24. November 2022

Verein der Siebenbürger Sachsen in Kärnten feierte sein 70-jähriges Bestehen

Am 1. Oktober trafen sich die SiebenbürgerInnen aus ganz Österreich in Klagenfurt. Im gediegenen Haus des Rumänischen Honorarkonsulates durften wir das schöne Jubiläum feiern. Der Verband der deutschsprachigen Altösterreicher in Kärnten und der VLÖ unterstützten finanziell das Fest.
Am Vormittag fand noch die Sitzung des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen statt und wir erfuhren vom Leben in den einzelnen Landesverbänden im verflossenen Jahr. Bundesobmann Kons. Manfred Schuller berichtete über Vorhaben in den nächsten Jahren. Als wir nach der Sitzung in unseren schönen Trachten über den Markt zum Mittagessen gingen, gab es freundliches Zunicken und Interessierte baten um Auskunft.

Nachmittags begann der gut organisierte Festakt zum 70-jährigen Jubiläum. Als Moderator wirkte gekonnt FI. DDr. Alexander Bach, der Gatte der Pfarrerin. Eine einfühlsame und zu Herzen gehende Andacht von Frau Pfarrerin Valerie Bach, unter musikalischer Mitwirkung ihrer in siebenbürgischer Tracht gekleideten Kinder, stimmte uns ein. Die Grußworte der politischen Vertreter, Vizebürgermeister Mag. A. Dolinar, Mag. Udu Puschnik vom Land Kärnten und DI Agripa Popescu in Vertretung des Honorarkonsuls, brachten ihre Wertschätzung und ihren Dank für den sozialen und kulturellen Beitrag der Siebenbürger Sachsen in Kärnten zum Ausdruck. Unser Bundesobmann Kons. Manfred Schuller würdigte die Arbeit des Vereins und besonders auch den wertvollen Einsatz der Obfrau Irmgard Martini und ihres ihr hilfsbereit und treu zur Seite stehenden Ehemannes Helmut. Alle wichtigen Vertreter der Kärntner Landsmannschaften und Kultur waren beim Fest als geschätzte Ehrengäste anwesend. Ein Grußwort des Bischofs Reinhard Guib überbrachte Stefan Bichler aus Hermannstadt. Obfrau Irmgard Martini erzählte danach in bewegten Worten über die 70-jährige Geschichte des Verbandes und über den Zusammenhalt der Landsleute in ihrer neuen Heimat.

Obfrau Irmgard Martini. Foto: Stefan Bichler ...
Obfrau Irmgard Martini. Foto: Stefan Bichler
Das so lange schon vorgebetete „big is beautiful!“, also „groß ist schön, groß garantiert den Erfolg!“, stimmt für die Siebenbürger Sachsen in Kärnten ganz und gar nicht. Ihre Geschichte will und kann uns ermutigen, wenn unsere Vereine kleiner werden, denn über sieben Jahrzehnte wurde hier erfolgreich siebenbürgische Gemeinschaft gepflegt, Geselligkeit gelebt und nachbarschaftliche Hilfe umgesetzt. In der großen Zerstreuung trafen sich die aus vielen siebenbürgischen Orten stammenden Landsleute, suchten Gemeinschaft und Halt in den Notzeiten und gründeten den Verein. Sieben Jahrzehnte führten zur Verankerung in der kleinen Evangelischen Kirche Kärntens, die uns in unserer volkskirchlichen Tradition und dem genossenschaftlichen Kirchenverständnis akzeptierte und diese als Bereicherung annahm.

Der Festvortrag von Bundesehrenobmann Pfarrer Volker Petri: „Kärntner in Siebenbürgen und Siebenbürger Sachsen in Kärnten“ blickte zurück auf die wechselvolle und schicksalsschwere Geschichte. Unter Kaiser Karl VI. 1734-36 wurden 180 evangelische Männer aus Kärnten wie Verbrecher behandelt, von ihren Familien getrennt zu Zwangsarbeiten verurteilt und danach nach Siebenbürgen überführt. Diese Transmigration schlug fehl und kostete viele dieser Männer ihr Leben.

Unter Kaiserin Maria Theresia 1752-58 folgten weitere Verschleppungen von KärntnerInnen. In 17 Transporten wurden 851 Personen nach Siebenbürgen geführt. Einige, etwa ein Drittel, landeten in Großpold bei ihren Landsleuten aus Oberösterreich und fanden dort neue Heimat. Ihre Namen zeugten bis 1990, ihrer Auswanderung nach Deutschland, von ihrem Transmigrantenlos aus Kärnten. Die Bereitschaft dieser Evangelischen, für ihren Glauben alles zu geben, Heimat, Wohlstand und zum Teil auch die eigenen Kinder, die oft als Unmündige zurückgelassen werden mussten, beeindruckte damals und auch heute noch. Als 1990 nach der Revolution gegen Ceaușescu viele der österreichisch-stämmigen Landlernachkommen nach Österreich kommen wollten, verwehrte ihnen leider die Bundesregierung die Heimkehr in die Urheimat ihrer Ahnen!

Die Siebenbürger kamen während und nach dem furchtbaren Zweiten Weltkrieg nach Kärnten. Da ihnen durch die neue rumänische Regierung nach dem Krieg alle Rechte entzogen und das Eigentum konfisziert wurde, blieben sie in Kärnten. Der „Eiserne Vorhang“ fiel und trennte sie von ihrer Heimat. So mussten sie in Kärnten eine neue Bleibe suchen. Die jungen Siebenbürger heirateten Kärntnerinnen, die Interesse an ihrer Geschichte und ihrem Brauchtum hatten und sich auch im Verein für die Gemeinschaft stark machten und machen. Nach dem Leben in den damaligen Flüchtlingslagern suchten sie früh schon um eine neue Bleibe. Mit ihren Tugenden wurden sie geschätzt und bald schon angenommen. Sie setzten sich von Anfang an beim Wiederaufbau ein und bald schon schätzte man ihre Tugenden wie Fleiß, Verlässlichkeit, Bescheidenheit, Sparsamkeit, aber auch Treue zur eigenen Geschichte und Kultur. Heute sind sie voll integriert und nun schon in zweiter und dritter Generation tragen sie die Fackel weiter. Die Auszeichnung der treuen Mitarbeiterin Helga Zimmer mit der Goldenen Ehrennadel stand exemplarisch für die vielen Helferinnen und Helfer! Ohne solche Menschen gibt es keine Vereine!

Gleichsam als Krönung dieses Festes wurde uns am Ende des Programmes eine Einführung in die Ausstellung „Kirchenburgen Landschaft Siebenbürgen- Ein europäisches Kulturerbe“ von Prof. Ruth Istvan aus Hermannstadt geboten. Die wunderbaren Bilder beeindruckten und es gab wohl niemanden unter uns, den nicht Staunen, Dankbarkeit, aber auch etwas Wehmut über das reiche zurückgelassene Kulturerbe überkommen hätte. Im Anschluss gab es Essen und Getränke für ein gemütliches Zusammensein. Es war Zeit, sich auszutauschen und die Freude der Gastgeber zu teilen.

Volker Petri

Schlagwörter: Österreich, Kärnten, Jubiläum, Martini, Manfred Schuller

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