19. Mai 2006

Eine Institution im Dienste aller Siebenbürger Sachsen

Wie ordnet sich die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek in die Vielfalt der siebenbürgisch-sächsischen Organisationen ein? Was ist ihre Aufgabe? Diesen Fragen geht Hatto Scheiner, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, im folgenden Beitrag nach.
"Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!" Das Zitat aus Goethes Faust, welches das Motto dieser Zeilen sein soll, besagt nichts anderes, als dass jede Generation sich auf die Errungenschaften der vorherigen Generationen besinnen und sie weiterentwickeln soll. Das bedeutet aber, dass man die Traditionen kennen muss. Das gilt auch für uns Siebenbürger Sachsen. Deshalb pflegen auch alle unsere Organisationen einerseits Traditionen, gewähren andererseits aber auch praktische Hilfe im Alltag. Es ist müßig, ihre Aktivitäten vollständig aufzuzählen. Jeder von uns kennt einen Teil davon aus eigener Erfahrung. Und jeder hat Vorlieben für gewisse Tätigkeiten. Das ist auch gut so, wenn es nicht dazu führt, die der Anderen als unnötig zu betrachten. Um dieser Gefahr zu begegnen, müssen wir uns gegenseitig über unser Tun und dessen Sinn informieren.


Wenngleich die Bemühungen jeder einzelnen Organisation der gesamten Gemeinschaft dienen, liegen ihre Schwerpunkte auf verschiedenen Ebenen. Das Wirken der meisten Organisationen ist begrenzt. Ein Hilfsverein wird sich in erster Linie um die Unterstützung z. B. eines Altenheims kümmern. Eine Kreisgruppe organisiert Zusammenkünfte geselliger Art und kulturelle Aktivitäten bevorzugt für die eigenen Mitglieder. Andere Institutionen sind nur der Gesamtheit aller Siebenbürger Sachsen zuzuordnen. Dazu zählen die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen mit der Siebenbürgischen Zeitung und dem Sozialwerk, aber auch die kulturellen Einrichtungen in Gundelsheim, allgemein auch unser Kulturzentrum genannt.

Was ist dieses Kulturzentrum? Es ist der Sitz des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats, die Heimstatt des Siebenbürgen-Instituts mit der Siebenbürgischen Bibliothek samt Archiv und des Siebenbürgischen Museums und es ist der Ort unserer siebenbürgischen Identitätsfindung. Hier auf Schloss Horneck, im Besitz des Hilfsvereins "Johannes Honterus", treffen sich auch und agieren die unterstützenden Träger-, Hilfs- und Fördervereine unserer siebenbürgischen Gemeinschaft, wozu auch die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek gehört. Im Folgenden soll auf die Arbeit des Siebenbürgen-Instituts eingegangen werden.

Das Institut nimmt wie auch die Landsmannschaft Bezug auf Bereiche der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, bearbeitet sie auf wissenschaftliche Weise. Dafür einige Beispiele: Die Landsmannschaft pflegt die Tradition, das Institut verwahrt deren Zeugnisse. Die Landsmannschaft unterstützt Bedürftige und hält Kontakt zu Behörden im In- und Ausland; das Institut organisiert Begegnungen, hilft bei der Sicherung sächsischer Kulturgüter, publiziert aktuelle Themen und hält Kontakt zu vielen europäischen Instituten. Die Landsmannschaft betreibt Jugendarbeit; das Institut fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs, der zu siebenbürgischer Thematik forscht.

Warum wird die Arbeit in der Bibliothek und im Archiv so stark betont, wenn doch eigentlich die zukunftsgerichtete Tätigkeit im Vordergrund stehen sollte? Aus zwei Gründen. Zum einen sind die Bestände der Archive in Siebenbürgen nicht mehr vollständig und die in Deutschland befindlichen Unterlagen müssen gesammelt und fachgerecht aufbewahrt werden. Zum anderen sind die dafür vorhandenen finanziellen Mittel des Instituts schlicht und einfach zu knapp. Jeder Hausbesitzer kennt die Mühen der Instandhaltung eines Altbaus und deren Vorrang vor einem Neubau. So will auch das Siebenbürgen-Institut zuerst die Bestände der Bibliothek und des Archivs in gutem Zustand erhalten. Sind danach noch Mittel vorhanden, werden Forschungsarbeiten und Fördermaßnahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs durchgeführt.

In diesem Zusammenhang noch ein Goethezitat: "Bibliotheken sind ein großes Kapital, das geräuschlos unberechenbare Zinsen spendet." Gäbe es aktuelle Wissenschaft ohne die Werke der Vorgänger? Was würden die Forscher ohne Archive machen? Letztlich greifen wir alle auf die gesammelten Erfahrungen zurück. Ohne Dokumentation in weitestem Sinne wäre die Entwicklung der Menschheit nicht möglich gewesen. Bibliotheken und Archive sind nicht verstaubt und uninteressant, man muss sie nur zu nutzen wissen! Deshalb ist es auch so wichtig, dass alle unsere Leistungen dokumentiert und aufbewahrt werden: Liedertexte, Noten, Bilder, Trachten, Stickmuster, Bräuche, Sagen, Vereinsgeschichten, Dorfchroniken und was es sonst noch alles gibt. Unsere Nachkommen werden es uns danken.

Träger des Instituts ist der Kulturrat. Über ihn gehen alle finanziellen Förderungen des Instituts, auch die der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek. Die Stiftung fördert nicht einzelne Projekte, sondern stellt dem Kulturrat auf Anforderung des Institutes und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Geldbeträge zur Verfügung. Die Räume der Bibliothek und des Archivs stellt der Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen "Johannes Honterus" e.V. unentgeltlich zur Verfügung. Der Arbeitskreis für Siebenbürgischen Landeskunde stellt unentgeltlich das Institutshaus zur Verfügung. Zurzeit hat nur der Bibliothekar eine feste Ganztagsstelle, finanziert vom Land Baden-Württemberg. Der wissenschaftliche Leiter kann aus Geldmangel leider nur mit einer halben Stelle beschäftigt werden. Zusätzlich muss er sich auch noch um die Geschäftsführung kümmern. Sein Gehalt wird durch eine bis 2007 befristete, vom Landeskundeverein organisierte Spendenaktion finanziert.

Viele Aktivitäten des Institutes werden in Kooperation mit dem Landeskundeverein durchgeführt. Hier nun einige Beispiele: Organisation der Tagungen der Sektionen Genealogie und Naturwissenschaften, Vorbereitung der Jahrestagung des Landeskundevereins, des 5. Diplomanden- und Doktorandenkolloquiums und der 21. Siebenbürgischen Akademiewoche für Nachwuchswissenschaftler. Neben der Herausgabe von wissenschaftlichen Publikationen erscheinen demnächst folgende Bücher: Georg Soterius, Cibinium, Helga Fabritius, Die Honigberger Kapelle und Nordsiebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch, Band V. Das Institut beteiligt sich auch an der Digitalisierung und Sicherung der historischen Archivbestände der Honterusgemeinde Kronstadt und an anderen Projekten in Siebenbürgen. Wichtige zukünftige Aufgaben bestehen in der Fertigstellung des Siebenbürgischen Schriftstellerlexikons und des Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuchs.

Damit neben dem Betrieb der Bibliothek und der Pflege der Bestände diese Tätigkeiten fortgeführt werden können, und nicht wegen fehlender staatlicher Unterstützung eingestellt werden müssen, will die Stiftung ein so großes Kapital sammeln, dass das Institut durch dessen Zinsen unabhängig wird von politisch bedingten Schwankungen der öffentlichen Subventionen. An dieser Stelle sei an eine alte Tradition der Siebenbürger Sachsen erinnert: Hatte ein dörfliches Anwesen keine Erben, so fiel der Besitz an die Gemeinde, die ihn dann an eine bedürftige Familie weitergab. Diese Tradition sollte von allen denjenigen fortgeführt werden, die keine direkten Erben für ihren Nachlass haben. Die Stiftung ist bedürftig und auf Nachlässe und größere Zustiftungen angewiesen. Die vielen kleinen Spenden sind genauso willkommen, können jedoch nur dann zum Ziel führen, wenn die Zahl der Spender drastisch steigt.

So wie jede Familie ihren Kindern den Besitz in gutem Zustand hinterlassen will, so sollen auch die Bestände der Bibliothek unseren Nachkommen in einem guten Zustand hinterlassen werden. Damit das geschehen kann, muss die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek möglichst bald in der Lage sein, die dafür benötigten Mittel bereitstellen zu können. Das ist eine Aufgabe, die alle Landsleute betrifft. Schließlich geht es um "unser kollektives Gedächtnis".

Die Mitglieder des Vorstands und des Beirates der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek erteilen gerne zusätzliche Auskünfte, privat oder unter der Anschrift: Schloss Horneck, 74831 Gundelsheim, Telefon: (0 62 69) 4 21 50, Fax: (0 62 69) 42 10 10, E-Mail: info@siebenbuergen-institut.de, Kontonummer 211029013, Bankleitzahl 384 621 35, VB Oberberg.

Hatto Scheiner

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 8 vom 15. Mai 2006, Seite 9)

Schlagwörter: Verbandspolitik, Siebenbürgische Bibliothek, Gundelsheim

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