewahrung über die Zeiten hinweg beziehe ich nun zuletzt, um die literarische, metaphorische Klammer zu schließen, paraphrasiert eine weitere Aussage von Immanuel Weißglas, dem Dichter in Bukarest: „In gruft’gen Krügen schöpfen wir Gedulden/ und hegen Tropfen Zeit in Zeitlos-Mulden.“

Schlagwörter: Siebenbürgisches Museum Kunstgalerie, Irmgard Sedler

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