15. Dezember 2023
Ein kunsthistorisches Kleinod: Sommerschule in Schmiegen für Konservierung-Restaurierung von Wandmalereien
Noch bevor man durch das kleine gotische Seitenportal in den Kirchensaal hineintritt, hört man leises Kratzen und Schaben, dann sachtes Hämmern und fast schon verhaltene Stimmen. Umso mehr erstaunt das viergeschossige Baugerüst, das sich fast über die gesamte Nordwand erstreckt. Auf dem Gerüst herrscht emsiges Treiben, ungefähr 30 Personen arbeiten tüchtig an einer kleinen Parzelle der Wand, die ihnen zugeteilt wurde. Wir befinden uns in der evangelischen Kirche von Schmiegen bei Mediasch. Eine turmlose gotische Saalkirche von eher bescheidener Dimension.
25 Studentinnen und Studenten nahmen dieses Jahr vom 30. Juli bis 7. August an dem Workshop in Schmiegen teil, sie kamen aus Rumänien, Deutschland, Ungarn und sogar aus der Republik Moldau. Der Kurs wendete sich in erster Linie an Interessierte der Fachrichtung Restaurierung von Architekturoberflächen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, durch Bestandsaufnahme die wesentlichen Schadensbilder an Wandoberflächen und Malereien zu identifizieren sowie geeignete Konservierungsmaßnahmen durchzuführen. Viele waren dabei erstmals in Siebenbürgen oder in einer mittelalterlichen sächsischen Kirche. Fachlich geleitet und koordiniert wurde der Lehrgang von Restaurator Lóránd Kiss und seinen qualifizierten Mitarbeitern von IMAGO Picta. Der Verein Kulturerbe Kirchenburgen übernahm die Organisation und Infrastruktur, um den Workshop in die Wege zu leiten und durchzuführen.
Geboren wurde der Workshop aus dem Gedanken heraus, etwas für den Erhalt der Fresken zu unternehmen, die sich so zahlreich in unseren mittelalterlichen Kirchen erhalten haben. Eben aus dieser Idee heraus taten sich die beiden Vereine Arcus und Kulturerbe Kirchenburgen e.V. zusammen und beschlossen 2020 in Bonnesdorf einen ersten Workshop für Konservierung-Restaurierung von Wandmalereien zu organisieren. Da dieser erste Workshop erfolgreich war, entschlossen wir uns, als nächsten Schritt den Workshop auf eine umfangreichere, größere Plattform zu stellen und in Schmiegen durchzuführen. Da es uns wichtig ist, die Kurse interdisziplinär zu gestalten, wurde gleich eine weitere Fachrichtung hinzugezogen. In Zusammenarbeit mit Prof. Univ. Dr. Marian Ţiplic, von der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt wurde auch eine Praktika-Reihe für Archäologie ins Leben gerufen. So wurde im September 2021 ein erster Workshop für Archäologie und im August 2022 der erste Workshop für Restaurierung durchgeführt. Des Weiteren wurden Partnerschaftsverträge mit den Universitäten UNArte Bukarest (vertreten durch Conf. univ. Dr. Maria Dumbrăviceanu), UAD Klausenburg (vertreten durch Assoc. prof. Adrian Rauca) und FAUT Temeswar (vertreten durch Arch. Daniel Tellman) geschlossen, die eine engere Zusammenarbeit zwischen den Organisatoren und den Fachrichtungen für Konservierung-Restaurierung bzw. Architektur hinsichtlich der Kursgestaltung regeln. Ziel ist es, eine jährliche interdisziplinäre Sommerschule mit festen und wechselnden Bildungsträgern verschiedener Spezialisierungen zu etablieren. Dies kann auf lange Sicht dazu führen, neue, kompetente Partner für den Erhalt der Kirchen und Kirchenburgen zu gewinnen.
Warum Schmiegen? Schmiegen stellt in Südsiebenbürgen ein kunsthistorisches Kleinod dar, nicht nur handelt es sich um eine einigermaßen gut erhaltene, kleine gotische Saalkirche, sie beherbergt unter anderem eine der größten zusammenhängenden, intakten Oberflächen an Fresken in Südsiebenbürgen. Zu einem kleinen Teil waren sie bereits bekannt und durch weitere Sondagen und Freilegungen durch IMAGO Picta und nicht zuletzt durch die mittlerweile 2. Workshopreihe konnte in den letzten Jahren ein Großteil der Wandmalereien an der Nordwand freigelegt werden. Diese brachten mit mehr als 150 qm nicht nur eine der großflächigsten, sondern auch der am besten erhaltenen Wandmalereien des Zwischenkokelgebiets ans Tageslicht. Insgesamt in vier Registern befinden sich u.a. Szenen aus der Legende des Hl. Ladislaus und darunter das Martyrium der Heiligen Katharina.
Warum Fresken? Müsste man nicht dringender etwas zum Erhalt der Bausubstanz unternehmen? Die Erhaltung von Fresken, insbesondere in historischen Gebäuden wie Kirchen als kulturell bedeutsame Stätten, ist aus verschiedenen Gründen wichtig: Fresken spiegeln nicht nur das handwerkliche Verständnis, die künstlerischen Stile ihrer Zeit wider, ihre Erhaltung trägt zudem dazu bei, den religiösen Kontext und die spirituelle Atmosphäre dieser Orte zu bewahren. Historische Fresken machen Orte für Touristen attraktiv. Der Erhalt dieser Kunstwerke fördert den Tourismus, was wiederum dem Bauwerkserhalt zugutekommt. Die Steigerung der touristischen Attraktivität wird von Förderern stets positiv bewertet.
Wie geht es weiter? Das Kind hat einen Namen: The Conservation SUMMER SCHOOL stellt einen weiteren Schritt zur Bildung eines jährlichen Sommerlagers für Konservierung und Restaurierung, Architektur und traditionelles Handwerk in Schmiegen dar. Im Sommer 2024 soll für zwei Wochen die Sommerschule für Konservierung und Restaurierung stattfinden. Bei Interesse an dem Thema können Sie gerne an info [ät] kulturerbe-kirchenburgen schreiben.
Alexander Kloos, Vorsitzender Kulturerbe Kirchenburgen e.V.
Schlagwörter: Verein, Kulturerbe, Kirchenburgen, Schmiegen, Restaurierung
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