23. September 2021

Andreas Hartigs letzter Gottesdienst in Zeiden

Selbst der Bischof der Evangelischen Kirche A.B in Rumänien, Reinhart Guib, ließ es sich, gemeinsam mit seiner Gattin, nicht nehmen, sich persönlich vom Zeidner Pfarrer Andreas Hartig zu verabschieden. Am Spätnachmittag des letzten Augustsonntags nach dem Besuch des traditionellen Bartholomäusfestes in Kronstadt – auf dem Weg Richtung Hermannstadt – schaute das Kirchenoberhaupt in der Stadt unter dem Zeidner Berg vorbei, um Andreas Hartig alles Gute auf seinem Lebensweg und einen guten Start in der neuen Pfarrei in Linz in Oberösterreich zu wünschen.
Bischof Reinhart Guib (links) nahm am ...
Bischof Reinhart Guib (links) nahm am Abschiedsgottesdienst des Zeidner Pfarrers Andreas Hartig teil. Foto: Udo Buhn
Am 29. August hatte Andreas Hartig den letzten großen Auftritt in seiner Kirche in Zeiden. Fast auf den Tag genau vor zwölf Jahren hatte er seine erste Predigt als Pfarrer in Zeiden gehalten. Es waren sicherlich keine einfachen Jahre für den jungen Seelsorger, in denen so viel passierte und in denen er sich zu einem großartigen Pfarrer und Verwalter der Anliegen der evangelischen Kirche von Zeiden entwickelte.

Die Krönung seines Abgangs hätte die Fertigstellung der Renovierungsarbeiten am Turm sein können, was ihm Kurator Peter Foof in seiner Dankes-Abschiedsrede in diesem letzten Gottesdienst so gerne wünschte. Bis zur allerletzten Minute in Zeiden telefonierte der Pfarrer noch mit Baumenschen, versuchte alles abzuklären, damit der Turm wenigstens bis zum Herbst fertig wird – eigentlich sollte er sich im Sommer längst im neuen Gewande präsentieren.

Kurator Foof betonte im sehr gut besuchten Gottesdienst – über 120 Besucher wurden gezählt – die gute Zusammenarbeit des Pfarrers mit dem Presbyterium, die Abstimmung zwischen Gemeindevertretung und Pfarrer hätte tadellos funktioniert. Der Kurator bat den anwesenden Bischofsvikar und Bezirksdechanten Dr. Daniel Zikeli, sich aktiv für eine Nachfolge in Zeiden einzusetzen, um nicht wieder zwei Jahre zu warten – wie es vor Hartigs Amtsantritt der Fall gewesen war.

Daniel Zikeli zeigte in seiner Rede einerseits Verständnis für den Weggang des Pfarrers, andererseits sei er traurig, dass man sich von einem Kollegen verabschiede, der „leidenschaftlich und gewissenhaft“ seinen Dienst ausgeübt habe. Immerhin könne Hartig auf eine „schöne Zeit zurückblicken“. Hartigs Amtskollege von der ungarischen evangelisch-lutherischen Kirche aus dem Nachbarort Krebsbach (Crizbav), Nimrod Bencze, empfand vor allem Dankbarkeit, dass seine Mitglieder Unterschlupf in so einem schönen Gotteshaus gefunden haben, und lobte die sehr herzliche Zusammenarbeit der beiden Geistlichen.

Nun war es an den weltlichen Rednern, Hartig zu würdigen. Als erstes erinnerte Rainer Lehni, Zeidner Nachbarvater und gleichzeitig Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, an die verschiedenen Jobs, die der Pfarrer zu erledigen hatte – natürlich von den seelsorgerlichen bis hin zu ständig zunehmenden Verwaltungs- und organisatorischen Aufgaben. Darüber hinaus war er ein sehr beliebter Religionslehrer, der mit den Jugendlichen gut umgehen konnte. Das galt aber auch für den Traktor, den er souverän einsetzte, um die großen Rasenflächen in seinem Garten, im Friedhof und im Kirchhof zu mähen. Und nicht zu vergessen sei der professionelle Umgang mit dem Klavier und anderen Instrumenten. Musik sei seine Leidenschaft, wie in seiner ganzen Familie. Zudem lobte Rainer Lehni die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit zwischen dem Pfarrer und der Zeidner Nachbarschaft in Deutschland.

Dem konnte Reinhold Mieskes als Vorsitzender der Stiftung Zeiden nur beipflichten. In seiner kurzen Dankesrede verwies er auf fruchtbare Projekte, die die Stiftung tatkräftig unterstützte, unter anderem Archivierungsarbeiten oder ganz aktuell die Renovierung der Gästezimmer im Pfarrhof. Als Letzter im Bunde der Zeidner Nachbarschaft lieferte Altnachbarvater Udo Buhn noch etwas Statistik nach, zum Beispiel, dass Andreas Hartig der 37. evangelische Pfarrer in Zeiden sei, der 48. insgesamt, seit Pfarrer aufgezeichnet wurden, dass er mit seinen zwölf Dienstjahren schon zu denen gehört, die es etwas länger in Zeiden aushielten, und dass er in die Geschichte der Zeidner Kirche als der Pfarrer eingehen werde, der das größte Renovierungsprojekt zu stemmen hatte, auch wenn er die Fertigstellung nicht vor Ort erleben konnte.

Auch die Stadtverwaltung verabschiedete sich offiziell vom Pfarrer. In seiner Grußbotschaft sicherte der stellvertretende Bürgermeister Gheorghe Rișcău der evangelischen Kirche die volle Unterstützung der Stadt zu. Es sei auch im Interesse und der Wunsch der Stadtverwaltung, dass das aktuelle EU-Projekt erfolgreich zu Ende geführt werde. Die Stadt Zeiden werde die Arbeiten an Turm und Kirche jährlich mit rund 10.000 Euro unterstützen.

Bereits seit 1990 unterstützt der Rumänien-Ausschuss des Kirchenkreises Oberes Haveland die Zeidner evangelische Kirche, wie die ehemalige Vorsitzende dieses Ausschusses, Gabriele Lehmann, in ihrer Rede betonte. In all diesen Jahren habe man viel bewegt, „wir waren immer gerne hier“, es seien richtige Freundschaften entstanden, man habe bei all den manchmal besonderen Herausforderungen „viele positive Eindrücke“ mitgenommen. Was sie nicht erwähnte, was aber für die Kirche umso wichtiger war, war auch die regelmäßige finanzielle Unterstützung. Aktuell steuerten die ostdeutschen Kirchenleute 20000 Euro zur Renovierung bei, und davor die gleiche Summe, um die Heizung in der deutschen Grundschule in der Marktgasse zu erneuern.

Schließlich sagte die langjährige Leiterin der Zeidner Tanzgruppe, Christine Vlădărean, dass die dem Pfarrer sehr gerne einen Abschiedstanz mit ihrer Gruppe gewidmet hätte, und versicherte, dass man ihm den ersten öffentlichen Auftritt nach der coronabedingten Pause widmen werde.

Pfarrer Andreas Hartig versprach, auf jeden Fall wiederzukommen, um die renovierte Kirche und den Turm fertiggestellt zu sehen. Er bedankte sich für zwölf Jahre fruchtbarer Arbeit „mit allen Höhen und Tiefen“ und erinnerte daran, dass er als junger Pfarrer ins kalte Wasser geworfen wurde und „das Schwimmen in Zeiden gelernt“ habe. Sein großer Dank galt auch seinen Mitarbeitern, auf die er sich all die Jahre verlassen konnte und die ihn tatkräftig unterstützten.

Bleibt nur noch die große bange Frage im Raum, die alle Mitarbeiter und natürlich die Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde bewegt: Wann ein Nachfolger beziehungsweise eine Nachfolgerin ihren Dienst antreten wird. Die Stelle ist ausgeschrieben – und mehr ist im Moment nicht zu sagen.

Nach dem Gottesdienst fand auf dem Kirchhof bei schönstem Sonnenschein, Baumstriezel und sonstigen Leckereien ein versöhnlicher Ausklang mit vielen Umarmungen und kräftigem Abschiedshändedrücken statt.

Hans Königes

Schlagwörter: Zeiden, Pfarrer, Kirche, Bischof, Gottesdienst, Abschied

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