5. Juli 2025

Brauchtumsveranstaltung des Heimattages: Einblick in das Agnethler Zunftleben

Im Rahmen des Heimattages der Siebenbürger Sachsen gewährte eine eindrucksvolle Brauchtumsveranstaltung am Samstag, dem 7. Juni, im Schrannensaal in Dinkelsbühl spannende Einblicke in das traditionsreiche Zunftleben der Agnethler.
Wahlen in der Agnethler Schneiderzunft: „Liebe ...
Wahlen in der Agnethler Schneiderzunft: „Liebe Zunftbrüder, wir haben gut gewirtschaftet …“ Fotos: Uschi Stein
Die Veranstaltung schlug eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart und erinnerte an das jahrhundertealte Handwerksleben. In Siebenbürgen gab es für die Zünfte allgemeingültige strenge Regeln, die einerseits zu hoher Qualität der Produkte führte, was Wohlstand generierte, andererseits eine engmaschige Überwachung der Meister und Gesellen nötig machte. Die vier wichtigsten Zünfte in Agnetheln waren die Schusterzunft, die Schneiderzunft, die Kürschnerzunft und die Fassbinderzunft. Alle Zünfte besaßen eine Lade, in der wichtige Dokumente und die Kasse aufbewahrt wurden. Einer der Bräuche war die Abhaltung der Zunfttage, an denen die Mitglieder der Zünfte alljährlich ihre Feste feierten, zu denen auch das Ladeforttragen gehörte.

In der Brauchtumsveranstaltung des Heimattages wurde der Blick in die Kraft der Zunft ernst, in das Leben der Gesellen allerdings humorvoll dargestellt. Den Urzeln kam die wichtige Rolle zu, die Bruderschaftslade zu beschützen – auch vor bösen Geistern.

„Die Kraft der Zunft“ hat Doris Hutter, Kulturreferentin des Landesverbandes Bayern, ihr Stück genannt, bei dem sie auch Regie führte, das nun aufgeführt wurde und uns Einblicke in die Schneiderzunft gewährte. Wir waren Zeugen der „Heiligen Zeit“, so wurden die drei Zunfttage genannt. Am ersten Tag fand im Haus des Zunftmeisters die Rechnungslegung statt, bevor der neue Zunftmeister, der Schaumeister und ein Gesellenmeister gewählt wurden. Anschließend lud ein Ältester zum Mahl zu sich nach Hause ein.

Am zweiten Zunfttag wurde gemäß einem geordneten Ablauf die Zunftlade beim alten Zunftmeister abgeholt und in festlichem Umzug zum neuen Zunftmeister getragen. Einer großen Parade durften wir am dritten Zunfttag beiwohnen. Großes Vergnügen hatte dieses früher schon der Bevölkerung bereitet, wir hatten auch viel Spaß: Begleitet vom Rösschen und dem Mummerl (den Zunftfiguren der Schneiderzunft) und von den Urzeln wurde die Übergabe der Bruderschaftslade zur öffentlichen Parade. Der Weg führte stets um die Kirche herum zum Pfarrhaus, um dem Pfarrer seine Huldigung darzubringen. Das „Siebenbürgenlied“ wurde angestimmt, und alle Anwesenden im Saal stimmten in den Gesang ein. Die Parade mit den Urzeln als „Ordnungshüter“ steuerte nun zum Haus des neuen Gesellenvater, wo die Lade, wieder im Rahmen einer Feier, übergeben wurde.
Pantomine: „Wer hat den Schlüssel der Zunftlade ...
Pantomine: „Wer hat den Schlüssel der Zunftlade versteckt?!“
Heiter wurde es im zweiten Teil der Veranstaltung mit der Pantomime „Das wird teuer, lieber Geselle“, verfasst und inszeniert von Ingrid Hausl, geborene Hutter. Das Stück zeigte humorvoll den Alltag eines Zunftgesellen mit all seinen Regeln und möglichen Verstößen. Wer z.B. bei den Besprechungen, „Zugang“ genannt, oder beim Kirchgang fehlte, musste Strafe zahlen. So treibt Ingrid Hausl als Geselle viel Schabernack mit den Kindern des Gesellenvaters auf der Bühne. Großes Lob gebührt den Kindern, die ihre Rollen gekonnt spielten.

Die lebendige Aufführung und das große Interesse des Publikums zeigten eindrucksvoll: Die Pflege und Weitergabe der Agnethler Zunfttradition lebt – auch fern der alten Heimat, in der neuen Gemeinschaft.

Die Veranstaltung wurde vom Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen e.V. aus Mitteln des bayerischen Sozialministeriums gefördert und vom Landesverband Bayern des Verbands der Siebenbürger Sachsen unterstützt. Vielen Dank dafür! Die Brauchtumsveranstaltung können Sie unter folgendem Link ansehen: http://youtu.be/jUx1TWAf7Y4.

Ingeborg Binder

Schlagwörter: Heimattag 2025, Brauchtumsveranstaltung, Agnetheln

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