15. Dezember 2015

Wille zur Armutsbekämpfung fehlt

Bukarest – Der UNO-Sonderberichterstatter für Armutsbekämpfung und Menschenrechte, Philip Alston, teilte nach einem Rumänienbesuch im November seine Schlussfolgerungen für den UNO-Sonderbericht Sommer 2016 mit. Der Schwerpunkt liegt auf der Situation der Roma, Behinderten und Kinder. Der Experte bemängelt den fehlenden politischen Willen zur Armutsbekämpfung.
29 Prozent der Bevölkerung Rumäniens sind akut von Armut betroffen, dreimal so viele wie im EU-Durchschnitt. Wenn ein Land kein Geld in die Armutsbekämpfung investiert, liege dies in der Regel daran, dass dieses Geld nicht vorhanden sei, erklärte der UN-Berichterstatter. Dies sei in Rumänien jedoch nicht der Fall. Mehrere Regierungen in Folge hätten eine Politik gewählt, um den Wohlstand derer zu mehren, denen es bereits gut gehe. Die Tatsache, dass für Armusbekämpfung keine Gelder zugewiesen seien, widerspiegle eine politische Entscheidung. Ähnlich sei die Situation bei der Roma-Problematik: Zwar gebe es eine nationale Strategie, doch keinen erkennbaren Willen zur Umsetzung und keine Gelder. Dabei sei die Lage der Roma in mehreren Aspekten schlechter als die der übrigen Bevölkerung: In 90 Prozent der Haushalte herrsche gravierender Mangelzustand – gegenüber 54 Prozent der Nicht-Roma in den benachbarten Siedlungszonen.

Das Steuersystem kritisiert Alston als zu regressiv: Kleine Einkommen würden vergleichsweise sehr hoch besteuert, dann bleibe der Prozentsatz der Abgaben bis zu sehr hohen Einkommen gleich. Es müsse mehr finanziellen Spielraum für soziale Ausgaben geben.

Den Prozess der Deinstitutionalisierung Behinderter und ihre Eingliederung in die Gesellschaft kritisierte er als zu langsam. Im Kinderschutz habe Rumänien außerordentliche Fortschritte gemacht, doch seien immer noch 48,5 Prozent Kinder von Armut oder dem Risiko sozialer Exklusion betroffen, 34,1 Prozent litten an extremen materiellen Mängeln. 42 Prozent behinderter Kinder seien in keiner Schule eingeschrieben. 40 Prozent der in Heimen internierten Kinder seien aus Armutsgründen in staatliche Fürsorge gelangt.

Zur Einhaltung von Menschenrechten gebe es zwar mehrere Institutionen. Der UNO-Sonderbeobachter kritisierte jedoch den Ombudsmann harsch sowie systemische Unzulänglichkeiten, etwa den viel zu komplizierten Beschwerdeweg über polizeilichen Missbrauch. Von den 3000 Beschwerden seien nur 40 vor Gericht gekommen, in nur vier Fällen habe es Verurteilte gegeben.

In der Korruptionsbekämpfung habe Rumänien zwar enorme Fortschritte erzielt, jedoch nur in den großen Fällen. Die verbreitete Kleinkorruption wirke sich auch auf den Zugang zu Sozialleistungen aus. Wenn Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung ergriffen würden, werde nur ein kleiner Teil der Gelder konfisziert. Im Klartext: Selbst wer als korrupt überführt werde, komme auch noch mit dem Geld davon!

NM

Schlagwörter: Rumänien, Armut, UNO

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